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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Engländer, kann sich aber gegenüber der Coalition, die Oberst Wellesley gegen ihn zu Stande zu bringen gewußt hat, nicht halten. Jetzt ohne nennenswerthe Feinde, beschwichtigt die Compagnie kleinere Widerstandsversuche durch Pensionen und nöthigt unter dem Vorwande, sie beschützen zu wollen, den letzten unabhängigen Rajahs englische Garnisonen auf, welche auf deren Unkosten unterhalten werden.
    Man sollte glauben, die englische Herrschaft hätte überall nur den Haß gegen sich entzünden müssen. Mit nichten. Die Compagnie tastete niemals die Rechte des Einzelnen an und erstrebte vorläufig keine Aenderungen in der Religion, den Sitten und Gesetzen der Länder.
    So ist es auch nicht zu verwundern, daß Reisende, welche sich in nicht eigentlich unterworfene Gebiete wagten, doch nur wenig gefährdet wurden. Die Indische Compagnie hatte nämlich von der Stunde ab, als die politischen Händel ihr freie Hand ließen, die Erforschung ihres ausgedehnten Gebietes allseitig ermuthigt. Gleichzeitig sandte sie auch Reisende nach den Grenzländern, um über diese verläßliche Auskunft zu erhalten. Im Folgenden wollen wir diese verschiedenen Züge kurz betrachten.
    Einer der merkwürdigsten und ältesten ist der Webb’s nach den Quellen des Ganges.
    Die Kenntnisse, welche man bis dahin über diesen Fluß besaß, waren eben so lückenhaft als einander widersprechend. Deshalb organisirte die Regierung von Bengalen, in richtiger Würdigung der Vortheile, welche eine Untersuchung dieser großen Wasserader der Entwicklung des Handels erschließen mußte, im Jahre 1807 eine Expedition, bestehend aus den Herren Webb, Raper und Hearsay, denen man eine Anzahl Sipahis, Dolmetscher und eingeborne Diener als Begleitung mitgab.
    Die Expedition traf am 1. April 1808 in Herduar, einer unbedeutenden Stadt am linken Ufer des Stromes, ein, deren Lage am Eingang dieser reichen Ebene von Hindostan sie jedoch zu einem sehr besuchten Wallfahrtsorte machte. Hier verrichtet man während der heißen Jahreszeit die vorgeschriebenen Reinigungen in den Wellen des heiligen Flusses. Da es nun keine Wallfahrt ohne Ausstellung und Verkauf von Reliquien giebt, so ist Herduar auch der Sitz eines umfänglichen Marktes; man findet hier aber ebenso Pferde, Kameele, als Antimon,
Asa foetida
, gedörrte Früchte, Shawls, Pfeile, Musselin und Gewebe aus Baumwolle oder Wolle, Erzeugnisse aus dem Pendjab, aus Kabulistan und Kaschmir. Ferner verkaufte man Sklaven von drei bis zu dreißig Jahren für zehn bis fünfhundert Rupien. Diese Messe, auf der sich so verschiedene Physiognomien, Sprachen und Trachten begegnen, bietet wirklich einen höchst merkwürdigen Anblick.
    Am 12. April reiste die englische Mission von Gangautri ab und folgte einer mit weißen Maulbeer-und Feigenbäumen besetzten Straße bis Gurudüar. Etwas weiter hinauf traf man auf Wassermühlen von höchst einfacher Construction zu beiden Seiten eines mit Weiden und Himbeersträuchern umsäumten Baches. Der Boden war hier zwar fruchtbar, die Tyrannei der Regierung hinderte die Bewohner aber, aus demselben gehörigen Nutzen zu ziehen. Bald wurde das Land bergiger, doch gediehen noch Pfirsiche, Aprikosen, Nußbäume und andere europäische Baumarten. Nun führte der Weg mitten in höhere Bergketten hinein, die sich an den Himalaya anzuschließen schienen.
    Am Fuße eines Hügels fand man bald den Baghirati, der im weiteren Verlaufe den Namen Ganges annimmt. Zur Linken begrenzten den Fluß hohe unfruchtbare Berge, zur Rechten desselben breitete sich ein reiches Thalgelände aus. Bei dem Dorfe Tchivali baute man im Großen den zur Bereitung des Opiums dienenden Mohn; die Bauern dort hatten, wahrscheinlich bedingt durch die Zusammensetzung des Wassers, alle Kröpfe.
    In Djoswara überschritt man eine, in dortiger Gegend »Djoula« genannte Seilbrücke von eigenthümlicher, gefährlicher Construction.
    »Man treibt auf jeder Seite, erzählt Webb, zwei starke Pfähle, drei Fuß von einander entfernt, in das Uferland ein und verbindet dieselben mit einem Querholze; daran werden ein Dutzend oder noch mehr dicke Seile befestigt und über das Wasser gespannt. Diese bilden zwei Packete mit einem Fuß Zwischenraum; unter ihnen spannt man eine Strickleiter hin, welche mit den oberen Seilen, die als Brustwehr dienen, verknüpft ist. Schwache Aeste, welche zweieinhalb bis drei Fuß auseinander liegen, bilden die Gangbahn der Brücke. Da man beständig befürchtet, dieselben unter der geringsten Last brechen zu

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