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Der Tuchhändler (German Edition)

Der Tuchhändler (German Edition)

Titel: Der Tuchhändler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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in Schach gehalten, bis der gesamte Haushalt zusammengelaufen wäre. Ich hatte seine Bemühungen immer belächelt; nun plötzlich hatte ich das starke Bedürfnis, die Hunde zu küssen, und ich kniete mich schwerfällig auf den Boden. Die beiden kamen auf mich zugetrottet und schmiegten sich in meine ausgebreiteten Arme, und ich klopfte ihnen auf die sehnigen Rücken und streichelte ihr Fell, roch den dumpfen, säuerlichen Hundegeruch, der von ihren Körpern ausging, und fühlte, daß sie mir ein wenig Sicherheit zurückgaben.
    Ich hatte erwartet, daß ich nicht würde schlafen können; statt dessen lag ich wie bewußtlos in meinem Bett, bis mich der Lärm meines erwachenden Haushalts im Morgengrauen weckte. Während des Essens war ich schweigsam; ich hörte weder, was um mich herum gesprochen wurde, noch gab ich selbst einen Kommentar ab.
    Die Männer, die mich gestern
    – überfallen?
    hatten. War es tatsächlich ein Überfall gewesen? Nicht, daß ich es für unmöglich hielt, daß Straßenräuber mit süffisantem Spott um ein Gespräch bitten würden. Wer den Knüppel in der Hand hält, kann sich einen gesunden Humor leisten. Was mich stutzig machte, war die Tatsache, daß sie meinen Namen gekannt hatten. Strauchdieben wäre er nicht nur unbekannt, sondern zudem in höchstem Maße egal gewesen; es zählte, was im Beutel drin war, nicht, was darauf stand. Also waren es keine Strauchdiebe gewesen – wenigstens keine gewöhnlichen.
    Wenn sie meinen Namen herausgefunden hatten, konnte es sich nur um eine Frage der Zeit handeln, bis sie auch wußten, wo ich lebte. Was würden sie dann tun? Meinen Hof belagern? Sei nicht albern, sagte ich mir. Selbst wenn sie auf eine derartige Idee kommen, du hast genug kräftige und ergebene Männer, um dich von einem Ende der Altstadt zum anderen durch eine Schar von Stadtknechten zu schlagen. Aber der Gedanke, in meinem eigenen Heim plötzlich zur Zielscheibe dunkler Absichten zu werden, war äußerst beunruhigend. Jedoch war es wahrscheinlicher, daß sie mir irgendwo auflauern würden; eine Variante, die mich noch heftiger beunruhigte. Sollte ich in Zukunft nur noch in Begleitung erwachsener Männer meinen Hof verlassen oder nur noch im hellen Tageslicht? Verlassene Gassen und Plätze meiden? Und selbst wenn: Auch im dichtesten Gedränge konnte man ein Messer zwischen die Rippen bekommen, wenn der Täter nur kaltblütig genug war.
    Ein drittes Szenario tauchte in meinem Geist auf: Ein Attentäter, der sich lautlos auf den Hof schlich, in das Haus und in meine Kammer und mir die Kehle durchschnitt, um wieder ungesehen zu verschwinden, vorbei an den vergifteten (erschlagenen, erdolchten) Hunden, während ich ebenso lautlos in meinem Bettkasten verröchelte und mein Blut gemächlich aus dem Türspalt auf den Boden tropfte. Ich schüttelte mich und verschüttete etwas Suppe, die eine der alten Frauen mit vorwurfsvollem Blick und einem Kanten Brot auftunkte.
    Was hatten sie von mir gewollt? Die Frage ließ sich nur im Zusammenhang mit einer anderen beantworten. Wer hatte sie geschickt?
    Ich dachte an eine dunkle Gestalt, die hinter einem Fenster stand und den Kerzenschein auslöschte.
    Nach dem Frühstück brach ich auf und besuchte Hanns Altdorfer. Die Stadt war still, ohne den Bauernmarkt leblos; die Geschäfte würden nach dem morgendlichen Kirchgang öffnen, und dieser hatte eben erst begonnen. Das Rathaus war unverschlossen. Der Wappner, der neben der Tür an der Mauer lehnte, schien eher dekorativen Zwecken denn als Wächter zu dienen: er beantwortete meine Frage nach dem Stadtkämmerer mit einem bejahenden Brummen und zuckte nicht einmal, als ich die Tür aufstieß und ins Innere des Hauses vordrang. Die Schreibstube war leer, die Schreiber noch bei ihren Familien oder in der Kirche. Zum ersten Mal fiel mir der provisorische Schlafplatz in einer Ecke des weiten Raumes auf. Ich trat näher heran und erkannte den Mantel meines Freundes auf der Strohmatratze; dafür, daß dies nun für längere Zeit seine Schlaf statte sein würde, war sie äußerst spartanisch eingerichtet. Ich kannte Hanns Altdorfer: Er würde es noch nicht einmal bemerken, daß er nicht besser schlief als ein Knecht. Ich schüttelte den Kopf und drückte an die Tür seines Arbeitszimmers. Zu meinem Erstaunen war sie verschlossen; ich klopfte dagegen und bekam keine Antwort.
    Als ich zurücktrat, vernahm ich Stimmen aus dem Obergeschoß. Ich stieg die breite Treppe hinauf und stolperte an ihrem oberen Ende in

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