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Der Tschernobyl Virus

Der Tschernobyl Virus

Titel: Der Tschernobyl Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Huehne
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Selbst als Kind hatte er nie mitgespielt, wenn die anderen Cowboy und Indianer gespielt hatten oder Räuber und Gendarme. Er verabscheute jegliche Form von Gewalt.
    Marie zitterte sichtlich, als sie die Waffe in der Hand hielt. Sie war als Kind bei den Indianerspielen immer die Squaw gewesen, die es zu retten galt. Unwillkürlich musste sie daran denken und grinste. Sie sah von einem zum anderen. Jeder reagierte etwas anders auf die Waffe in seiner Hand, doch alle fühlten sich sichtlich unbehaglich. Ihr Blick traf zuletzt Heip, und sie konnte nicht glauben, was sie sah. Er drehte die Pistole am Lauf in seiner Hand, wie ein Cowboy in den Wildwestfilmen. Er lächelte. Dann traf sein Blick den ihren und fast peinlich berührt ließ er die Waffe sinken und sah wieder zu Moroz. Marie wusste nicht, was sie von Heip halten sollte. Die ganze Zeit hatte Heip gewirkt wie ein schüchterner, arroganter Schlipsträger, der sich für etwas Besseres zu halten schien. Doch seitdem er hier in Uniform war, wirkte er aufgedreht wie ein kleines Kind, dem man gerade eine Tonne Süßigkeiten hingestellt hatte.
    Die Schießübungen erwiesen sich meist als eine Katastrophe. Koch war mit seinen Treffern am äußeren Rand der Zielscheiben noch einer der Besseren. Die meisten verfehlten bei den ersten Versuchen die Zielscheiben in vierzig Metern Entfernung weit. Überraschend waren Heips Ergebnisse, der zielsicher die Mitte der Zielscheibe traf. Fast jeder Schuss war ein Treffer. Das erkannte auch Moroz. Er nahm Heip aus dem Training und bat ihn, den anderen aus der Gruppe etwas beim Üben zu helfen. Als Heip zu Koch kam und half, wirkte er wie ein anderer Mensch. Heip war hilfsbereit und geduldig, erklärte alles ganz genau und schon nach wenigen Schüssen waren erste Erfolge zu erkennen. Heip lächelte Koch an, klopfte ihm anerkennend auf die Schulter und ging weiter zu Ming Shu. Koch ließ die Waffe sinken und sah sich Heip an. Dieser Typ war doch tatsächlich ein Teamplayer. Jemand, der half, dass sich die anderen weiterentwickelten und einer, der dadurch das Team verstärkte. Koch entschied sich, seine Einstellung gegenüber Heip noch einmal zu überdenken.
     

Kapitel 25
     
    Es war fünf Uhr früh, oder wie Marie meinte, fünf Uhr in der Nacht, als sie alle geweckt wurden. Sie duschten sich, zogen ihre Uniformen an und gingen zum Frühstück. Koch wusste nicht, ob er wirklich hier in einer Kaserne in der Ukraine um halb sechs Morgens in Uniform gekleidet frühstückte, oder ob das alles ein Traum war. Ein Alptraum eher. Aber auch seine Kollegen sahen nicht gerade besser aus. Diesmal wirkte selbst Heip müde, und unrasiert, wie Koch merkte. Heip hatte anscheinend gemerkt, dass Koch in beobachtete und lächelte ihn an. Koch lächelte zurück, schaute dann aber schnell zu Ming Shu. Sie aß sehr langsam, wirkte fast wie in Trance, wohl eher noch im Halbschlaf. Ein schriller Pfiff aus einer Trillerpfeife beendete die gemütliche Frühstücksrunde. Alle erhielten einen großen Sack mit zwei Ersatzuniformen und innerhalb von fünf Minuten mussten sie ihre Hygienesachen zusammenpacken. Danach stiegen sie auf die Ladefläche eines kleinen Truppentransporters und fuhren ihrem Abenteuer entgegen. Keiner aus der Gruppe fühlte sich wohl, als sie auf der Ladefläche des Truppentransporters in die Stadt einfuhren. Die Tarnuniformen, die jetzt alle trugen waren aber nicht der Hauptgrund. Die Stadt an sich ließ alle erschauern. Die Hauptstraße, die in die Stadt führte, war in Ordnung. Doch schon auf dem Bürgersteig wucherten zwischen den Pflastersteinen Gras und Unkraut. Die Natur eroberte sich ihren Platz zurück, den ihr die Erbauer von Prypjat genommen hatten. Gleich nach der Einfahrt kam auf der rechten Straßenseite eines dieser typischen Wohnhochhäuser. Die Fenster, die einen kleinen Blick in die verlassenen und vor sich hin vegetierenden Wohnungen freigaben, waren ohne Fensterglas. Der Putz bröckelte sichtbar von vielen Stellen ab. Anastasia schmunzelte, als sie die große Schrift an dem Haus las. Sie übersetzte für ihre Kollegen, »Lenins Partei - Die Kraft des Volkes führt uns zum Triumph des Kommunismus. na ja, es verliert etwas es reimt sich sehr schön im Original.«
    »Hier lebt die alte Sowjetunion weiter, was?« Kempe zeigte verächtlich auf das Haus.
    »Als die Stadt evakuiert wurde«, Anastasia war wieder ernst, »war es noch die UDSSR. Und niemand fand es wichtig, diese Dinge abzumontieren. Wieso auch?«
    »Den Sozialismus

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