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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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atmete tief durch, blieb ganz ruhig und gelassen: »Wir durchsuchen gerade Wilsons
     Haus, Colonel. Wir werden auch nach Drogen suchen.«
    »Aber das ist nicht alles.«
    Er nahm die kaum verhohlene Ablehnung in der Stimme seines Vorgesetzten wahr. Ungeduld schlich sich in seine Stimme. »Colonel,
     ich weiß nicht, wie es bei Scotland Yard aussieht, aber hier am Kap werden Weiße nur selten ermordet. Und in sechs oder sieben
     von zehn dieser Fälle sind männliche Homosexuelle in die Sache verstrickt. Das müssen wir eingehend untersuchen.«
    De Wits Lächeln verbreiterte sich ein wenig. »Ich bin nicht sicher, daß ich Sie richtig verstehe. Wallace, sagten Sie mir
     kürzlich, hatte Affären mit Frauen, und jetzt erzählen Sie mir, bei Wilson wäre es mit Männern so gewesen. Wollen Sie mir
     sagen, daß es zwei unterschiedliche Mörder sind?«
    Joubert suchte im Geiste nach Verbindungspunkten. De Wits Lächeln war anders als alles, was er bisher gesehen hatte. So ging
     der Mann mit Konflikten um, so zeigte er seine Anspannung. Aber das verwirrte sein Gegenüber. Vielleicht sollte es genau das
     tun.
    »Nein, Colonel, ich weiß es nicht. Es könnte ein Nachahmer sein. Weil ein Mord viel Aufmerksamkeit bekommt …«
    »Ich bin mir dieses Phänomens bewußt, Captain.« Wieder das Lächeln.
    »Doch ich glaube, dafür ist es zu früh.«
    |137| »Kannten sich die Opfer?«
    »Das werde ich überprüfen.«
    »Sehr gut, Captain.«
    Joubert erhob sich halbwegs aus seinem Stuhl. »Colonel …«
    De Wit wartete.
    »Noch etwas. Der Artikel im
Argus
über den Bankräuber …«
    »Ich sehe, daß Ihre Freunde in der Presseabteilung viel von Ihnen halten, Captain.« De Wit beugte sich vor und setzte leise
     hinzu: »Sorgen Sie dafür, daß es so bleibt.«

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    |138| 14
    Es war das erste Mal, daß Detective Gerrit Snyman ein Haus durchsuchen mußte, ohne daß der Besitzer darüber informiert war.
     Es war ihm unangenehm, und er kam sich wie ein Eindringling vor.
    In Drew Wilsons Schlafzimmer, auf dem Fußboden eines Einbauschrankes, fand er neben einer Reihe sorgfältig ausgerichteter
     Schuhe ein Fotoalbum mit einem braunen Einband. Er kniete sich vor den Schrank und schlug es auf. Die Fotos waren in ordentlichen
     Reihen eingeklebt, jedes mit einer Bildunterschrift – manche lustig, manche nostalgisch. Das unangenehme Gefühl wuchs, denn
     hier war Drew Wilson in zeitlosen Augenblicken des Glücks noch am Leben, bei Geburtstagen und Preisverleihungen, mit seinen
     Eltern und Freunden. Gerrit Snyman dachte für keine Sekunde an den Symbolcharakter eines Fotoalbums, auch kam ihm nicht der
     Gedanke, daß eigentlich jeder nur die glücklichen Augenblicke für zukünftige Generationen hinterließ und die Mühe und den
     Schmerz, die Niederlagen und Enttäuschungen mit ins Grab nahm.
    Dies waren nicht seine Gedanken, denn das Leben Drew Wilsons, so wie die Bilder es widerspiegelten, veränderte sich auf eine
     Weise, die dem jungen Polizisten unangenehm war. Dann aber erkannte er jemand auf einem Foto und pfiff unwillkürlich. Er erhob
     sich und eilte zu Captain Mat Joubert, der in einem anderen Zimmer eine Kommode durchsuchte.
    |139| »Captain, ich glaube, ich habe da etwas«, sagte Snyman bescheiden, während sein Gesicht das Erstaunen und die Aufregung verriet.
    Joubert betrachtete die Fotos. »Ist das nicht …« Er tippte mit dem Finger auf ein Foto.
    »Genau, Captain, ist es«, sagte Snyman begeistert.
    »Scheiße«, sagte Joubert. Snyman nickte, als wollte er ihm zustimmen.
    »Gut gemacht«, sagte Joubert. Er stieß Snyman leicht mit der Faust gegen die Schulter.
    Snyman sah das Glitzern in Jouberts Augen und lächelte.
    »Wir müssen vorsichtig vorgehen«, sagte Joubert nachdenklich. »Aber vor allem müssen Sie ihn festnehmen.«
     
    Mat Joubert wußte, daß es unmöglich war, von Anfang an zu wissen, ob ein Verdächtiger log. Manchen konnte man die Anzeichen
     der Schuld wie ein Leuchtfeuer ansehen, andere konnten sie vollkommen mühelos verbergen.
    Er betrachtete den Mann vor sich, der einen bunten Trainingsanzug mit V-Ausschnitt und teure Laufschuhe trug. Der Mann war
     groß und hatte breite Schultern. Er war attraktiv, mit einem kräftigen Kiefer und schwarzem Haar, das sich in seinem Nacken
     kräuselte. Am Ausschnitt seines Trainingsanzugs waren ein paar Haarlocken zu sehen. Ein goldenes Kreuz an einer dünnen Kette
     ruhte in diesem Haar. Sein Gesichtsausdruck war ernst, die Stirn ein wenig gerunzelt, er

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