Der Triumph des 19. Jahrhunderts
daß dieses Land durch ihn besser bekannt wurde, als selbst einzelne Theile Europas.
»Niemals, schrieb er in einem Briefe an seine Mutter vom 17. März 1817, habe ich ein Wort über das, was mir vor Augen kam, gesagt, das ich nicht nach allen Seiten hin voll vertreten könnte, denn ich habe mich nicht so vielen Gefahren ausgesetzt, um nur einen Roman zu schreiben…«
Die Forscher, welche jene Länder nach Burkhardt besuchten, sind einstimmig über die Genauigkeit seiner Angaben und in dem Lobe seiner Wahrheitsliebe, seiner Kenntnisse und Scharfsichtigkeit.
»Wenige Reisende nur, sagt die »
Revue Germanique
«, besaßen in so hohem Grade die seine und schnelle Auffassung, welche ein Geschenk der Natur, aber so selten ist, wie alle hervorragenden Eigenschaften. Er zeichnete sich wirklich durch eine Art Sehergabe aus, die ihm, auch wo er nicht selbst beobachten konnte, stets das Richtige erkennen ließ; auch seine mündlichen Erkundigungen haben im Allgemeinen einen hohen Werth und übertreffen jedenfalls die meisten derartigen Nachrichten. Gediegen nach allen Seiten und durch Nachdenken und fleißiges Studium zeitig geistig gereist (Burkhardt zählte, als der Tod ihn hinraffte, erst dreiunddreißig Jahre), ging er stets gerade auf sein Ziel los und hielt er am rechten Orte an. Seine stets klare Darstellung enthält, man möchte sagen, mehr Thatsachen als Worte, und doch lesen sich seine Berichte mit wunderbarem Reize, so daß man in ihm den Menschen ebenso lieben wie den Gelehrten hochachten lernt.«
Während die biblischen Länder den Gegenstand der Untersuchungen Seetzen’s und Burkhardt’s bildeten, sollte Indien, das Ursprungsland der meisten europäischen Sprachen, der Mittelpunkt vielfacher Studien werden, welche Linguistik, Literatur und Religion ebenso wie die Geographie umfaßten. Wir beschäftigen uns hier nur mit den zahlreichen Problemen der physischen Geographie, deren Lösung die Kämpfe der Ostindischen Compagnie und die durch sie begünstigten Forschungen allmählich herbeiführen sollten.
In einem früheren Bande schilderten wir die Errichtung der portugiesischen Herrschaft in Indien. Die im Jahre 1599 zwischen Spanien und Portugal abgeschlossene Union hatte den Verfall der portugiesischen Kolonien herbeigeführt, welche in die Hände der Holländer und Engländer fielen. Letztere verliehen das Monopol des Handels mit Indien sehr bald einer Gesellschaft, die eine hervorragende geschichtliche Rolle spielen sollte.
Zu jener Zeit gerade hatte der Großmogul Akbar, der siebente Nachkomme Timur Leng’s, auf den Trümmern der Radjput-Staaten in Hindostan und Bengalen ein mächtiges Reich begründet. Dasselbe blühte in Folge der persönlichen Eigenschaften Akbar’s, die ihm den Beinamen »Wohlthäter der Menschheit« erwarben, eben im reichsten Glanze. Schah Djaham folgte ganz der väterlichen Tradition; Aureng Zeb aber, ein Enkel Akbar’s ließ, von unersättlichem Ehrgeiz getrieben, seine Brüder ermorden, den Vater gefangen setzen und bemächtigte sich der Herrschaft. Während das Mongolenreich sich des tiefsten Friedens erfreute, legte ein geistvoller Abenteurer, Sewadji, den Grund zu dem maharattischen Kaiserreiche. Die religiöse Unduldsamkeit Aureng Zeb’s sowie seine arglistige Politik führten zu einer Erhebung der Radjputen und zu einem Kampfe, der, die Hilfsquellen des Reiches verzehrend, dasselbe in seinen Grundvesten erschütterte. Der Tod des großen Usurpators bezeichnet auch den Untergang seines Reiches.
Bisher war es der Indischen Compagnie noch nicht gelungen, den schmalen Landstreifen, den sie längs ihrer Häfen besaß, zu erweitern, sie wußte jedoch die einander widersprechenden Bestrebungen der Nababs und der Rajahs von Hindostan geschickt zu benützen. Immerhin gewann die Englisch-ostindische Compagnie erst nach der Einnahme von Madras durch La Bourdonais, 1746, und während des Kampfes gegen Dupleix merklich an Ausdehnung und Einfluß.
Durch eine hinterlistige, illoyale und wahrhaft gemeine Politik der Gouverneure Clive und Hastings, welche einmal durch Gewalt, ein andermal durch Treubruch und Bestechung auf Kosten ihrer Ehre die Größe ihres Vaterlandes begründeten, besaß die Compagnie zu Ende des letzten Jahrhunderts ein ungeheures, von sechzig Millionen Seelen bevölkertes Gebiet. Es umfaßte dasselbe Bengalen, Behar, nebst den Provinzen Madras, Benares und den Circas im Norden. Nur der Sultan von Mysore, Tippo Saïb, widersteht energisch dem Andringen der
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