Der Tribun
kleinen Bucht warteten, die versunkenen Kleider, den Schemen eines gemeuchelten Decurios und den Wurfspieß, der unter dem Kettenhemd aufragte, und an Liubas Fausthieb. Den Fluch, den Hraban ausstieß, hörte er noch, als der Bursche den erschlafften Körper auf seine Arme nahm, um ihn zum väterlichen Anwesen hinaufzutragen.
Sie erreichten bei Einbruch der Nacht den Hof, wo die Menschen, alarmiert von Hrabans Ruf, zusammenliefen. Schwach spürte Cinna, wie der Knecht den erschöpften und fluchenden Hraban um die Hälfte seiner Last erleichterte. Thauris’ knappen Anordnungen folgend, trugen sie ihn ins Haus, wo sie ihn vorsichtig neben den Herd betteten.
Die Herrin untersuchte die Wunden, Saldir brachte Salben und Verbandszeug und kauerte sich an die Seite des Verletzten, streichelte ihm liebevoll das Gesicht, was ein Lächeln auf Thauris’ Antlitz zauberte.
Ein würziger Duft stieg von dem Tiegel auf, mit dessen Inhalt die Herrin die Verletzungen versorgte, nachdem sie die Platzwunde gereinigt hatte. Ihre von Salbe geschmeidigen Hände nahmen dem Schmerz die Schärfe, ihr Atem, sanft über die Verletzung geblasen, spendete frische Kraft, und der leise gemurmelte Wundsegen verbannte das Übel. Schließlich war er in der Lage, sich aufzusetzen, und Swintha versorgte ihn mit frischer Kleidung.
»Bring ihn zu seinem Lager«, wies Thauris ihren Sohn an.
»Wozu soll das gut sein, Mutter? Du siehst doch, dass er sich kaum auf den Beinen halten kann.«
Sie blickte ihn eindringlich an. »Und was wird geschehen, wenn Liuba heimkommt? Willst du dich dann ein weiteres Mal mit ihm schlagen?«
Hraban richtete sich auf, doch sie legte beschwichtigend ihre Hand auf seine Brust. »Es ist manchmal klüger, einen Schritt zurückzuweichen.«
VI
Nebelschwaden lagen über dem Hof, und im ersten Frühlicht schienen die Häuser darin zu schwimmen, als Cinna den Weg zum Haus des Fischers einschlug. Er fröstelte, die zerschlagenen Glieder peinigten ihn, und noch immer fühlte er sich benommen, doch als die Hüterin des Feuers, Swintha, ihn vor Tagesanbruch leise, aber drängend geweckt hatte, war ihm sofort klar gewesen, dass er den Weckruf nicht straflos überhören würde. Solange Inguiotar auf Reisen war, herrschte sein Ältester über dieses Dorf.
Hinter ihm ertönte ein zischender Laut, der wohl ein Pfiff sein sollte. Cinna blieb mit hängenden Schultern stehen, ohne sich umzudrehen, und schloss die Augen. Die Schritte, die sich ihm näherten, waren jedoch leichtfüßiger als Liubas schwerer Gang, den er befürchtet hatte. Langsam wandte er den Kopf und bemerkte Hraban aus dem Augenwinkel.
»Komm zurück!«, stieß dieser halblaut hervor. »Ich habe Margio schon hinuntergeschickt!«
Bis Hraban ihn erreichte, rührte Cinna sich nicht von der Stelle.
»Wir sollten uns heute beide von meinem Bruder fern halten. Er ist ein schlechter Verlierer – und gestern Abend hat er auf der ganzen Linie verloren.« Hraban blickte dem Gefangenen prüfend ins Gesicht; als er mit der Hand nach Cinnas geschwollener Lippe tastete, schob dieser ihn weg.
»Schon gut. Ich wollte nur sehen, wie es dir geht.« Beschwichtigend hob Hraban die Arme. »Ich denke, ich sollte dafür sorgen, dass wir genug Feuerholz haben. Und es wäre klug, wenn du mich begleitest.«
Es klang wie eine Frage, und Cinna wusste das Angebot sofort zu nutzen, weil es ihn von Liubas Gegenwart befreien würde. Er nickte.
»Es ist ein Wunder, dass er dir nichts gebrochen hat«, murmelte Hraban. »Hol den Karren!«
Auf den Höhen war der Wald lichter, das Unterholz weniger struppig, und der Boden erwiderte nicht jeden Schritt mit einem satten Schmatzen. Mit durchnässten Stiefeln streiften Hraban und Cinna zwischen den Bäumen umher, sammelten dürres Holz und Äste und schichteten alles auf den Karren, während die Zugpferde sich am letzten saftigen Gras gütlich taten. Bis zum Mittag war der Wagen zur Hälfte beladen, als sich die matte Sonne verhüllte und kalte Tropfen herabfielen, vor denen die entlaubten Kronen sie nicht schützen konnten. Bald waren Mäntel und Hemden getränkt und hingen schwer von ihren Schultern. Hraban warf unwillige Blicke gen Himmel und blieb schließlich beim Wagen stehen, wo er auf seinen Gehilfen wartete.
»Ich werde nachsehen, ob der Weg noch befahrbar ist. Und du rührst dich nicht von der Stelle.« Er stieß Cinna spaßhaft mit dem Zeigefinger. »Du würdest ohnehin nicht weit kommen – das weißt du ja inzwischen.«
Dann
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