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Der Traurige Polizist

Titel: Der Traurige Polizist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ein Aal.«
    Joubert schaute auf die Uhr. Es war halb elf. Die Krankenschwester hatte ihm nur fünfzehn Minuten gegeben.
    »Ich will hier raus und helfen, Captain.«
    »Wenn die Zeit gekommen ist.« Er stand auf. »Gute Nacht, Benny.«
    Joubert entfernte sich durch den Flur. Seine Schritte hallten von den Wänden wider. Er hatte schon beinahe die Doppeltüren
     erreicht, als er Griessel nach ihm rufen hörte.
    |287| »Mat.«
    Joubert blieb stehen, er sah sich um.
    »Warum fragst du nicht, ob sie mit dir ausgeht? Die Doktorin.«
    Er stand im Halbdunkel und betrachtete den Mann auf dem Bett.
    »Vielleicht, Benny. Schlaf gut.«
     
    Ein paar Straßen bevor er zu Hause war, hielt er an einem Stoppschild, er hatte das Fenster heruntergekurbelt, so daß der
     Rauch seiner Special Mild nach draußen ziehen konnte. Er hörte das große Motorrad, bevor es neben ihm hielt. Der Fahrer, mit
     seinem schwarzen Motorradhelm, schaute geradeaus, eine Beifahrerin klammerte sich an ihn.
    Joubert schaute auf, erstaunt, instinktiv, und er sah Yvonne Stoffbergs Augen durch den schmalen Schlitz des Helms.
    Dann jaulte das Motorrad auf und sauste davon. Joubert zählte zwei und zwei zusammen. Ginger Pretorius’ Kawasaki, kurz vor
     Mitternacht am Montagabend. Yvonne Stoffbergs Blick.
    Es lag etwas darin, wie sie ihn angesehen hatte, etwas in ihren Augen, wie sie plötzlich weggeschaut hatte. Vielleicht bildete
     er es sich nur ein, sagte er sich, als er weiter fuhr, aber es schien ihm, als wäre sie ein wenig unsicher. »Ich kann etwas
     Besseres haben als Ginger Pretorius«, hatte sie ihm, glaubte er, sagen wollen.
    Dann wurde ihm klar, daß er Griessels Rat nicht folgen würde. Er würde Anne Boshoff nicht fragen, ob sie mit ihm ausginge.
    Denn er wollte Dr. Hanna Nortier.

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    |288| 30
    Margaret Wallace erwachte kurz nach drei Uhr morgens mit dem Gedanken, daß Dienstag der Müll abgeholt wurde – und daß sie
     die Müllsäcke allein von der Küchentür zum Gartentor schleppen mußte. Und zwar rechtzeitig. Normalerweise kamen sie vor sechs.
     Letzte Woche war ihr Schwager noch dagewesen, um sich darum zu kümmern, aber jetzt war sie allein. Ohne Jimmy. Morgen wären
     es zwei Wochen. Und es gab so viel zu tun. Tausend Sachen. Viel zu viele.
    Sie stand auf, zog sich ihren Bademantel an und ging in die Küche, denn sie wußte, daß sie ohnehin nicht mehr würde schlafen
     können. Sie schaltete den Wasserkocher ein, öffnete die Küchentür, nahm den Mülleimer am Griff und zerrte ihn zum Tor, es
     war ein langer Weg, eine ermüdende Arbeit, zumal im gedämpften Licht der Gartenlampen und Straßenlaternen. Aber sie war zufrieden
     mit sich. In Zukunft mußte sie für sich selbst sorgen. Das hätte Jimmy von ihr erwartet. Und sie schuldete es den Kindern.
    Am Gartentor nahm sie die Mülltüten aus dem Eimer, stellte sie auf den Bürgersteig, klopfte sich die Hände ab und drehte sich
     um zur Küche, sie zog den leeren Mülleimer hinter sich her.
    Und da erinnerte sie sich an Ferdy Ferreira.
    Ohne Vorwarnung, ohne nachzudenken, gab ihr Gedächtnis plötzlich die Informationen frei, einfach so, mitten zwischen Gartentor
     und Küche.
    |289| Der Mann im Fernsehen. Das dritte Opfer. Ferdy Ferreira. Sie erinnerte sich, wo sie sein Gesicht schon einmal gesehen hatte.
     Er war hier gewesen, abends, bei ihnen zu Hause. Sie hatte in der Küche zu tun gehabt, als es klingelte. Jimmy war gegangen.
     Sie waren im Arbeitszimmer verschwunden, ohne daß sie den Besucher zu Gesicht bekommen hatte. Aber als er ging, erinnerte
     sie sich, sah sie ihn durchs Wohnzimmer humpeln. Er hatte aufgeschaut und ihr in die Augen gesehen, ein Mann mit einem traurigen
     Gesicht, wie ein großer, treuer Hund. Er hatte sie nicht begrüßt, er war einfach weiter zur Tür gegangen.
    Das war lange her. Vier Jahre? Fünf?
    Sie hatte Jimmy gefragt, wer der Mann gewesen war. »Bloß ein Geschäftsfreund, meine Liebe.« Irgendeine Erklärung, unscharf,
     vermischt mit dem Nebel so vieler Menschen, die gekommen und gegangen waren, die durch ihr Haus spazierten, Jimmys Geschäftspartner,
     Spontanfreunde, Cricket-Spieler …
    Aber Ferdy Ferreira war hier gewesen. Noch heute würde sie den Polizisten mit dem traurigen Blick anrufen und es ihm sagen.
    Vielleicht half es.
     
    Kurz nach sechs schwamm er bereits, denn er wußte, daß es ein langer Tag werden würde. Also hatte er sich entschlossen, früh
     anzufangen. Die ersten beiden Bahnen zählte er noch, dann begann er

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