Der Triumph des 19. Jahrhunderts
Fuße der Stadt vorüberfließt.
»Der Anblick des berühmten Flusses, erzählt der Reisende, wirkte auf uns geradezu enttäuschend. Schwarze, zerklüftete Felsen ragen aus der Mitte desselben empor und verursachen an der Oberfläche vielfache Wirbel und einander kreuzende Strömungen. Man versicherte uns, daß der Fluß oberhalb Boussa durch zwei fruchtbare Inseln in drei Arme getheilt sei, dann aber bis Funda ein einziges Bett habe. Hier ist der Niger an keiner Stelle über einen Steinwurf breit. Der Felsblock, auf dem wir uns befanden, liegt oberhalb der Stelle, wo Mungo Park mit seinen Gefährten den Tod fand.«
Richard Lander erkundigte sich anfänglich nur sehr behutsam nach den Büchern und Papieren, welche von Mungo Park’s Reise her vielleicht noch vorhanden sein könnten. Ermuthigt durch das Wohlwollen des Königs aber, entschloß er sich, diesen selbst darüber zu befragen. Der Sultan war zu jener Zeit freilich noch zu jung gewesen, um zu wissen, was sich unter der Regierung des vorletzten Herrschers begeben hatte; er bot jedoch Alles auf, die etwaige Hinterlassenschaft des berühmten Reisenden aufzufinden.
»Im Laufe des Nachmittags, schreibt Lander, kam der König zu uns mit einem Manne, der ein Buch auf dem Arme trug, das nach unseres Landsmannes Schiffbruche auf dem Flusse schwimmend angetroffen worden sein sollte. Ein Stück Baumwollenstoff umhüllte dasselbe, und unsere Herzen schlugen lauter, als der Mann denselben langsam abwickelte, denn das Format des Buches ließ darauf schließen, daß es Mungo Park’s Tagebuch sein könne. Desto niederschlagender wirkte die Entdeckung, als wir in dem Funde nichts als ein altes nautisches Werk aus dem vorigen Jahrhundert erkannten.«
An eine Wiederauffindung des Tagebuches des Reisenden war nun kaum noch zu denken.
Am 23. Juni verließen die Gebrüder Lander Boussa voller Erkenntlichkeit für den König, der sie reichlich beschenkt und, aus Furcht vor Vergiftungsversuchen, gewarnt hatte, von Niemand Speisen anzunehmen, als von den Gouverneuren der Städte, durch welche sie kämen. Sie gingen nun zu Lande am Niger bis Kagogie hinauf, wo sie sich in einem landesüblichen gebrechlichen Canot einschifften, während ihre Pferde nach Yaourie weiter geführt wurden.
»Wir mochten kaum einige hundert Toisen zurückgelegt haben, sagt Richard Lander, als sich der Fluß allmählich erweiterte; soweit wir sehen konnten, maß derselbe wenigstens zwei Meilen von einem Ufer zum andern. Er bot ganz den Anblick eines breiten, künstlich angelegten Kanals, so umschlossen sein Bett lothrechte, aber nicht sehr hohe Wände, über denen sich üppige Vegetation zeigte. Das an manchen Stellen nur sehr seichte Wasser ist an anderen tief genug, um eine Fregatte zu tragen. Kaum läßt sich ein pittoreskerer Anblick denken, als ihn die Bilder darboten, welche wir während der ersten Stunden erblickten; die beiden Ufer waren buchstäblich von Weilern und Dörfern überdeckt. Ringsum neigten sich mächtige Baumriesen unter der Last ihrer Blätterkronen, deren dunkler Ton, eine Erquickung für die von der Sonne geblendeten Augen, mit dem schillernden Grün der Hügel und Ebenen angenehm contrastirte. Plötzlich aber veränderte sich die Scene. An Stelle des niedrigen, thonigen, geradlinigen Ufers traten schwarze, zerrissene Felsen, und der weite Spiegel, der das Bild des Himmels zurückwarf, wurde durch zahllose Sandbänke in tausend kleine Kanäle getheilt.«
Etwas weiterhin stellte sich dem Strome eine dunkle Felswand so weit entgegen, daß nur eine enge Oeffnung blieb, durch welche sich die schäumende Wassermasse drängte. Oberhalb dieser so gut wie unbefahrbaren Stelle nimmt der Niger seinen ruhigen majestätischen Lauf wieder an.
Nach dreitägiger Fahrt erreichten die Reisenden ein Dorf, wo ihre Leute und Pferde sie erwarteten. Sie zogen nun ohne Aufenthalt durch ein allmählich emporsteigendes Land nach der Stadt Yaourie. Hier wurden die Gebrüder Lander in einer Art Landgut von dem Sultan, einem dicken, schmutzigen und widerlichen Menschen, der das gute Leben zu lieben schien, empfangen. Sehr ungehalten darüber, daß Clapperton ihn nicht besucht und bei der Rückreise auch Richard Lander es vermieden habe, ihm seine Aufwartung zu machen, erwies sich dieser Sultan wirklich empörend habgierig. Er wollte den Reisenden nicht einmal die nöthigsten Provisionen liefern lassen und versuchte, sie durch allerlei Ränke und Schliche möglichst lange zurückzuhalten.
Hierzu nehme
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