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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Zelte blieben stehen, die Feuer in hellem Brand, er selbst aber entwich mit allen seinen Leuten und eilte nach dem Senegal zu.
     

    Caillié überschritt den Ba Fing. (S. 140.)
     
    Der Rückzug artete bald in eine wirkliche Flucht aus. Gepäck, Waffen, Thiere – Alles wurde im Stich gelassen und auf der Straße verstreut. Durch diese Ausflucht und die Schnelligkeit, mit der Alle das Weite zu gewinnen suchten, gelang es, die Niederlassung in Bakel zu erreichen, wo die Franzosen die Trümmer der Expedition mit offenen Armen aufnahmen.
    Caillié selbst, der vom Fieber litt, das bald sehr bedrohliche Symptome zeigte, kehrte nach Saint Louis zurück; auch hier machte seine Wiedergenesung so langsame Fortschritte, daß er sich entschließen mußte, nach Frankreich zu gehen. Erst im Jahre 1824 konnte er Senegal wieder aufsuchen. Zu dieser Zeit verwaltete die Kolonie der Baron Roger, ein dem Fortschritt huldigender Mann, der es sich eben so angelegen sein ließ, die Handelsbeziehungen seines Landes wie die geographischen Kenntnisse zu erweitern. Er gewährte auch Caillié die nöthigen Mittel, um sich bei den Bracknas aufzuhalten und dort die arabische Sprache, so wie die kirchlichen Gebräuche der Muselmanen kennen zu lernen.
    Das Leben bei diesen mißtrauischen, fanatischen maurischen Hirten bot keine besonderen Annehmlichkeiten. Der Reisende, der schon unglaubliche Mühe hatte, nur sein Tagebuch in Ordnung zu führen, mußte manche List anwenden, um die Erlaubniß zum Besuche der Umgebungen der Stadt zu erhalten. Er wußte dabei aber viel gründliche Beobachtungen zu machen über die Lebensweise der Bracknas, ihre meist aus Milchkost bestehende Nahrung, über ihre Zeltwohnungen, die gegen den Einfluß der Witterung nur sehr unzulänglich schützten, ihre Wanderlieder oder »Guehues«, über die Mittel, den Frauen jenen Grad von Wohlbeleibtheit zu verschaffen, den sie für das Ideal der Schönheit ansehen, endlich über die Natur des Landes und über die Fruchtbarkeit und die Erzeugnisse des Bodens.
    Am merkwürdigsten erschienen jedoch die Aufschlüsse Caillié’s über die fünf verschiedenen Kasten, in welche die maurischen Bracknas zerfallen.
    Es sind das die »Hassanen« oder Krieger, ebenso faule und schmutzige als unglaublich stolze Leute; die »Marabouts« oder Priester; die »Zenagues« oder Untergebenen der Hassanen, die »Laratines« und die Sklaven.
    Die Zenagues bilden eine elende, von allen Anderen, aber vorzüglich von den Hassanen selbst, verachtete Volksclasse, obwohl sie den Letztgenannten einen zwar festgesetzten, aber niemals für ausreichend befundenen Tribut zahlen. Sie sind die eigentlichen Arbeiter, welche sich mit Industrie, Landbau und Viehzucht beschäftigen.
    »Trotz aller Bemühungen, sagt Caillié, vermochte ich weder den Ursprung dieser Race zu ergründen, noch konnte ich erfahren, wie Jene dazu gekommen seien, an andere Mauren Tribut zu entrichten. Wenn ich hierüber nachfragte, erhielt ich nur die Antwort, daß Gott es so wolle. Sollten es vielleicht besiegte Volksstämme sein, denen alle Ueberlieferung abhanden gekommen ist? Ich kann das kaum glauben; denn die auf ihre Abkunft gewöhnlich sehr stolzen Mauren vergessen niemals die Namen Derjenigen, welche sich in ihrer Familie auszeichneten, und die, die Mehrzahl der Bevölkerung bildenden und kriegsgeübten Zenagues würden sich gewiß unter einem Nachkommen ihrer alten Häuptlinge erhoben und das Joch der Knechtschaft abgeschüttelt haben.«
    Die Laratines sind die Kinder eines Mauren und einer Negersklavin. Obgleich selbst so gut wie Sklaven, werden dieselben doch niemals verkauft und, in besondere Hürden eingepfercht, fast wie Zenagues behandelt. Diejenigen, welche einen Hassanen zum Vater haben, werden Krieger; die Söhne eines Marabout erhalten besseren Unterricht und widmen sich meist derselben Thätigkeit wie ihre Väter. Die Sklaven sind alle Neger. Sie werden schlecht behandelt, dürftig genährt, von ihren Herren ganz nach Belieben mit der Peitsche gezüchtigt und überhaupt auf alle erdenkliche Weise gequält.
    Im Mai 1825 war Caillié wieder in Saint Louis zurück. Der Baron Roger befand sich nicht daselbst, und sein Stellvertreter erwies sich ihm nicht besonders freundlich gesinnt. Der Reisende mußte sich mit der Verpflegung der gemeinen Soldaten begnügen und seinen Beschützer abwarten, dem er alle bei den Bracknas gesammelten Beobachtungen überließ; trotzdem sah er sein Angebot weiterer Dienste abgewiesen. Dagegen

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