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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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mit ihnen sprechen müssen!« knirschte ich. »Und Richter Girigel wollte eigens deswegen einen Mann nach Landshut senden.«
    Der Schreiber machte ein nachdenkliches Gesicht und sagte endlich würdevoll: »Ich hätte Euch ohnehin keinen Zutritt zum Kerker gewähren dürfen.«
    Ich diskutierte nicht mit ihm darüber; es machte keinerlei Sinn. Ich dankte ihm düster und ging. Der Gedanke plagte mich, daß ich zu spät gekommen war. Ich hätte die beiden Männer nicht mehr aus den Augen lassen sollen. Meine einzige Hoffnung war jetzt der Gehilfe, von dem Daniel gesprochen hatte. Selbst wenn seine Spießgesellen untergetaucht waren, mochte er auf der Baustelle zurückgeblieben sein, um die Entwicklungen weiter zu beobachten. Er war im großen und ganzen unauffällig. Ich hoffte, er wäre zurückgeblieben; ich hätte ihn zurückgelassen.
    Ich besuchte die Baustelle, aber sie war verwaist bis auf eine langsam den Platz abschreitende Patrouille aus zwei Wappnern, die mich nicht beachteten. Daniel hatte recht gehabt; ich konnte frühestens morgen hoffen, mit dem jungen Mann zu sprechen. Ich kehrte um und ging mein Pferd holen. An der Einmündung zum Ländtor blieb ich unschlüssig stehen und überlegte, ob ich Jana Dlugosz aufsuchen sollte; aber ich hätte es nicht tun können, ohne auf Albert Moniwid zu stoßen, und ihm wollte ich unbedingt ausweichen. Ich informierte Hanns Altdorfer, den ich an seinem üblichen Platz im Rathaus fand, und wünschte mir hinterher, ich hätte es nicht getan, denn die Nachricht schien ihn zu entsetzen, und es gelang mir weder ihn noch mich selbst aufzuheitern. Ich ritt nach Hause. Die Hälfte unserer Frist war bereits verstrichen, und wir hatten noch nichts erreicht.
    Am Donnerstagmorgen fand ich mich so früh wie möglich in der Stadt ein, um die Baustelle aufzusuchen. Als ich am Rathaus vorbeiritt, öffnete sich ein Fenster, und Hanns Altdorfer winkte heraus und rief mir etwas zu. Ich kehrte um, band mein Pferd fest und betrat das Gebäude. Um diese Stunde war noch keiner der Schreiber anwesend, nur vom oberen Stockwerk hörte ich die Geräusche der Arbeiter, die mit dem Umbau des Ratsherrensaals beschäftigt waren. Hanns Altdorfer entließ zwei Stadtknechte, als ich eben zu ihm eintreten wollte. Er blickte ihnen mit einem verdrossenen Gesichtsausdruck hinterher, dann bot er mir mit einer brüsken Handbewegung einen Platz an.
    »Was gibt es?« fragte ich. »Ich bin in Eile.«
    »Ich wollte dich unterrichten, daß ich gestern abend nur mit Mühe die Ratsherren davon abbringen konnte, die Stadttore vor der Prinzessin zu schließen.«
    »Was?«
    »Ich weiß nicht, was sie sich davon versprochen haben. Wir haben bis in die Nacht gestritten; vor allem Contzen von Asch hat sich mit seinem großen Mundwerk hervorgetan.«
    Ich schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Hoffentlich wird das nicht ruchbar. Wenn es Moniwid erfährt, ist der Teufel los.«
    »Ich weiß. Ich bin froh, daß sie schließlich auf die Vernunft gehört und sich zum Nachgeben haben bewegen lassen.«
    Ich dachte an die Tote und an das leerstehende alte Haus.
    »Glaubst du, wir haben es hier mit einer Verschwörung zu tun, in die noch ein paar der reichen Bürger verstrickt sind?«
    Er verzog den Mund und hob die Schultern.
    »Kaum«, sagte er dann. »Wenn ich mich nicht irre, war die gestrige Aktion nur der Ausdruck überschätzten Bürgerstolzes, den ein paar aufgeblasene Streitgockel angefacht haben.«
    Ich schmunzelte unwillkürlich. Seine Empörung amüsierte mich trotz meiner Ungeduld, zur Baustelle zu gelangen.
    »Das ist die richtige Aufgabe für dich«, sagte ich. »Den überschäumenden Bürgerstolz zu dämpfen.«
    Er schnaubte angewidert.
    »Glaub das nur nicht. Ich habe offenen Mundes gestanden vor soviel Sturheit. Vermutlich haben sie mir nur zugestimmt, weil sie mich bedauerten.«
    Ich lachte und schüttelte den Kopf.
    »Wer waren denn die Rädelsführer?«
    »Die sattsam bekannten Querköpfe: von Asch, der alte Kettner, Heinz Moosburger ... schon ihre Großväter haben damals beim Aufstand auf die eine oder andre Weise mitgemacht. Streitsüchtigkeit scheint sich zu vererben.«
    »Wolfgang Leutgeb?« fragte ich aus einer plötzlichen Eingebung heraus.
    »Der ist leider nicht in der Stadt; er hätte wohl noch am ehesten Partei für den Herzog ergriffen.«
    »Ich habe vorgestern mit ihm gesprochen«, sagte ich befremdet. Altdorfer hob die Augenbrauen.
    »Ich habe nach ihm schicken lassen, und es hieß, er sei

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