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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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schneller, ohne es zu merken, und zuletzt rannte ich mit wehendem Mantel über die breite gepflasterte Straße und langte atemlos bei meinem ICnecht an. Ich sandte ihn nach Hause, und er war sichtlich froh, seiner Aufgabe und meiner aufgeregten Gegenwart endlich zu entgehen.
    Vor Hanns Altdorfers Arbeitszimmer hielten mich seine Schreiber auf.
    »Ihr könnt nicht hinein«, sagten sie. »Der Richter ist bei ihm.«
    »Der Richter?« rief ich. »Richter Girigel?«
    »Nein«, hörte ich zu meiner Enttäuschung. »Richter Trennbeck.«
    Im ersten Augenblick wollte ich sie ignorieren und zum Stadtkämmerer hineinstürmen, aber dann besann ich mich eines besseren. Vielleicht war es ganz gut, ein paar Augenblicke abzuwarten und meine Gedanken zu sammeln; wenn Reckel die Wahrheit gesagt hatte, kam es auf ein paar Minuten oder gar Stunden nicht mehr an, denn ich würde den Namen des Gesuchten frühestens morgen erfahren. Wenn er gelogen hatte und zu fliehen beabsichtigte, würde ich ihn nur aufhalten können, wenn ich ihm sogleich die Wappner auf den Hals schickte: Ich hätte ihn dann wohl in Gewahrsam, und ich könnte ihm vielleicht die Tat anhängen, aber die Wahrheit würde ich niemals erfahren. Ich stellte zum wiederholten Male fest, daß ich seiner Aussage glauben wollte, er sei am Tod der polnischen Gräfin unschuldig.
    Nach einer geraumen Weile führte Altdorfer den Richter aus seinem Zimmer heraus und verabschiedete ihn. Trennbeck wirkte aufgebracht; er stapfte eilig aus dem Raum, ohne sich noch einmal umzusehen. Als der Stadtkämmerer mich erblickte, hellte sich sein Gesicht auf.
    »Peter«, sagte er überrascht. »Warum wartest du hier? Wärst du doch hereingekommen.«
    Ich winkte ab. »Ich wollte Euch nicht stören.«
    Er schüttelte mir die Hand, drängte mich in seine kleine Stube hinein und ließ sich schwer hinter seinem Tisch in den Stuhl fallen.
    »Du hättest nicht gestört«, sagte er. »Vielleicht hättest du uns sogar geholfen nachzudenken. Wir wissen nun definitiv, daß Kaiser Friedrich am Sonntag hier in Landshut eintreffen wird, und wie es heißt, befindet sich der türkische Kaiser auch in seinem Gefolge.«
    »Die Türken haben keinen Kaiser«, erwiderte ich unwillkürlich.
    »Was weiß ich; jedenfalls scheint es sich um einen hohen Würdenträger des türkischen Reichs zu handeln, wenn er sich in Begleitung von Kaiser Friedrich befindet. Niemand hat etwas davon gewußt; wir waren gezwungen, schnellstens ein passendes Quartier für ihn zu finden. Trennbeck hat alle Teufel aus der Hölle herauf geflucht, als er es erfuhr.«
    »Ich dachte, der Herzog hat einen reitenden Boten beim Kaiser, der ihn über alles informiert?«
    »Ja, aber in all der Verwirrung, die herrschte, als die herzoglichen Räte erfuhren, der Kaiser und der Brautzug könnten versehentlich in Ingolstadt aufeinandertreffen und dann die Quartiere nicht ausreichen, ist diese Nachricht wohl untergegangen.«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Habt Ihr nun ein Quartier für den Mohren?«
    »Noch nicht. Trennbeck ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden – um so weniger, als er gestern erfahren hat, daß er der Kurfürstin von Sachsen während der Hochzeit als Ordonnanz aufwarten darf. Was kann ich für dich tun, Peter?«
    Ich mußte vorsichtig sein. Wenn ich ihm zuviel verriet, würde er eine Abteilung Wappner zu Leutgebs Haus senden und Johannes Reckel festnehmen lassen. Er war kein Narr und gewiß niemand, der gerne das Verhängnis über jemanden brachte, aber in seinem Zustand und unter dem Zeitdruck, in dem er stand, würde er nicht lange zögern. Er hatte Reckel nicht gesehen und ihn nicht sprechen gehört. Ich mochte sein Freund sein, aber er war auch für die Stadt und ihre Bürger verantwortlich, und ich konnte nicht verlangen, daß er mir bedingungslos vertraute. Ich an seiner Stelle hätte es nicht getan.
    »Ich weiß, wie wir an den Mörder kommen«, sagte ich.
    Er schluckte hart und machte eine plötzliche fahrige Bewegung über die Pergamente und Holztafeln auf seinem Tisch hinweg.
    »Bist du sicher?« stieß er hervor.
    »Nein«, erwiderte ich. »Aber es scheint vielversprechend zu sein.«
    Als ich schwieg, fragte er ungeduldig: »Und?«
    »Es gibt nur ein Problem«, sagte ich.
    »Welches?«
    »Die Männer, die mir helfen könnten, liegen hier in der Schergenstube.«
    »Was? Wie kommt das?«
    »Man hat sie vorgestern nacht verhaftet.«
    »Wieso weiß ich nichts davon?« rief er aufgebracht und knurrte gleich danach: »Das war

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