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Der Triumph der Heilerin.indd

Titel: Der Triumph der Heilerin.indd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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zurückgekehrt war. Der Traum, in dem sie im Schnee liegt und die Wölfin sich in ihrer Schulter verbeißt. Dann ein Schrei, vom Himmel stürzt ein Adler herab und vertreibt die Wölfin mit Schnabel und Klauen. Eingeschüchtert heult die Wölfin auf und flieht. Sie ist blutüberströmt. Federn streichen über Annes Gesicht. Der Adler sitzt neben ihr im Schnee, die ausgebreiteten Schwingen werfen einen Schatten über sie.
    Der Adler und die Wölfin . Warum?
    »Wölfin? Ach, mein Schatz, wach doch auf. Komm zurück!« Deborahs Kehle war vor Angst wie zugeschnürt. »In England gibt es keine Wölfe. Sie sind fort. Sie sind alle nach Schottland gezogen. Anne? Anne!«
    Anne de Bohun schlug die Augen auf und sah die glitzernden Spuren auf dem furchigen Gesicht. Sanft wischte sie die Tränen vom Antlitz ihrer Mutter. »Ja, du hast recht. Es gibt keine Wölfe. Adler herrschen über uns.«
    Anne ritt nach Wincanton the Less. Sie wollte mit Long Will und Meggan über den geplanten Ausbau der Hütten im Dorf sprechen. Deren baufälligen Zustand zu verbessern war ihr ein persönliches Anliegen.
    Schuldgefühle sind etwas sehr Mächtiges. Sollte sie bleiben oder nach London gehen? Diese Frage plagte sie Stunde um Stunde, Tag um Tag. Anne schüttelte den Kopf, als wollte sie eine lästige Fliege verscheuchen. Schritt für Schritt, Schritt für Schritt. Etwas anderes blieb ihr nicht übrig.
    »Das Bauholz könnt ihr aus dem Wäldchen bei der Mühle holen«, sagte sie zu den beiden Dörflern. »Die Arbeit muss vor dem Herbst fertig sein, wenn ihr im nächsten Winter besser wohnen wollt.«
    Meggan lächelte die Herrin an. Zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren bestand für die Frauen im Dorf die Aussicht, den Winter mit ein wenig Fett auf den Rippen zu überstehen. Und das hatten sie allein Anne de Bohun zu verdanken. »Lady, die Arbeit ist nicht so sehr das Problem - alle werden mit anpacken -, aber da so viele Männer aus dem Dorf zum Krieg eingezogen worden sind, fehlt uns ein geschickter Zimmermann, der uns beim Aufstellen und Verzapfen des Fachwerks behilflich sein kann.«
    Anne nickte. »Gut. Wir müssen also einen Zimmermann suchen.« Morganne, Annes Stute, stupste ihre Herrin an. Es machte sie ungeduldig, einfach nur dazustehen und zu warten, wenn Leute sich unterhielten. Anne streckte automatisch ihre Hand aus und streichelte ihre Nüstern. »Nur Geduld. Du hast doch genug zum Frühstück gehabt. Ich muss dir wohl Beine machen, so frech wie du bist.« Ein langer Ritt - dann würde sie vielleicht wieder klar denken können und ein bisschen entscheidungsfreudiger sein.
    »Will, Ihr und Meggan müsst entscheiden, was am dringlichsten ist, und mir dann Nachricht ins Herrenhaus schicken.
    Wat könnte ich für ein paar Tage entbehren. Er kann nach Taunton reiten und alles Nötige besorgen.«
    Anne fasste Morganne fest am Zügel und führte sie zu einer verfallenen Mauer. Sie kletterte auf einen großen Stein und schwang sich von dort aus auf den Pferderücken. Das rechte Knie winkelte sie am Sattelknauf ab, damit ihre Röcke sittsam die Beine bedeckten. Im Herrensitz reiten, das gab es nicht mehr für Anne de Bohun.
    Als Anne mit ihren behandschuhten Händen die Zügel ergriff, unterdrückte sie ein bebendes Seufzen. Auf das brave Pferd zu steigen, den Schweiß des Tiers zu riechen, das brachte ihr den Wahnsinnsritt von s'Gravenhage nach Brügge wieder in Erinnerung. Es war nur ein gutes halbes Jahr her, dass sie hinter Edward Plantagenet kauernd in winterlicher Kälte durch Europa geritten war, dessen Machtgefüge sich damals veränderte. Und nun wollte er, dass sie zu ihm zurückkehrte. Nein, er hatte sie nach London beordert.
    »Mistress?«, unterbrach Meggan ihre Gedanken.
    Wie gut war es, von diesen Menschen gebraucht zu werden, sich nützlich zu fühlen. Sollte, konnte sie wirklich von hier fortgehen?
    »Wir haben davon gehört. Von London.«
    Das Pferd tänzelte einen Augenblick, als Annes plötzlich an den Zügeln zog. Meggan nickte, und obwohl sie lächelte, klang ihren Stimme rau vor Angst. »Die Vorladung des Königs.«
    »Wer hat Euch das erzählt?«
    Meggan sah beschämt zu Boden. Sie zuckte die Achseln. »Was die Leute so reden, Lady.« Dann sah sie zu Anne hoch. »Werdet Ihr lange am Hof weilen?«
    Anne tätschelte die ungeduldige Stute. Ihre Worte genau wählend, sagte sie dann mit klarer, durchdringender Stimme: »Ihr könnt es allen sagen hier in Wincanton the Less. Der König ist ein alter Freund von mir. Ein

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