Der Tschernobyl Virus
sie nicht. So einfach ist das.«
Koch versuchte, die Lage etwas zu beruhigen, »Dann geben sie uns doch ein paar Männer mit, die uns helfen ein Exemplar zu fangen. Umso schneller braucht niemand mehr da hinein, und wir können mit unserer Arbeit beginnen.«
Die anderen Teilnehmer nickten, doch Moroz schüttelte nur den Kopf, »Ich werde für ihre Hirngespinste keine meiner Leute abstellen und eventuell auch noch in Gefahr bringen«, er machte eine kurze Kunstpause, als ob er mehrere Optionen in seinen Gedanken durchgehen würde, »aber sie haben Recht. Ohne unsere Unterstützung wären sie verloren. Wir werden sie mit ein paar Waffen ausstatten und sie auch im Gebrauch der Waffen einweisen. Natürlich erhalten sie auch Stadtpläne und genug Verpflegung. Aber mehr können wir für sie nicht tun. Und nur zu ihrer Information«, jetzt wurde sein Tonfall ruhiger und wirkte bedrohlich, »wir haben uns verpflichtet, sie mit allem auszustatten, was sie brauchen, und sie nach Prypjat zu bringen. Mehr nicht.«
»Wieso soll denn überhaupt jemand dort bleiben?« Marie Chudy meldete sich zum ersten Mal zu Wort, »Warum fahren wir nicht mit zwei oder drei Soldaten zusammen rein, holen uns ein Exemplar und fahren wieder zurück?«
»Weil die Viecher nicht so einfach zu kriegen sind«, Moroz setzte sich wieder, »wenn es so einfach wäre, sie zu schnappen, dann hätten sie bei ihrer Ankunft schon ein paar Exemplare vor ihnen liegen gehabt. Oder noch besser, es würde keines mehr leben.« Moroz blickte in die Runde und schaute in die ungläubigen Gesichter, »Sie verkriechen sich meistens tagsüber. Wir haben sie schon gesucht, aber gesehen hat sie noch keiner in den letzten...«, er unterbrach sich selbst, »Sie sind sehr aggressiv. Wir haben bei der Suche bereits vier Soldaten verloren.«
»Was meinen sie mit verloren?«
»Nun, zwei sind...« er unterbrach sich selbst erneut, sah zu dem älteren Mann, der kaum merklich den Kopf schüttelte. Dann räusperte er sich, »Wir wissen es nicht genau«, er zuckte mit den Schultern, »sie sind einfach verschwunden.«
Die Wissenschaftler sahen sich mit teils verwunderten, teils mit verängstigten Blicken an. Moroz blickte lange stumm durch die Runde, dann schnaufte er durch und erhob sich wieder, »Nun, aber wir werden sie so gut ausstatten, dass für sie absolut keine Gefahr bestehen wird. Morgen werden wir sie in alles einweisen, was sie wissen und können müssen, danach werden wir sie nach Prypjat fahren. Ruhen sie sich heute noch aus. Es wird anstrengend werden. Bis morgen früh um sechs.«
Er steckte den Laserpointer, den er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, wieder in die Uniformjacke, nahm seine Unterlagen und ging, gefolgt von dem alten Mann, aus dem Besprechungsraum. Die Gruppe blieb sprachlos zurück.
Kapitel 24
Keiner der anwesenden Ärzte war es gewohnt, um halb sechs geweckt zu werden. Noch viel weniger konnten sie sich mit dem knappen Zeitplan, der hier in der Kaserne herrschte, anfreunden. Zehn Minuten zum Duschen, Zähneputzen und Anziehen. Wenigstens mussten sie nicht stramm stehen. Doch sie mussten, wie die anderen Soldaten, sich zum Morgenappell auf dem Exerzierplatz einfinden. Sie übertrumpften sich im Gähnen und versuchten, sich irgendwie auf den Beinen zu halten. Der einzige, der recht fit schien, war überraschenderweise Sebastian Heip. Dieser schüchterne, arrogant wirkende Jüngling, den alle in der Gruppe zum ersten Mal in Jeans und lockerem Pulli sahen, schien hier aufzublühen. Koch überlegte, ob er Heip jemals zuvor hatte lächeln sehen. Moroz kam zu der Gruppe und stellte sich vor ihnen auf, »Guten Morgen, ich hoffe, sie haben gut geschlafen. Heute haben sie ein anstrengendes Programm vor sich. Wer von ihnen war beim Militär?«
Der einzige, der die Hand hob, war Heip. Alle sahen ihn erstaunt an, nur Moroz schüttelte den Kopf. Er flüsterte etwas auf ukrainisch vor sich hin. Alle bleiben ruhig, nur Anastasia schmunzelte leise. Schließlich beruhigte sich Moroz und baute sich wieder in voller Größe vor der Gruppe auf, »Dann müssen wir ganz von vorne anfangen«, sein Tonfall und seine Mimik zeigten, dass er darüber sichtlich nicht erfreut war, »Wir werden sie heute und morgen mit der Stadt vertraut machen und ihnen zumindest die Grundlagen für den Umgang mit Waffen versuchen beizubringen«, er lächelte, »zumindest soweit, dass sie keine Gefahr für sich selbst darstellen. Fangen wir mit der Kleidung an«, Moroz musterte
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