Der Triumph des 19. Jahrhunderts
verborgen? Das sind ebenso viele Fragen als Räthsel, welche der Lösung harrten. Man konnte wohl vermuthen, daß aus Persepolis stammende Inschriften in der Sprache der alten Perser abgefaßt seien; aber Rask, Bopp und Lassen hatten die iranischen Idiome noch nicht studirt und deren Verwandtschaft mit dem Sanskrit noch nicht nachgewiesen.
Es liegt unserem Thema zu fern, hier alle die geistreichen Deductionen, Vermuthungen und Versuche darzulegen, durch welche Grotefend dahin gelangte, in jenen eine alphabetische Schrift zu erkennen und gewisse Gruppen von Namen auszuscheiden, welche er für die des Xerxes und Darius hielt und wodurch er wiederum zur Kenntniß mehrerer Buchstaben kam, durch welche er andere Worte lesen und verstehen lernte. Jedenfalls war die Methode hiermit gefunden. Anderen blieb die Aufgabe, diese zu erweitern und zu vervollkommnen. Mehr als dreißig Jahre verstrichen, bevor diese Studien bemerkbare Fortschritte machten. Der gelehrte Franzose Eugen Burnouf erst sollte sie um einen großen Schritt weiter fördern. Mit Benutzung seiner Kenntnisse des Sanskrit und des Zend gelang ihm der Beweis, daß jene persepolitanischen Inschriften in einem, in Bactrien herrschenden Dialect des Zend abgefaßt waren, den man noch im 6. Jahrhundert unserer Aera sprach und in welchem auch die Bücher Zoroaster’s geschrieben sind.
Der zweite Katarakt des Nil. (S. 190.)
Seine Denkschrift hierüber erschien im Jahre 1836. Gleichzeitig kam ein deutscher Gelehrter, Lassen in Bonn, der auch seinerseits denselben Untersuchungen oblag, zu einem ganz entsprechenden Resultate.
Bald waren nun die Inschriften, welche man besaß, alle gelesen, das Alphabet erklärt bis auf eine kleine Anzahl von Zeichen, über deren Bedeutung noch keine völlige Uebereinstimmung herrschte.
Immerhin besaß man jetzt nur einen Grund, das eigentliche Gebäude war damit noch lange nicht errichtet. Man hatte nämlich gefunden, daß die persepolitanischen Inschriften sich in drei parallelen Reihen wiederholten. Sollte das auf einer dreifachen Wiedergabe derselben Inschrift in den drei Hauptidiomen des akhemenidschen Reiches, das heißt in persischer, medischer und assyrischer oder babylonischer Sprache beruhen? Diese Annahme hatte viel für sich; durch die Erklärung einer der Inschriften gewann man jedoch einen Vergleichungspunkt und konnte darauf weiter schließen, wie Champollion seiner Zeit bezüglich des Steines von Rosette, der in griechischer Mundart zweimal dasselbe in der Volks-und der Hieroglyphenschrift enthielt.
In jenen beiden anderen Inschriften erkannte man die assyro-chaldäische Sprache, welche, ebenso wie die hebräische, die himjaritische und die arabische, zu der semitischen Sprachenfamilie gehören, und ein drittes Idiom, das man das medische nannte und mit dem türkischen und tatarischen in Beziehung brachte. Mit der Weiterverfolgung dieser Untersuchungen würden wir indeß zu sehr in andere Gebiete übergreifen. Dieser Aufgabe widmeten sich, um nur die berühmtesten Namen zu nennen, der dänische Gelehrte Westergaard, die Deutschen W. v. Humboldt, Schlegel, Bopp, die Franzosen de Saulcy und Oppert, die Engländer Norris und Rawlinson. Wir kommen später hierauf noch einmal zurück.
Die Erforschung des Sanskrit, die Untersuchungen über die brahmanische Literatur, von denen später die Rede sein wird, hatten eine wissenschaftliche Regsamkeit erweckt, welche in gleichem Maße zunahm, wie die Studien an Klarheit und Tiefe gewannen. Ungeheuere, von den Orientalisten als Iran bezeichnete Ländergebiete, welche Persien, Afghanistan und Beludschistan umfaßten, waren lange Zeit, bevor Ninive und Babylon in der Geschichte auftraten, der Sitz einer vorgeschrittenen Civilisation gewesen, mit der der Name Zoroaster’s als Eroberer, Gesetzgeber und Gründer einer neuen Religion eng verknüpft ist. Seine, zur Zeit der muselmanischen Eroberung verfolgten und aus ihrem alten Vaterlande, wo sie den alten Cultus treu bewahrten, vertriebenen Schüler flüchteten sich, unter dem Namen Parsis, nach dem nordwestlichen Indien.
Gegen Ende des letzten Jahrhunderts hatte ein Franzose, Namens Anquetil-Duperron, nach Europa eine, in der Sprache Zoroaster’s abgefaßte, genaue Abschrift der religiösen Bücher der Parsis mitgebracht. Er übersetzte dieselben auch, und sechzig Jahre hindurch schöpften alle Gelehrten aus dieser Quelle alle Kenntniß, die sie von der Religion und der Philologie in Iran besaßen. Diese Bücher sind
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