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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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entmuthigen. Die Einen sahen darin die eclatante Bestätigung der Entdeckungen des alten Baffin, Andere wollten in den unzähligen Einfahrten, in denen das Meer so tief und die Strömung so stark war, etwas anderes als Baien erkennen. Für sie waren das Meerengen, und alle Hoffnung, die ersehnte Durchfahrt aufzufinden, schien nicht verloren.
    Von solchen Anschauungen frappirt, rüstete die Admiralität sofort zwei kleine Fahrzeuge aus, die Bombarde »Hekla« und die Brigantine »Griper«. Am 5. Mai 1819 verließen diese die Themse unter der Führung des Lieutenants William Parry, der mit seinem früheren Chef bezüglich der Nordwest-Passage ebenfalls nicht übereinstimmte. Ohne außergewöhnliche Vorkommnisse gelangten die Schiffe bis zu dem Sunde Sir James Lancaster’s; nach siebentägiger Einschließung inmitten starker, in einer Länge von achtzig Meilen aufgehäufter Eismassen segelten sie in jene Bai ein, die nach John Roß von einer Bergkette abgeschlossen sein sollte.
    Nicht allein jene Berge existirten aber nur in der Einbildung des genannten Seefahrers, sondern alle Anzeichen deuteten mit voller Verläßlichkeit darauf hin, daß man sich in einer Meerenge befand. Bei dreihundertzehn Faden zeigte sich noch kein Grund; allmählich machte sich ein hohler Seegang bemerkbar; die Temperatur des Wassers hob sich bis auf sechs Grad und im Laufe eines einzigen Tages begegnete man nicht weniger als achtzig großen Walfischen.
    Als die Reisenden am 31. Juli in der Possessions-Bai, die sie im vergangenen Jahre besucht hatten, an’s Land gingen, fanden sie noch ihre eigenen Fußspuren wieder, ein Beweis für die geringe Menge Schnee und den wenigen Reif des letztvergangenen Winters. In dem Augenblicke, als die Schiffe mit vollen Segeln und unter günstigem Winde in den Lancaster-Sund einfuhren, schlugen wohl Aller Herzen schneller.
    »Es ist leichter, sagt Parry, sich die ängstliche Erwartung vorzustellen als zu beschreiben, die sich in diesem Augenblick auf allen Gesichtern malte, während wir mit immer zunehmender Geschwindigkeit in die Meerenge mit auffrischender Brise einfuhren; den ganzen Nachmittag über standen Officiere und Matrosen auf den Stengen, und ein uninteressirter Zuschauer, wenn es unter den gegebenen Verhältnissen einen solchen hätte geben können, müßte sich amüsirt haben über die Begierde, mit welcher jede neue Meldung aufgenommen wurde; bisher lauteten alle sehr günstig, selbst für unsere ehrgeizigsten Hoffnungen und Wünsche.«
    Die beiden Ufer liefen parallel zu einander weiter, so weit das Auge ihnen, etwa bis auf fünfzig Meilen, zu folgen vermochte. Die Höhe der Wogen, das Fehlen des Eises, kurz Alles bestärkte die Engländer in der Annahme, daß sie das offene Meer erreicht und die gesuchte Durchfahrt gefunden hätten, als eine Insel, an der ungeheuere Eismassen aufgethürmt lagen, ihnen den ferneren Weg versperrte.
    Ein Meeresarm von etwa zehn Meilen Breite öffnete sich jedoch im Süden derselben. Hier hoffte man nun einen von Eis weniger verstopften Weg zu entdecken. Merkwürdiger Weise hatten sich die Bewegungen der magnetischen Nadel, je weiter nach Westen man durch den Lancaster-Sund vordrang, immer mehr verstärkt; jetzt bei einem Kurse nach Süden schien das Instrument alle gewohnten Eigenschaften verloren zu haben, und man sah in Folge merkwürdiger Ursachen die richtende Kraft der Magnetnadel sich so weit verringern, daß sie der von den Schiffen geübten Anziehung nicht mehr die Waage hielt, so daß dieselbe eigentlich nur noch den Nordpol der »Hekla « oder der »Griper« anzeigte.
    Der Meeresarm erweiterte sich, je mehr die Fahrzeuge nach Westen vordrangen, und das Ufer verlief deutlich nach Südwesten zu; nach Zurücklegung von hundertzwanzig Meilen in dieser Richtung sahen sie sich plötzlich durch eine Eisbank aufgehalten, welche jedem weiteren Vordringen ein Ziel setzte. Sie fuhren also nach der Barrow-Straße zurück, zu der der Lancaster-Sund eigentlich nur die Schwelle bildet, und sahen jetzt dasselbe Meer eisfrei, das sie wenige Tage vorher voller Schollen gefunden hatten.
    Unter 72°15’ der Breite entdeckten sie einen neuen, etwa acht Meilen breiten Wasserarm, den Wellington-Kanal; vollständig frei von Eis, schien dieser durch keine Landmasse verschlossen zu sein. Alle diese Meerengen überzeugten die Seefahrer, daß sie inmitten eines ausgedehnten Archipels segelten, und ihr gutes Vertrauen gewann dadurch neue Nahrung.
    Die Fahrt bei fortwährendem Nebel

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