Der Triumph des 19. Jahrhunderts
Rücken einen mit Patronen gefüllten Behälter aus Elephantenhaut tragend, lange dänische, mit Gold ausgelegte Flinten in der Hand hielten und um den Gürtel meist weiße Pferdeschweife oder seidene Schärpen gebunden hatten. Die lauten Fanfaren der Hörner, das geradezu betäubende Lärmen der Trommeln und, wenn diese schwiegen, das Rauschen anderer Instrumente verriethen uns, daß wir dem König näher kamen. Schon befanden wir uns mitten unter den höheren Hausofficieren; der oberste Kammerherr, der Officier mit der goldenen Trompete, der Anführer der Boten, der Chef der Hinrichtungen, der Markt-Kapitän, der Wächter des königlichen Grabes und Dirigent aller Musikchöre saßen inmitten ihres Gefolges, alle strahlend in Herrlichkeit als Ausdruck der hohen Würden, welche sie bekleideten. Um die Köche waren große Haufen von Silbergeschirr, Schüsseln, Assietten, Kaffeekannen, Tassen und Vasen jeder Art aufgestapelt. Der Chef der Hinrichtungen, ein Mann von fast riesenhaftem Wuchse, trug eine goldene Axt auf der Brust, und vor ihm stand der Block, auf dem er den Verurtheilten den Kopf abhackte. Dieser war mit Blut-und theilweise mit großen Fettflecken beschmutzt. Die vier Dolmetscher umgab ein Glanz, der dem Aufwande der anderen hohen Officiere in keiner Weise nachstand, und vor ihnen wurden ihre besonderen Zeichen, die zu Bündeln vereinigten Rohrstäbe mit goldenen Knöpfen, emporgehalten. Der Wächter des königlichen Schatzes harmonirte in seinem persönlichen Luxus mit der Stellung, welche er einnahm, und vor ihm standen große Kisten, Waagen und Gewichte aus massivem Golde. Die wenigen Minuten, welche noch vergingen, bevor wir zum Könige selbst kamen, um ihm die Hand zu reichen, gaben uns Gelegenheit, denselben recht bequem zu sehen. Schon sein Aeußeres erregte meine volle Aufmerksamkeit. Es ist stets auffallend, einen Ausdruck von natürlicher Würde an Fürsten zu beobachten, welche wir kurzweg Barbaren zu nennen lieben. Seine Gesichtszüge verriethen ebensoviel Majestät als gute Lebensart, und nie verlor er die einem Monarchen unbedingt zukommende Ruhe. Er schien gegen achtunddreißig Jahre zu zählen und Anlage zum Embonpoint zu haben; die ganze Erscheinung sprach offenbar für einen wohlwollenden Charakter.«
Es folgt hierauf eine mehrere Seiten füllende Beschreibung der Toilette des Königs, der Aufzüge der Anführer, Soldaten, der Volksmenge und des Empfanges, der bis in die Nacht hinein währte.
Bei Durchlesung dieser staunenerregenden Schilderung Bowdich’s fragt man sich unwillkürlich, ob sie nicht das Erzeugniß der gereizten Einbildungskraft des Reisenden sei, so unwahrscheinlich erscheinen uns der an’s Wunderbare grenzende Luxus dieses Barbarenhofes, die Menschenopfer, bei welchen zu gewissen Zeiten des Jahres Tausende hingeschlachtet werden, die fremdartigen Sitten dieses kriegerischen, grausamen Volkes und diese Mischung von Civilisation und Barbarismus. Man wäre versucht zu glauben, daß Bowdich Alles gröblich übertrieben habe, wenn die Reisenden, welche ihm folgten, und die Forscher derselben Zeit seine Schilderungen nicht allseitig bestätigt hätten. Man steht erstaunt gegenüber einer solchen, nur auf roher Gewalt begründeten Regierung, verwundert, daß eine solche von so langer Dauer sein konnte!
Unter den kühnen Reisenden, welche ihr Leben zur Erforschung der Erdkunde in die Schanze schlugen, begegnet man nur selten einem Franzosen. Einzelne finden sich aber doch, unter diesen möchten Mollien, Caillié, Cailliaud und Létorzec wohl einer besonderen Erwähnung werth sein.
Gaspard Mollien war der Neffe des Ministers des kaiserlichen Schatzes bei Napoleon I. Mit der »Medusa« abgesegelt, entging er glücklich dem Schiffbruche dieses Fahrzeuges, erreichte auf einem Boote die Küste der Sahara und gelangte längs derselben bis zum Senegal.
Das Unglück, dem Mollien mit genauer Noth entkam, hätte wohl in jedem, minder standhaften Kopfe die Lust an Abenteuern und den Hang zu gefährlichen Reisen unterdrückt. Hier war es nicht so. Kaum hatte der Gouverneur der Kolonie, der Commandant Fleuriau, das Anerbieten des jungen Reisenden, die Quellen der großen Ströme Senegambiens aufzusuchen und vorzüglich die des Djoliba festzustellen, angenommen, als dieser auch schon (von Saint Louis) aufbrach.
Von Diedde am 29. Januar 1818 abreisend, wandte sich Mollien zwischen dem 15. und 16. Breitengrade nach Osten, zog durch das Königreich Domel und drang bis zu den Yolloffs
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