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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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jedenfalls nicht, wie man sieht», sagte Merrily.
    «Nein, ich mag die Dunkelheit.»
    «Ja, das passt.»
    Lol stellte den Motor ab. «Als   …» Er zögerte. «Kurz nach meiner Ankunft hier   … bin ich einmal im Dunkeln spazieren gegangen. Na ja, genau genommen, war es nicht ganz dunkel, es war ungefähr so wie jetzt gerade. Ich bin dort drüben entlanggegangen.» Er deutete durch die Windschutzscheibe auf eine Reihe Pappeln. «Dann über die Flussbrücke, und dahinter hat mich ein Weg bis in den Wald geführt. Da habe ich mich ein bisschen verirrt.»
    «Das ist ja auch deine Spezialität, dich zu verirren», sagte Merrily sanft.
    «Findest du?»
    «Aber dabei sind schon ein paar wundervolle Songs herausgekommen. Frag Jane. – Und wie ist es weitergegangen, als du dich verirrt hattest?»
    «Dann bin ich auf dieses aufgegebene Hopfenfeld geraten. Alle Pflanzen waren herausgerissen oder vertrocknet, die Stangen und die Rankgestelle waren nackt und kahl.» Er hielt inne. «Und dann war da eine Frau   … Stephanie Stock. Sie war nackt.»
    Merrily erstarrte. Mit einem Mal verdichtete sich die Sommernacht um das Auto und war so trübe und undurchdringlich wie Novembernebel.

25   Alles verdorben
    Weiter unten, hinter dem Gasthof, begann am alten Hafen ein Pfad. Wenn man ihm einige hundert Meter folgte, erreichte man eine ziemlich einsame Bucht. Jedenfalls
wirkte
sie abends einsam – wahrscheinlich stand hinter der nächsten Landzunge eine riesige Ölraffinerie.
    «Das kannst du nicht machen.»
Eirion stand mit dem Rücken zum spiegelglatten Meer. Außer ihnen beiden war niemand am Strand. So was gab es in Pembrokeshire noch.
    Jane kletterte auf einen Felsen, sodass sie auf Eirion heruntersah. Nach dem Sonnenuntergang leuchtete der Himmel immer noch, und zwar beinahe lindgrün.
    «Was?»
Sie hoffte, dass ihre Augen in diesem Licht gefährlich glitzerten.
    Eirion trat einen Schritt zurück und stand beinahe mit seinen Turnschuhen im Wasser. «Na ja, gut, du
kannst
es natürlich machen.» Sein walisischer Akzent kam immer durch, wenn er sich aufregte. «Du kannst machen, was du willst. Du bist frei, du bist siebzehn, du bist   …»
    «…   eine Engländerin.»
    Er stöhnte in den leuchtenden Himmel hinauf. «Fang nicht wieder damit an! Bitte,
bitte
, komm mir nicht wieder mit diesem Rassismusquatsch. Sie sind einfach nur dazu erzogen, auf ihre Sprache und Kultur stolz zu sein.»
    «Oh», sagte Jane. «Ihre
Kultur

    Sie waren in Fishguard im Kino gewesen. Na gut, eigentlich nicht im Kino, sondern in einem Kino-
Club
. Sie hatten einen Actionfilm gesehen, und eigentlich war es sogar ein Vorteil, dass der Film auf Walisisch gelaufen und es unmöglich gewesen war zu knutschen, weil zwei kleine Mädchen mit Schokoladenfingern zwischen ihnen saßen. So hatte Jane nämlich über die schrecklichenEreignisse nachdenken können und darüber, dass sie selbst einen Teil der Schuld an ihnen trug.
    Eine Welle strudelte dem überraschten Eirion um die Füße und das Wasser lief in seine Turnschuhe. Er stöhnte erneut. «Jane, bitte lass mich nicht hängen. Bleib wenigstens bis zum Wochenende. Anschließend überlegen wir uns was.»
    «Ich hab mir schon was überlegt. Ich hab mir überlegt, ein Taxi zu rufen. Ich hab mir überlegt, wo die nächste Bushaltestelle ist. Ich hab mir   … alles Mögliche überlegt.»
    «Aber du kannst doch dort überhaupt nichts ausrichten!» Eirion ließ sich in den Sand fallen und zog die Turnschuhe aus, um das halbe Meer auszuschütten.
    «Ich hab sie im Stich gelassen.»
    «Das ist doch Schwachsinn.»
    «Weil ich zu feige war, zu dieser Riddock zu sagen: ‹Lass den Scheiß, das ist gefährlich, das ist
falsch
.›»
    Jane kam von ihrem Felsen herunter und ging über den Strand.
    «Jane, hinterher   …» Eirion schnappte seine Turnschuhe und lief ihr barfuß nach. «Hinterher sind wir immer alle schlauer. Sie wird es dir bestimmt nicht übel nehmen. Glaubst du, sie versteht nicht, wie schwer das für dich ist? Glaubst du, sie hat früher in der Schule nie mit jemandem wie Layla Riddock zu tun gehabt?»
    «Was?»
    «Plus – sie ist deine Mutter. Plus – sie ist, du weißt schon   … eine Christin. Und außerdem noch sehr nett.»
    Jane starrte ihn mitleidig an. «Irene, hab ich gerade auch nur ein einziges Mal meine Mutter erwähnt?»
    «Gnade», sagte Eirion. «Ich bin bloß ein erbärmlicher Außerirdischer auf deinem Planeten.»
    «Na gut.» Jane blieb stehen. «Heute Abend, als ich

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