Der Triumph des 19. Jahrhunderts
rief unaufhörlich: »Allah Akbar! (Gott der Gerechte!) er zieht sich die Haut von den Händen!«
Nachdem er sich einigermaßen an unseren Anblick gewöhnt, strich er abwechselnd über das Haar Mackie’s (der Laing als Arzt begleitete) und über das meinige, schlug ein lautes Gelächter auf und sagte: »Nein! Nein! Das sind gar keine Menschen!« Wiederholt fragte er meinen Dolmetscher, ob wir wirklich Knochen hätten.«
Laing erblickte den Berg Loma. (S. 158.)
Diese vorläufigen Verhandlungen, bei welchen Laing wahrgenommen hatte, daß viele Sulimas eine Menge Gold und Elfenbein besaßen, bestimmten ihn, dem Gouverneur vorzuschlagen, eine Untersuchung des Landes östlich von der Kolonie vorzunehmen – ein Land, dessen Erzeugnisse und Naturproducte dem Handel von Sierra Leone ein neues Leben verleihen zu können schienen.
Maccarthy billigte Laing’s Ansichten und legte diese dem Conseil vor. Man beschloß, daß Laing autorisirt werden solle, das Land der Sulimas zu bereisen und dabei nach Gutdünken denjenigen Weg einzuschlagen, der ihm für die zukünftigen Verbindungen am geeignetsten erschien.
Am 16. April schiffte sich Laing in Sierra Leone auf dem Rockelleslusse ein und gelangte bald nach Rokon, der Hauptstadt von Timanni. Sein Zusammentreffen mit dem Chef dieser Stadt war besonders heiter. Um ihm eine Ehre zu erweisen, ließ Laing, als er ihn in den zu der Verhandlung bestimmten Hof hatte eintreten sehen, eine Salve von zehn Flintenschüssen abgeben. Bei dem Krachen der Gewehre blieb der König erst stehen, wich aber sofort zurück und ergriff die Flucht, nachdem er dem Reisenden nur einen wüthenden Blick zugeworfen hatte. Es kostete viele Mühe, den ängstlichen Fürsten wieder zur Umkehr zu bewegen. Endlich trat er wieder ein, setzte sich auf einen für die Feierlichkeit besonders geschmückten Sessel und fragte den Major:
»Warum ließen Sie schießen?
– Nur Ihnen zur Ehre; in Europa werden alle Fürsten stets mit Kanonendonner empfangen.
– Warum ließen Sie die Gewehre nach der Erde richten?
– Um bei Ihnen jeder falschen Deutung unserer Absichten vorzubeugen.
– Mir sind aber dabei Steine in’s Gesicht geflogen. Warum ließen Sie nicht in die Luft schießen?
– Um die Strohdächer Ihrer Häuser nicht in Brand zu setzen.
– Gut, gut, gebt mir einen Rum!«
Nach diesen beruhigenden Erklärungen des Majors gestaltete sich die Zusammenkunft überaus herzlich.
Das Bild dieses Herrschers über einen Theil von Timanni verdient aus mehr als einem Gesichtspunkte hier wiedergegeben zu werden, da in diesem Falle das Sprichwort:
Ab uno disce omnes
, vollste Anwendung findet.
»Ba Simera zählte neunzig Jahre; er hatte eine buntscheckige, stark gerunzelte Haut, welche eher der eines Alligators als der eines Menschen ähnlich sah; dazu besaß er dunkle, grünliche tiefliegende Augen; einen weißen verworrenen Bart, der bis zwei Fuß unter das Kinn herabreichte. Ebenso wie der König am anderen Flußufer, trug er ein Halsband aus Korallenstücken und Leopardenzähnen; sein Mantel war braun und ebenso schmutzig, wie die Haut; die Beine, geschwollen wie die eines Elephanten, bedeckten baumwollene Hosen, welche ursprünglich weiß gewesen sein mochten, die aber nach mehrjährigem Gebrauche eine grünliche Farbe angenommen hatten. Als Zeichen seiner Würde hielt der Fürst einen Stock in der Hand, an dem Schellen von verschiedener Größe befestigt waren.«
Wie alle seine Vorgänger in Afrika, mußte der Reisende wegen des Durchzugsrechtes und des Lohnes für die Lastträger lange Verhandlungen führen; nur seiner Festigkeit verdankte Gordon Laing die Abminderung der Forderung der Negerkönige. Auf seinem weiteren Wege besuchte der Major dann Toma, wo man noch niemals einen weißen Mann gesehen hatte, Balandeco, Roketchnick, dessen Lage der Reisende zu 8°30’ nördlicher Breite und 12°11’ westlicher Länge von Greenwich bestimmte, Mabonng, jenseits eines großen Flusses, der nördlich von dem Rockelle verläuft, und Ma Yosso, die bedeutendste Stadt an der Grenze von Timanni.
Der Reisende fand in diesem Lande auch eine eigenthümliche Institution, eine Art Freimaurerbund, den man »die Pourrah« nannte und von dessen Vorhandensein sich Caillié schon an den Ufern des Rio Nunez überzeugt hatte.
»Die Macht desselben, behauptet Laing, übertrifft sogar die der Fürsten der verschiedenen Stämme. All’ sein Thun und Treiben ist in Dunkel gehüllt und von tiefem Geheimniß umschleiert.
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