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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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friedliche Ruderfahrt ohne Zwischenfall von statten. Nur in einer Nacht, als die Reisenden wegen vieler Ufersümpfe nicht landen konnten und sich vom Strome weiter hinabtreiben lassen mußten, brach ein fürchterliches Unwetter los, während sie von Flußpferdheerden, welche sich auf dem Wasser tummelten, fast versenkt worden wären.
    Der Niger strömte, in einer Breite zwischen zwei und acht Meilen, fortwährend nach Osten oder Südosten, und dabei so schnell, daß ihr Boot mit einer Geschwindigkeit von fünf bis sechs Meilen in der Stunde hinabgeführt wurde.
    Am 19. October kam Richard Lander an der Einmündung der Cudunia vorüber, welchen Fluß er bei seiner ersten Reise in der Nähe von Cuttup überschritten hatte, und nicht lange darauf gelangte er nach Egga. Er erreichte bald den Landungsplatz, indem er durch eine ausgedehnte, von unzähligen großen und sehr festen Canots besetzte Bucht hinfuhr, welch’ letztere, mit verschiedenen Waaren beladen, mit Blut bestrichene und mit Federn geschmückte Vordertheile – ein Zaubermittel und Schutz gegen Diebe – hatten.
    Der Chef, dem die Reisenden sofort zugeführt wurden, trug einen langen weißen Bart und würde ganz das ehrwürdige Aussehen eines Patriarchen gehabt haben, wenn er nicht immer wie ein kleines Kind gelacht hätte. Die Einwohner liefen in hellen Haufen zusammen, um die Fremdlinge von so seltsamem Aussehen zu bewundern, und diese mußten drei Mann als Wache vor die Thüre stellen, um die Neugierigen in gebührender Entfernung zu halten.
    »Mehrere Bewohner von Egga, sagt Richard Lander, verkaufen Leinwand und Tuch aus Benin und Portugal, was darauf schließen läßt, daß zwischen dieser Stadt und der Küste eine gewisse Verbindung bestehen mag. Die Einwohner sind sehr speculativ, unternehmend und, ununterbrochen auf dem Niger auf-und abfahrend, mit dem Handel beschäftigt. Sie leben gleich in ihren Canots, wo ihnen eine Art kleiner Cajüte oder Schuppen als Wohnung dient. Die Ueberredungskunst der Landesbewohner, deren man sich bei uns nur unter wichtigen Verhältnissen bedient, machte uns zuerst wirklich Spaß; nach und nach wurde ihre Zudringlichkeit aber lästig. Sie verlangten von uns Zaubermittel zur Verhütung von Kriegen und anderen nationalen Unfällen, Talismane, um reich zu werden, solche zur Abwehr der Krokodile, welche zuweilen Menschen raubten, oder auch andere, um täglich reiche Fischzüge zu machen. Der letztere Wunsch wurde gegen uns von dem Chef der Fischer ausgesprochen und unter entsprechenden Gebeten, welche sich nach dem Werthe des Dargebotenen richten, mit einem Geschenke begleitet… Die Neugier des Volkes, uns zu sehen, übersteigt alle Grenzen, so daß wir keinen Schritt aus der Hütte thun können; um frische Luft zu schöpfen, müssen wir stets die Thür offen lassen und in der Hütte umhergehen, die einzige Bewegung, welche uns, gleich wilden Thieren im Käfige, gestattet ist. Die Leute betrachten uns mit stierem, aus Schrecken und Bewunderung gemischtem Ausdrucke, etwa wie man in Europa die Tiger in der Menagerie ansieht. Wenden wir uns nach der Thür zu, so weichen sie erschreckt und heulend zurück, sobald wir aber nach rückwärts gehen, nähern sie sich schweigend und mit größter Vorsicht, so weit ihre Furcht es zuläßt.«
    Egga ist eine Stadt von bedeutender Ausdehnung und muß sehr viele Einwohner haben. Wie fast alle am Ufer des Niger erbauten Städte, wird dieselbe alljährlich überschwemmt. Man darf wohl voraussetzen, daß die Eingebornen besondere Gründe haben, ihre Wohnstätten an Stellen zu errichten, die uns ziemlich ungeeignet und gesundheitswidrig erscheinen würden.
    Wahrscheinlich sind dieselben aber nur darin zu suchen, daß die Umgebungen hier aus fettem schwarzen Erdreich bestehen, welches ihnen alle zur Lebensnothdurft nöthigen Erzeugnisse ohne große Mühe liefert.
    Obwohl der Häuptling von Egga über hundert Jahre alt zu sein schien, so war er doch immer voller Lust und Freude. Die hervorragendsten Persönlichkeiten der Stadt kamen in seiner Hütte zusammen und verbrachten ganze Tage unter fröhlichem Geplauder.
    »Diese Gesellschaft Graubärte, erzählt der Reisende, lacht oft so laut aus vollem Herzen und freut sich über lustige Einfälle so außerordentlich, daß man fast stets die Vorübergehenden stehen bleiben und lauschen sieht, aber auch in das von innen heraustönende Gelächter mit einstimmen hört; vom Morgen bis Abend donnerten uns von dorther unaufhörlich Beifallsbezeugungen

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