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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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lassen, und legte diese, mit der Flagge von Großbritannien verhüllt, auf mein Kameel. Wir zogen nun langsam dahin bis Djungari, einem etwa fünf Meilen im Südosten von Sokatu auf einem Hügel erbauten Dorfe. Der Leichnam wurde von dem Kameel herabgehoben, zunächst unter einer Hängematte niedergelegt, während die Sklaven die Grube herstellten, und nachher zu dieser hingetragen. Ich schlug ein Gebetbuch auf und erwies dem Todten mit von Schluchzen unterbrochener Stimme die letzten Ehren. Niemand lauschte auf die traurige Vorlesung und erleichterte meinen Schmerz, indem er ihn theilte. Die Sklaven blieben in einiger Entfernung stehen; sie stritten mit einander und machten ein wirklich unanständiges Geräusch. Nach Beendigung der religiösen Ceremonie wurde die Flagge weggezogen und der Kapitän sanft in die Erde versenkt. Und ich, ich weinte bittere Thränen an den leblosen Resten des besten, des unerschrockensten und würdigsten Herrn, den ich je gekannt.«
    Die Hitze, die Anstrengungen und der Schmerz griffen den armen Lander so sehr an, daß es ihm zehn Tage lang ganz unmöglich war, seine Hütte zu verlassen.
    Bello erkundigte sich wiederholt nach dem Befinden des armen Dieners, doch dieser durchschaute recht wohl den wahren Grund der Theilnahme; offenbar rechnete der Sultan nur darauf, sich der Kisten und Koffer des Reisenden, in denen er viel Gold und Silber vermuthete, zu bemächtigen. Bello erstaunte daher auf’s höchste, als er sich überzeugt, daß Lander kaum die nöthigen Mittel besaß, um die Kosten der Reise bis zur Küste zu bestreiten. Freilich erfuhr er niemals, daß Lander eine ihm verbliebene goldene Uhr, außer denen der Kapitäne Pearce und Clapperton, am Leibe verborgen trug.
    Alles in Allem sah Lander ein, daß er um jeden Preis und so schnell als möglich nach der Küste zurückkehren müsse. Mit Hilfe einiger geschickt vertheilter Geschenke, gewann er mehrere Rathgeber des Sultans für sich, welche Letzterem vorstellten, daß, wenn der Reisende hier etwa mit Tode abginge, leicht das Gerücht entstehen könne, Bello habe diesen ebenso wie seinen Herrn umbringen lassen. Obwohl Clapperton Lander empfohlen hatte, sich einer Karawane arabischer Kaufleute nach Fezzan anzuschließen, entschloß dieser sich doch, weil er fürchtete, dabei die Papiere und Tagebücher der Expedition einzubüßen, nach der Küste aufzubrechen.
    Am 3. Mai verließ Lander endlich Sokatu und wandte sich zunächst nach Kano. Wenn Lander bei diesem ersten Theile seiner Fahrt vor Durst fast umgekommen wäre, so gestaltete sich der zweite dafür desto günstiger, denn der König von Djacoba, mit dem er zusammen reiste, behandelte ihn sehr freundlich und lud ihn sogar ein, auch sein Land zu besuchten. Er erzählte von einem Nachbarvolke, den Nyam Nyams, die ihn im Kampfe gegen den Sultan von Bornu unterstützt und nach jedem Gefechte die erschlagenen feindlichen Krieger weggetragen, gebraten und gegessen hätten. Unseres Wissen ist das, seit Hornemann, das erste Mal, daß dieses Volk, über welches wahrhaft lächerliche Fabeln verbreitet waren, als der Anthropophagie ergeben erwähnt wird.
    Lander erreichte Kano am 25. Mai, hielt sich daselbst aber nur ganz kurze Zeit auf und schlug den Weg nach Funda, am Ufer des Niger, ein, dem er bis nach Benin zu folgen gedachte. Dem Reisenden erschien diese Route nach mehreren Seiten hin vortheilhafter. Erstens war der Weg sicherer, dann aber auch noch so wenig bekannt, daß Lander die früheren Entdeckungen seines Herrn noch vermehren zu können hoffte.
    Lander besuchte nach und nach Kanfou, Carifo, Gowgie und Gatas, und constatirte, daß deren Bewohner zu der Race von Haoussa gehörten und den Felatahs tributpflichtig waren. Er sah auch Damoy, Drammalik, Coudonia, traf auf einen großen Fluß, der dem Kouara zuströmt, zog durch Kottop, einen bedeutenden Markt für Sklaven und Stiere, sowie durch Coudgi und Dunrora, in der Nähe einer langen, hohen, nach Osten verlaufenden Bergkette.
    In Dunrora sprengten, als Lander gerade seine Saumthiere belud, vier Reiter auf von Schaum triefenden Rossen auf den Statthalter zu und zwangen mit dessen Zustimmung den Reisenden, umzukehren und den König von Zegzeg aufzusuchen, der ihrer Aussage nach das größte Verlangen habe, ihn zu sehen. Lander, der so bald als möglich den Niger, von dem er nicht so weit entfernt war und auf dem er bis zum Meere hinabfahren wollte, zu erreichen wünschte, dachte natürlich ganz anders, doch mußte er der

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