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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Hand aus der Tasche nahm, hätte ich das Siegel beinahe wieder mit herausgezogen; ich zitterte zu stark.
    Altdorf er kam erst nach etlichen Augenblicken wieder; er hielt ein Pergament in der Hand und blies darauf, bevor er es mir reichte.
    »Ich habe den Passierschein gleich ausstellen lassen«, sagte er.
    Ich dankte ihm und brach auf; ich hatte es auf einmal eilig, aus seiner Nähe zu verschwinden. Ich fühlte mich, als hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen.
    Zumindest besaß ich nun den Erlaubnisschein, mit den Gefangenen zu sprechen. Ich würde sie aufsuchen, ihnen ihre Situation klarmachen und ihnen erklären, daß ich versuchen wolle, sie aus dem Gefängnis herauszuholen. Natürlich würde ich sie fragen, ob sie mir den Namen des Gesuchten verraten könnten, obgleich ich nicht damit rechnete, daß sie tatsächlich dazu in der Lage waren. In dieser Hinsicht hatte Reckel bestimmt nicht gelogen. Ich wollte mir die Chance dennoch nicht entgehen lassen; die andere Alternative war, in der Weise von dem gestohlenen Siegel Gebrauch zu machen, die mir in den Sinn gekommen war, als Altdorfer das Zimmer verlassen hatte, und davor schreckte ich noch zurück. Aber ich wußte, daß ich es tun würde, wenn mir nichts anderes übrigblieb.
    Ich würde mich in eine stille Ecke setzen, dem Passierschein einen Absatz anfügen, in dem stünde, der Kaufmann Peter Bernward habe Vollmacht, die Freilassung der Gefangenen anzuordnen, und würde es mit dem Siegel des Toten gültig machen. Es bedeutete, meinen Freund Altdorfer und auch Richter Girigel aufs Übelste zu hintergehen, aber ich hoffte, diese Handlungsweise würde mich zu dem Ziel führen, an dem wir alle interessiert waren
    Ich seufzte; meine Nackenhaare stellten sich auf, als ich daran dachte. Ich brauchte mir noch nicht einmal vorzusagen, was mir geschehen würde, wenn die Wappner hinter meine Fälschung kamen; wer Gott lästerte, verlor seine Zunge, wer aber die Obrigkeit vorführte, seine rechte Hand. Die Strafe bedrückte mich nicht einmal so sehr. Ich dachte an das Gesicht Hanns Altdorfers, würde er davon erfahren.
    Es gab anderes, an das ich denken mußte. Ich hatte die Zeit auf der Bank vor Altdorfers Amtszimmer nicht untätig zugebracht; mir war klargeworden, daß ich die Männer nicht einfach auf freien Fuß setzen durfte, ohne eine Verhandlungsoption zu behalten.
    Drei Gefangene lagen in der Schergenstube der Landshuter Wappner. Ich würde nur zwei davon befreien und zu Johannes Reckel bringen.
    Ich befühlte das gestohlene Siegel in meiner Tasche und machte mich auf den Weg zum Landshuter Stadtgefängnis.
    Unter normalen Umständen befand sich die Schergenstube gleich unterhalb des Rathauses. Die Umbauarbeiten und die Vorbereitungen zur Hochzeit hatten es jedoch ratsam erscheinen lassen, sie von dort zu verlegen; desgleichen der Gedanke an die Sicherheit der Gäste. Ich kannte die Überlegungen nicht, die dahintersteckten, aber man hatte sich dafür entschieden, in der Freyung eine Schergenstube zu eröffnen, in einem der größeren Häuser neben der Kirche, in dem auch eine Abteilung auswärtiger Wappner untergebracht war.
    Ich wurde recht ungnädig von den Wappnern behandelt, bis ich das Schreiben des Stadtkämmerers aus der Tasche zog und es ihnen unter die Nasen hielt. Sie hatten gedacht, ich sei einer der üblichen Angehörigen, der seinen wegen Trunkenheit festgenommenen Sohn oder einen des Diebstahls von Hochzeitsverpflegung überführten Knecht auslösen wolle. Hanns Altdorfers Siegel nötigte ihnen ein wenig mehr Respekt ab, und sie brachten mich vor ihren Wachführer, der in einer kleinen Stube mit tanzendem Federkiel etwas in eine Liste kritzelte.
    »Ich möchte mit den Gefangen sprechen, die vorgestern nacht hier eingeliefert wurden«, sagte ich und zeigte ihm das Schreiben vor. Er las es sorgfältig durch, bevor er es mir wieder zurückgab. Ich sah es mit Besorgnis; er würde nicht so leicht zu täuschen sein. Er warf mir einen Blick zu und grinste.
    »Habt Ihr gedacht, ich könne es nicht lesen?« fragte er.
    »Ich habe mir gar keine Gedanken darüber gemacht«, erwiderte ich überrascht.
    »Ich bin Schreiber dort, wo ich herkomme«, sagte er. Ausgerechnet hier mußten sie einen hinsetzen, der in seiner Heimatstadt als Schreiber arbeitete.
    »Meinen Glückwunsch«, sagte ich. Er zuckte mit den Schultern.
    »Wie heißen die Burschen?« fragte er.
    »Ich weiß die Namen nicht.«
    Er hob die Augenbrauen.
    »Und weshalb wollt Ihr sie dann

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