Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Tristan-Betrug

Titel: Der Tristan-Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
trugen und sich Notizen auf Schreibblöcken machten, während ihre Gesichter im unheimlichen grünen Widerschein runder Kathodenstrahlröhren leuchteten. Sie trugen Baumwollhandschuhe, mit denen sie Einstellknöpfe drehten, um Frequenzen zu kalibrieren. Die von atmosphärischen Störungen überlagerten Morsezeichen des Funkverkehrs, den sie überwachten, wurden von Antennen empfangen, die das Gebäude - das einem französischen Sympathisanten gehörte -vom Keller bis zum Dach durchzogen.
    Bei jedem Besuch in der »Höhle«, wie diese geheime Funkzentrale genannt wurde - niemand wusste, ob sie ihren Spitznamen der Bar Le Caveau über ihr oder der Tatsache verdankte, dass sie einer elektronischen Schatzhöhle glich -, war Metcalfe wieder von der Vielzahl der hier stehenden Geräte beeindruckt. Sie alle waren in Teilen über französische Häfen eingeschmuggelt oder mit Fallschirmen abgeworfen worden und standen selbstverständlich auf der Verbotsliste der deutschen Militärbehörden. Schon der Besitz eines einfachen Kurzwellenempfängers konnte einen vor ein Erschießungskommando bringen.
    Stephen Metcalfe gehörte zu der Hand voll Agenten, die in Paris für ein angloamerikanisches Spionagenetzwerk arbeiteten, von dessen Existenz nur einige mächtige Männer in Washington und London wussten. Metcalfe kannte nur wenige der anderen Agenten. So funktionierte das Netzwerk: Jeder Teil war von den anderen abgeschottet; alles war in Zellen unterteilt. Keine Zelle wusste, was die übrigen Zellen zu irgendeinem Zeitpunkt taten. Sicherheitserwägungen diktierten dieses Verfahren.
    Hier in der Höhle überwachten und betrieben drei junge Funker und Kryptografen geheime Funkverbindungen mit London, mit Washington und mit einem weit verzweigten Netz aus Geheimagenten in Paris und weiteren Großstädten im besetzten Frankreich und in ganz Europa. Die Männer - zwei Engländer und ein Amerikaner - gehörten zu den Besten; sie waren vom Royal Corps of Signals in Thames Park bei Oxford und danach in der Special Training School 52 ausgebildet worden. Qualifizierte Funker waren heutzutage Mangelware, und die Briten waren den Amerikanern auf dem Ausbildungssektor weit voraus.
    Ein auf die BBC eingestelltes Radio lief leise: Auch der Rundfunk wurde aufmerksam überwacht, weil er vor den Abendnachrichten verschlüsselte Meldungen in Form eigenartiger »persönlicher Mitteilungen« brachte. Auf dem kleinen Klapptisch in der Mitte des Raums wartete eine nicht zu Ende gespielte Partie Schach. Abends herrschte immer Hochbetrieb, weil die Frequenzen dann am wenigsten überlastet waren, sodass Funksprüche am leichtesten gesendet und empfangen werden konnten.
    An den Wänden hingen Europakarten, genaue Frankreichkarten und ein großer Stadtplan von Paris mit allen Arrondissements. Dazu kamen Seekarten, topografische Karten, Tabellen der Schiffsbewegungen in Marseille und detaillierte Pläne von Marinestützpunkten. Trotzdem gab es selbst in diesem Raum eine persönliche Note: Zwischen den Karten und Plänen hing ein LifeTitelbild mit Rita Hayworth, und ein weiterer Ausschnitt aus einer Illustrierten zeigte Betty Grable im Badeanzug.
    Derek Compton-Jones, der Mann mit dem rosigen Gesicht, der Metcalfe die Tür geöffnet hatte, ergriff seine Hand und schüttelte sie kräftig. »Freut mich, dass du heil und gesund zurückgekommen bist, Kumpel«, sagte er feierlich.
    »Das sagst du jedes Mal«, erwiderte Metcalfe, um ihn aufzuziehen. »Als wärst du enttäuscht.«
    »Verdammt noch mal!«, schnaubte Compton-Jones. Er wirkte verlegen und empört zugleich. »Hast du mitgekriegt, dass wir uns mitten im Krieg befinden?«
    »Im Ernst?«, fragte Metcalfe. »Wenn ich's mir recht überlege, sind dort draußen wirklich auffällig viele Uniformen herumgelaufen.«
    Einer der beiden Männer, die auf der anderen Seite des Raums mit Kopfhörern vor ihren Konsolen saßen, sah sich nach Compton-Jones um und bemerkte müde:
    »Wenn er seinen Willy in der Hose behielte, würde er vielleicht merken, was außerhalb der Schlafzimmer passiert, in denen er sich überwiegend herumtreibt.« Die näselnde Stimme und der britische Upper-Class-Akzent gehörten Cyril Langhorne, einem erstklassigen Kryptografen.
    Sein Kollege Johnny Betts aus Pittsburg, ein ausgezeichneter Funker, schaltete sich ein und sagte knapp: »>Roger    »Ha«, sagte Langhorne. »Für Stephen hier ist alles >Roger<, was einen Rock anhat.«
    Compton-Jones lachte errötend. Metcalfe lachte gutmütig mit,

Weitere Kostenlose Bücher