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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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vollständige Mangel an solcher, füllen den Tempel mit Leichen an, die man dahin schleppt, um der Gebete des Imam theilhaftig zu werden; oder es lassen sich auch viele Kranke hierher, und wenn ihre letzte Stunde naht, unter die Colonnaden bringen, um durch den Anblick der Kaaba geheilt zu werden, oder doch des Trostes zu genießen, ihr Leben an dem heiligen Orte zu beenden. Da sieht man arme, von Hunger und Krankheiten hart mitgenommene Pilger ihren siechen Leib unter den Colonnaden hinschleppen, und wenn ihnen die Kraft ausgeht, die Hand auszustrecken, um ein Almosen zu erbetteln, stellen sie neben eine Matte, auf der sie liegen, einen Napf, um zu empfangen, was das Mitleid ihnen vielleicht spendet. Fühlen sie ihre letzten Augenblicke herannahen, so bedecken sie sich mit ihren zerfetzten Kleidern, und nicht selten vergeht noch ein ganzer Tag, bevor der Tod sie erlöst.«
    Wir schließen unsere Citate aus Burkhardt’s Arbeit mit dem Urtheile, das er über die Bewohner Mekkas fällt.
    »Wenn die eigentlichen Einwohner Mekkas besondere Eigenschaften besitzen, so beschränkt sich das darauf, daß sie zuvorkommend, gastfrei, heiter und stolz sind, aber trinkend, spielend und rauchend die Vorschriften des Koran ganz öffentlich übertreten. Betrug und Meineid gelten bei ihnen kaum noch als Verbrechen, obwohl darüber stets ein großes Geschrei erhoben wird. Jeder ereifert sich über den Verfall der Sitten, aber Keiner geht zur Verbesserung derselben mit gutem Beispiele voran.«
    Am 15. Januar 1815 reiste Burkhardt mit einer kleinen Pilgerkarawane zum Besuche des Grabes des Propheten ab. Der Weg nach Medina, wie der zwischen Djeddah und Mekka wird gewöhnlich in der Nacht, also zur ungünstigsten Zeit für Beobachtungen, und im Winter zurückgelegt, wodurch er weit beschwerlicher wird, als er wohl am hellen Tage wäre. Man zieht dabei durch ein mit Gesträuch und Dattelbäumen erfülltes Thal, dessen recht gut angebauter östlicher Ausgang Uadi Fatme heißt, aber mehr unter der einfachen Bezeichnung El Uadi bekannt ist. Etwas weiter hin findet sich das Thal Es Ssafra berühmt durch seine umfangreichen Dattelpflanzungen und als Hauptmarkt für alle benachbarten Volksstämme.
     

    Küste und Boote des Rothen Meeres. (S. 34.)
     
    »Die Dattelpalmenhaine, sagt der Reisende, haben eine Ausdehnung von nahezu vier Meilen; sie gehören theils den Bewohnern von Ssafra, theils den Beduinen der Umgegend, welche zum Begießen des Bodens Taglöhner halten und erst zur Zeit der Fruchtreife selbst dahin kommen. Die Dattelpalmen gehen durch Handel oft von einer Person zur andern über; man verkauft sie einzeln… Der an den Vater, dessen Tochter man heiratet, zu zahlende Preis besteht gewöhnlich in drei Dattelbäumen. Alle sind in tiefem Sande gepflanzt, den man in der Mitte des Thales sammelt und um die Wurzeln der Bäume aufhäuft; derselbe muß jährlich erneuert werden, denn gewöhnlich führen ihn wilde Sturzwässer mit sich fort. Jeder kleine Garten ist mit einer Lehm-oder Steinmauer eingefaßt. Die Besitzer wohnen in Weilern oder einzelnen, unter den Bäumen verstreuten Häusern. Der bedeutendste Bach des Thales entspringt in einem Haine in der Nähe des Marktplatzes, und an seiner Quelle erhebt sich eine kleine Moschee. Einige große Kastanienbäume beschatten diese; ich habe dergleichen in Hedjaz nirgends wieder gesehen…«
    Dreizehn Tage brauchte Burkhardt, um von Mekka nach Medina zu gelangen. Diese lange Reise war für ihn aber nicht verloren, denn er sammelte dabei viele Nachrichten über die Araber und die Wahabiter. Wie in Mekka ist es auch hier des Pilgers erste Pflicht, das Grab und die Moschee Mohammed’s zu besuchen. Doch sind alle Ceremonien bequemer und kürzer und der Reisende braucht nur eine Viertelstunde, um Alles abzumachen.
    Schon der Aufenthalt in Mekka hatte auf Burkhardt ziemlich nachtheilig eingewirkt. In Medina wurde er nun vom kalten Fieber befallen, das erst täglich auftrat, dann unter Hinzutritt von Erbrechen dreitägig wurde. Bei der ungeschickten Hilfe seines Sklaven – »ein armer Teufel, der sich besser zur Abwartung eines Kameels als zur Pflege seines geschwächten hilflosen Herrn eignete« – wäre er bald dahin gekommen, sich nicht mehr von seinem Teppich erheben zu können.
    Ueber drei Monate an Medina gefesselt durch ein Fieber, das er dem ungesunden Klima, dem abscheulichen Wasser und den vielen, zur Zeit herrschenden Krankheiten verdankte, mußte Burkhardt auf seinen früheren Plan

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