Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
streich die Wand nicht wieder weiß“, sagen, schon zieht er den Schwanz ein (endlich!!) und lässt mir noch ein paar Tage Ruhe in der Wohnstube . Er ist auf einmal so zahm!
Aber das ist noch gar nichts gegen den noch größeren Wendepunkt in meinem Leben! Stell dir vor, ich geh am Samstag auf das Depeche Mode-Konzert. Und weißt du, mit wem? Mit Miguel!!!
Dein girlinterruptet
Betreff: Wahnsinn!
Hallo, endlich vom Wahnsinn befreite Wahnsinnige, also, das erste kann ich dir ganz leicht erklären. Das ist ein ewig gültiges Prinzip. Wenn du jemandem was wegnimmst, versucht er es auf drei Arten wiederzukriegen: Erstens mit Gewalt und Aggressivität, zweitens mit Betteln und wenn beides nichts fruchtet, dann wird verhandelt. Bernhard bettelt gerade. Du bist also ein Schritt weiter mit ihm. Ich gratuliere.
Und das zweite, das kann ich null erklären. Da bist du am Zug. WAS-IST-LOS? DU gehst auf ein Konzert? Und dann auch noch mit MIGUEL?
Nun tu nicht so geheimnisvoll!! Und geh mal On! Deine Hilda
Emilia ging On und erzählte alles. Hilda schickte fast nur staunende Smileys. Am Schluss schrieb sie:
Ist dir bewusst, dass du mein ganzes Weltbild durcheinander bringst? Auf dir lastet eine große Verantwortung !
Diesmal schickte Emilia einen staunenden Smiley, einen staunenden und einen kichernden.
Endlich war es so weit! Endlich war Samstag. Die Woche war Emilia genau so lang vorgekommen wie ihr gesamtes Leben davor. Wer wartet, dehnt die Zeit, hatte Hilda jedes Mal geantwortet, wenn Emilia mit ihrem Warten auf Samstag-Problem angefangen hatte.Emilia hatte sich den Spruch ausgedruckt und an ihr Bücherregal geheftet, aber es hatte nichts genützt. Ihr Warten auf den großen Tag war so stark, dass sich die Zeit ins Unendliche ausbreitete. Emilia hatte so viel aus dem Fenster gestarrt, dass die Fensterscheibe sich davon hätte auflösen müssen. Sie hatte sich nachts hin und her gewälzt und mindestens dreitausend Situationen erfunden, wie sie Miguel auf dem Konzert begegnen würde. Tagsüber war sie dann müde gewesen und hatte alle restlichen Kräfte zusammen genommen, um normal zu wirken, doch Bernhard hatte gefragt, ob sie Fieber habe. Das war eine gute Idee. Emilia hatte bejaht. Zudem war Fieber schon immer ein Grund gewesen, auf dem Sofa zu schlafen. Bernhard schlief nicht gern neben jemandem, der fieberte. Emilias Umzug in das Wohnzimmer war damit die Schärfe genommen und entspannte die Situation.
Emilia hatte ihr Bild zu Ende gemalt und über das Sofa gehangen. Es war gelungen. Vielleicht sollte sie weitere malen. Sie hatte sogar die Bewerbung für Ikea geschrieben, Passfotos mit geschminkten Augen machen lassen, ordentlich fantasiert, was sie alles konnte und schon gemacht hatte und abgeschickt. Immer, wenn Bernhard nicht da war, hatte sie ihren Kleiderschrank weit aufgerissen und alle möglichen Kombinationen durchprobiert, um herauszufinden, welche sich für ihre Verabredung am Samstag am besten eignen könnte. Jeans war irgendwie zu langweilig, schwarze Stoffhose zu förmlich, Kleid zu schick und Rock zu mädchenhaft? Wäre nicht ein 80er Jahre Look mit Stiefeln am passendsten, aber das ginge nur mit Kleid, oder lieber Turnschuhe, weil man lange damit stehen konnte? Aber dann dachte Miguel vielleicht, sie wäre der sportliche Typ, was sie definitiv nicht war. Gejoggt war sie zum letzten Mal in der Schule. Emilia hatte jeden Tag von Neuem überlegt. Hilda hatte empfohlen, sie solle sich so kleiden, wie sie sich am meisten als Emilia fühlte. Und wenn man sich jeden Tag ein bisschen anders als Emilia fühlte? Leicht gesagt! Und nun war Samstag. Es war soweit. Sie stand vor dem Spiegel und hatte immer noch keinen Schimmer, was sie anziehen sollte…
Es war warm draußen, aber es sollte regnen, vielleicht auch gewittern und sich dann abkühlen. Das war die schlimmste Wetterlage für Frauen, die nicht wussten, was sie zu einer wichtigen Verabredung anziehen sollten. Zum Glück war Bernhard heute nicht da. Das ganze Wochenende nicht, bis Sonntagabend. Wie passend. Manchmal passte alles im Leben so sehr, dass man das Wort Zufall nur noch als Erfindung von Fulltime-Pessimisten abtun konnte. Bernhard war nach Kassel gefahren zu einem Treffen mit seinen Auftraggebern. Emilia hatte ihm trotzdem von dem Konzert erzählt, wenn auch nicht die ganze Wahrheit, sondern dass Hilda zwei Karten geschenkt bekommen hatte und sie mitnehmen wollte. Bernhard hatte nur eine Augenbraue
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