Der Tuchhändler (German Edition)
Lust unterging. Sie trug auch mich mit sich davon: Ich drückte sie an mich und preßte mich so tief in sie hinein, wie ich konnte, und noch im letzten Aufbäumen ihres Leibes verschwamm ihr Gesicht vor meinen Augen, und ich fühlte alle Dämme brechen und zuckte und keuchte und verströmte mich in sie.
Als ihre Züge wieder Gestalt annahmen, sah ich die Tränen in ihren Augen, aber erst als sie den Arm hob und über mein Gesicht wischte, erkannte ich, daß auch ich geweint hatte.
Lange Zeit danach lag ich wach in meinem Bett und fühlte die Berührung ihrer nackten Haut an meiner Seite. Sie schlief unruhig und zuckte im Traum, aber sie wachte nicht davon auf. Ich dachte an Maria. Mein Entschluß, das Bad zu verlassen und mit Jana in diesen Raum, in dieses Bett zu gehen, das so viele Erinnerungen an Maria und mich beherbergte, war aus meinem Herzen gekommen. Hatte ich mich damit an der Erinnerung an meine Frau vergangen? Aber ich spürte die Liebe zu Maria noch immer so stark in mir wie zu allen Zeiten; die Liebe zu Jana hatte sie nicht verdrängt, und sie störte auch nicht meine Gefühle für die junge Frau. Sie war einfach da, eingeschlossen in meine Erinnerungen und meine Träume wie in goldenen Bernstein, und sie quälte mich nicht mehr. Vor allem in der Zeit gleich nach Marias Tod hatte ich mir manchmal gewünscht, ich hätte sie nicht so sehr geliebt, damit ich jetzt nicht so sehr leiden müßte, doch nun war ich froh über diese Liebe. Sie hatte mir die größte Erfüllung gegeben, die ich gekannt hatte, und zugleich den größten Schmerz, aber beides gehörte zu mir und machte das aus, was ich war. Ich akzeptierte sie mit beiden Facetten, wie es sich gehörte, und sie stärkte mich und machte mich bereit für diese neue Erfahrung, diese neue Liebe, derer ich soeben teilhaftig geworden war. Ich drehte mich um und versuchte, Janas Gesicht zu sehen, doch es war zu dunkel im Bettkasten.
Ich dachte: Maria, ich liebe dich noch immer.
Und ich dachte: Jana, ich liebe dich.
Am Samstag morgen waren die polnischen Wachen wieder vor dem Tor der Stadtresidenz aufgezogen. Es war wie beim ersten Mal: Die Wachen ließen mich nur nach längerem Hin und Her eintreten. Diesmal fanden keine Übungen im Innenhof der Residenz statt; er war verwaist, und die zerschundene Stechpuppe stak einsam auf ihrem Pfahl wie eine aufwendige Vogelscheuche an einem Ort, an den sich niemals Vögel verirren würden. Der Wächter brachte mich ins Innere des Wohnhauses, führte mich eine Treppe hoch und ließ mich schließlich vor einer Tür stehen, hinter der er verschwand. Ich wartete eine Weile, in der zwei der polnischen Ritter, mit denen ich bereits zu tun gehabt hatte, an mir vorbeimarschierten und die Treppe hinunterstiegen. Ich nickte ihnen zu, und sie nickten gleichmütig zurück, warfen mir aber noch in Hinuntergehen Blicke über die Schulter zu.
Als ich in das Zimmer eintreten durfte, erkannte ich den Grund für die merkwürdige Stimmung unter den Polen. Albert Moniwid lag mit grimmigem Gesicht in einem Bett, das man an eine Wand geschoben hatte, und starrte mir verbissen entgegen. Sein rechter Arm lag auf seiner Brust, mit Lederriemen an den Körper geschnürt. Er machte keinen seiner groben Scherze, als er mich erblickte, und ich wußte, es ging ihm nicht gut. Er nickte dem Wächter zu, und dieser verbeugte sich und verließ den Raum.
»Der Kaufmann«, sagte Moniwid heiser. »Was wollt Ihr?«
»Was ist mit Euch passiert?«
»Ein kleiner Unfall gestern während eines Übungsstechens. Nichts Ernstes«, antwortete er. Ich sah ihm in die Augen und wußte, daß er log. Er hatte dunkle Schatten um die Lider, und auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Selbst sein gewaltiger Schnauzbart schien erschöpft herabzuhängen.
Ich empfand keine Befriedigung bei seinem Anblick. Er hatte mich mit seinem erbarmungslosen Spott bis aufs Blut gereizt, aber jetzt brauchte ich ihn.
»Hat die Stechpuppe wieder nach Euch geschlagen?« fragte ich ihn.
Er sagte zwischen den Zähnen: »Nein.«
»Was ist es dann?«
»Was wollt Ihr von mir, zum Teufel?« rief er.
»Interessiert es Euch, wie weit ich mit meinen Ermittlungen gekommen bin?«
Er machte eine ruckartige Bewegung und verzog das Gesicht. Unbewußt faßte er mit der linken Hand nach seiner rechten Schulter und drückte vorsichtig dagegen. Er schloß die Augen und atmete schneller.
»Und – wie weit seid Ihr?« fragte er lustlos.
»Morgen weiß ich, wer den Mord begangen hat«, sagte
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