Der Triumph des 19. Jahrhunderts
verzichten, nach dem er durch die Wüste bis Akaba ziehen wollte, um von hier aus auf nächstem Wege Yambo zu erreichen, von wo aus er sich nach Egypten einzuschiffen gedachte.
»Medina ist nach Aleppo, sagt er, die bestgebaute Stadt, die ich im Morgenlande gesehen habe. Sie besteht durchgängig aus Stein; die Häuser sind meist zwei Stockwerke hoch und mit flachem Dache versehen. Da man sie jedoch nicht weißt und der Stein von Natur von bräunlicher Farbe ist, so erhalten sie ein düsteres Aussehen und sind auch oft sehr schmal, das heißt kaum zwei bis drei Schritte breit. Jetzt bietet Medina einen wahrhaft trostlosen Anblick; man läßt die Häuser einfach verfallen. Ihre Besitzer, welche früher durch den Pilgerstrom eine große Einnahme erzielten, sehen diese vermindert, seitdem die Wahabiter den Besuch des Grabes des Propheten, den sie als gewöhnlichen Sterblichen betrachten, verpönt haben. Der größte Schatz Medinas, der diese Stadt auf gleiche Stufe mit Mekka stellt, ist die große Moschee mit dem Grabe Mohammed’s… Diese erreicht nicht ganz den Umfang der von Mekka, ist aber etwa nach demselben Plane angelegt. Sie bildet einen geräumigen Hof, von allen Seiten mit Gallerien umgeben und mit einem kleinen Einzelgebäude in der Mitte. Nahe der südöstlichen Ecke befindet sich das berühmte Grab… ein grün angestrichenes Eisengitter umgiebt die Stätte. Letzteres ist von schöner, filigranartiger Arbeit und mit kupfernen Inschriften durchflochten. Die Mauer des Ganzen enthält vier Thore, von denen jedoch drei stets geschlossen bleiben. Leute von Stand haben hier unentgeltlichen Zutritt, Andere können sich denselben von den vornehmsten Eunuchen für etwa fünfzig Piaster erkaufen. Im Innern sieht man noch eine Art Vorhang um das eigentliche Grab, der nur wenige Schritte von demselben absteht…«
Nach einem Geschichtsschreiber Medinas verhüllt jener Vorhang ein viereckiges Bauwerk aus schwarzen, von zwei Säulen getragenen Steinen, das im Innern die Grabstätten Mohammed’s und seiner zwei ältesten Schüler, Abu Bekr’s und Omar’s, enthält. Man sagt auch, daß diese Gräber sehr tief seien und daß der Sarg, der Mohammed’s Asche birgt, mit Silber bekleidet sei und eine Marmorplatte trage mit der Inschrift: »Im Namen Gottes, leihe ihm Deine Gnade!«
Die früher in Europa verbreiteten Märchen über das Grab des Propheten, wie z. B. das, wonach dessen Sarg frei in der Luft schweben sollte, sind in Hedjaz selbst unbekannt.
Die Schätze der Moschee sind zum großen Theile von den Wahabitern geraubt worden, doch darf man annehmen, daß ihnen die verschiedenen Wächter des Grabes schon zuvorgekommen sind.
In Burkhardt’s Bericht finden sich noch viele interessante Einzelheiten über Medina, dessen Bewohner und Umgebungen und über die gewöhnlichen Wallfahrtsorte. Wir haben demselben nicht zu viel entlehnt, um dem Leser, der die Sitten und Gebräuche der Araber noch eingehender kennen zu lernen wünscht, nicht die Lust an dem Originalwerke zu verleiden.
Am 25. April schloß sich Burkhardt einer Karawane an, die ihn nach Yambo brachte, in welcher Stadt damals die Pest herrschte. Auch der Reisende erlag bald einem Anfalle der Krankheit. Er wurde dabei so schwach, daß er nicht einmal auf das Land überzusiedeln vermochte. An eine Einschiffung war gar nicht zu denken, denn alle segelbereiten Fahrzeuge lagen voll kranker Soldaten. Er mußte also achtzehn Tage in der ungesunden Stadt aushalten, bevor er auf einem kleinen Schiffe Platz fand, das ihn nach Coffeïr und von da nach Egypten führte. Bei der Rückkehr nach Kairo erfuhr Burkhardt das Ableben seines Vaters. Die Constitution des Reisenden war durch die Krankheit schon tief erschüttert, so daß er im Jahre 1816 nicht einmal im Stande war, den Sina (zu besteigen. Naturhistorische Studien, die Ordnung seiner Reisetagebücher und vielfältiger Briefwechsel beschäftigten ihn bis Ausgang 1817, zu welcher Zeit er sich der Karawane nach Fezzan anschließen wollte. Da ergriff ihn ein hitziges Fieber, dem er in wenig Tagen erlag. Seine letzten Worte waren: »Schreibt meiner Mutter, daß mein letzter Gedanke ihr gehört habe.«
Burkhardt war ein Reisender wie er sein soll. Unterrichtet, genau bis zum Kleinlichen, muthig, ausharrend, von offenem entschlossenen Charakter, hat er wirklich kostbare Arbeiten hinterlassen. Der Bericht über seine Reise in Arabien, dessen Inneres er leider nicht besuchen konnte, ist so vollständig, so verläßlich,
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