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Der Trotzkopf

Der Trotzkopf

Titel: Der Trotzkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy von Rhoden
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es ist so deine gewöhnliche Art. Uebrigens jetzt kannst du wieder gehen, ich möchte allein sein!« 
    Aber Grete verspürte keine Lust, sie zu verlassen, sie witterte ein Geheimnis, das mußte sie erst heraus haben! 
    »Ich habe aber keine Lust, dich zu verlassen,« sagte sie und setzte sich mit aller Gemütlichkeit nieder. 
    »Du bist wirklich unausstehlich!« stieß Flora ärgerlich heraus und drehte Grete den Rücken. Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Wenn du durchaus hier bleiben willst, so thue es meinetwegen,« fuhr sie fort und näherte sich der Thür, »mich geniert es nicht.« 
    Und sie hatte die Thür geöffnet und war hinaus, noch ehe Grete sich erhoben hatte. Schnell drehte sie den Schlüssel im Schloß um und – das neugierige Gretchen war eine Gefangene. 
    Geflügelten Schrittes eilte sie in den Garten, der Traueresche zu. Sie huschte zwischen den bis auf den Boden herabhängenden Zweigen hindurch und sank auf einem Bänkchen von Birkenstämmen nieder. Hier war sie vor jedem Lauscherblicke sicher. 
    Sie preßte die Hand auf das hochklopfende Herz und ein Zittern überlief sie vor der Entscheidung! Wie wird sein Urteil ausgefallen sein? Nicht lange hielt die zagende Schwäche an und ihre Zuversicht kehrte zurück. Mutig und siegesbewußt schlug sie das Heft auf. Natürlich suchte sie zuerst nach einigen Zeilen von seiner Hand. Aber sie blätterte und fand nichts. Sie breitete das Heft auseinander, hielt es hoch, schüttelte es tüchtig, der erwartete Brief fiel nicht heraus. Sie war höchst betroffen, da sie bei einer flüchtigen Durchsicht des Manuskripts auch nicht die kleinste Notiz entdecken konnte. Schon wollte sie es unwillig beiseite legen, als ihre Augen zwei Worte entdeckten, die Doktor Althoff mit seiner zierlichen und doch festen Handschrift mit roter Tinte gerade in den Schnörkel hineingeschrieben, den sie dem Schlußworte »Ende« malerisch angehängt hatte. Sie las und fiel wie gebrochen hintenüber. 
    »Abscheulich!« riefen ihre bebenden Lippen, »empörend!« 
    Floras Entrüstung war wohl natürlich, zertrümmerten doch die beiden kleinen Wörtchen den ganzen Prachtbau ihres Luftschlosses. »Konfuses Zeug!« stand da deutlich geschrieben und erbarmungslos war hiemit das Todesurteil ihrer Dichtung besiegelt. 
    Sie ballte die Hände in ohnmächtiger Wut und haßte den Mann, den sie bis dahin so schwärmerisch angebetet hatte. Warum verkannte er ihr Genie, oder vielmehr, warum wollte er dasselbe nicht anerkennen? Sie wollte zu ihm eilen ... sogleich ... er sollte ihr Rechenschaft über sein vernichtendes Urteil geben! 
    Aber sie verwarf diesen Entschluß, weil sie befürchtete, vor Aufregung ohnmächtig zu werden. Und schwach sollte er sie nicht sehen ... nimmermehr! Sie wollte ihm schreiben und zwar sofort! 
    Sie zog ein Notizbuch aus ihrer Tasche und begann einen stürmischen Brief aufzusetzen. Kaum hatte sie indes einige Sätze niedergeschrieben, als sie durch den grünen Blättervorhang Grete gerade auf die Esche losstürmen sah, es blieb ihr eben noch Zeit genug, das Notizbuch zu verbergen, als dieselbe bereits vor ihr stand. 
    Floras Gedanken waren nur mit dem Briefe beschäftigt gewesen, sie hatte darüber ihr Manuskript, das sie neben sich auf die Bank gelegt hatte, vergessen. Grete hatte es indes mit ihren Spüraugen sofort entdeckt. Wie ein Vogel schoß sie darauf los, ergriff es und eilte mit ihrer Beute davon. 
    »Etsch, Fräulein Flora!« rief sie noch triumphierend, »nun werde ich doch hinter deine Geheimnisse kommen! Jetzt bist du meine Gefangene!« 
    »Grete, gieb her!« rief Flora angstvoll und eilte derselben nach, »bitte, bitte! Ich will dir auch schenken, was du haben willst!« 
    Grete aber blieb taub bei ihren Bitten. Lachend eilte sie weiter. 
    »Du mußt mir mein Eigentum zurückgeben, ich will es!« drohte Flora, als sie einsah, daß Güte nicht half, »ich befehle es dir!« 
    Darüber brach Grete in ein lautes Gelächter aus. »Du befiehlst es mir? Das ist reizend!« rief sie, »du bist wirklich furchtbar naiv!« Und sie hatte das Haus erreicht, während Flora weit hinter ihr zurückblieb. Trotz ihrer schwerfälligen, plumpen Figur war sie doch weit schneller als letztere, die etwas steif und ungelenk war. 
    Als Flora einsah, daß ihre Verfolgung nutzlos war, blieb sie weinend stehen. Einen wahrhaft verzweiflungsvollen Blick warf sie der Räuberin ihres Schatzes nach, denn nun war sie verloren, das heißt preisgegeben dem Hohn und Spott der

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