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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Stocks abgeschlagener Kopf lag mitten auf der Straße. Sie fragte sich, wann das aufhören würde, dass sie Stephanies Kopf überall sah, diesen Kopf, dessen Lächeln zu doppelter Breite aufgeschlitzt war, das eine Auge weit aufgerissen, das andere fehlend.
    Merrily wurde langsam klar, dass Lol und ihr wahrscheinlich das Schlimmste erspart geblieben war. Sie hatten nur Stocks Video gesehen. Die Polizeiaufnahmen waren zwar vermutlich weniger spannend, aber mit Sicherheit viel detaillierter. Sie hatte Frannie Bliss und Andy Mumford auf dem Flur reden hören und so erfahren, dass Stephanie nicht einfach wie Anne Boleyn durch eine fein säuberliche Enthauptung gestorben war, sondern dass sich Stock unten an der Treppe über sie hergemacht hatte wie ein rasender Schlächter aus dem finsteren Mittelalter.
    Und das war direkt nach dem Vorgang geschehen, der in den Zeitungen unweigerlich Exorzismus genannt werden würde. Ein verpfuschter Exorzismus. Howe hatte die Existenz von Stocks Video nicht geheim gehalten; was auf den Bildern zu sehen war, würde unweigerlich durchsickern.
    Und war es dieser mutmaßliche Exorzismus gewesen, so würde gefragt werden, der eine grauenvolle Bösartigkeit wachgerufen hatte, die Gerard Stock schon lange in sich trug?
    Es würde keine Rolle spielen, dass Stock – anders als Michael Taylor – nicht selbst exorziert worden war. Dass es nur ein bescheidenes Gebet um Frieden in Stocks Heim gewesen war. Merrily ballte die Fäuste. Wie hatte das einen Mann in diese mörderische Raserei treiben können?
Wie war das möglich?
    Aber all das würde keine Rolle spielen.
    Das Telefon klingelte.
    Sie wandte sich langsam um. Vielleicht war es ja der Bischof, eben heimgekehrt von der Konferenz über Transsexualität in der Kirche, vermutlich aufgeschreckt von Gerüchten, die ihn beim Genuss seines Single Malts in einer Luxusbar in Gloucester gestört hatten.
    Sie lachte auf und ließ das Telefon klingeln.
    Dann hörte sie Schritte, und Sophie kam herein. «Nicht anfassen!»
    «Hatte ich auch nicht vor.»
    Sophie setzte sich an ihren Schreibtisch, holte zweimal langsam Luft und nahm den Hörer ab.
    «Diözese Hereford, Bischofspalast. Sophie Hill am Apparat.»
    Lol kam herein, er wirkte ein bisschen besser gestimmt.
    «Nein», sagte Sophie, «sie hat leider Urlaub. Kann ich vielleicht etwas für Sie tun?»
    Sie? Die beiden einzigen Frauen, die in dem Torhaus arbeiteten, waren Sophie und Merrily.
    «Wann?», sagte Sophie. «Das kann ich leider nicht genau sagen. Ich weiß, dass sie schon gestern verreisen wollte, aber ich glaube, sie hat ihre Abfahrt aus irgendeinem Grund verschoben   … Nein, das kann ich nicht. Solche persönlichen Informationen darf ich nicht herausgeben.»
    Merrily hielt den Atem an und ging vom Fenster weg. Vielleicht waren sie mit ihrem Handy irgendwo da draußen.
    «Nein, darüber weiß ich leider nicht Bescheid. Zu solchen Dingen müssen Sie Mrs.   Watkins selbst fragen   … nein, der Bischof ist auf einer Konferenz. Er kommt am Donnerstagabend zurück   … Hören Sie, es tut mir leid, aber ich bin hier nur die Sekretärin. Über solche Sachen weiß ich wirklich nicht Bescheid. Vielleicht versuchen Sie es morgen einmal bei unserer Pressestelle. Auf Wiedersehen.» Sophie legte auf. «Der
Daily Telegraph

    «Und warum habe ich Urlaub, Sophie?»
    «Um Sie zu schonen.»
    «Das reicht nicht.»
    «Dann um die Kirche zu schonen, von mir aus», fauchte Sophie. «Ich bin gerade gefragt worden, ob Sie heute im Haus von Gerard Stock und seiner verstorbenen Frau einen Exorzismus durchgeführt haben. Was hätten
Sie
denn auf diese Frage geantwortet?»
    «Ich hätte erklärt, dass es kein Exorzismus war.»
    Sophie und Lol wechselten einen Blick.
    «Ja, das habe ich mir gedacht. Und die hätten kein Wort geglaubt.» Merrily griff nach ihren Zigaretten und funkelte die beiden an. «Soll ich vielleicht einfach davonlaufen?»
    «Ja», sagte Sophie. «Das wäre für den Moment das Beste. Jedenfalls bis Gerard Stock offiziell des Mordes angeklagt ist und die Presse sich bis nach dem Prozess ein bisschen zurückhalten muss.»
    «Und was ist mit dem Bischof?»
    «Den rufe ich in Gloucester an und rate ihm, sich in seinem Hotelzimmer zu verbarrikadieren.»
    «Und wohin fahre ich in den Urlaub? Soll ich mit Jane in Pembrokeshire einen Walisisch-Kurs belegen?»
    «Heute Abend können Sie mit zu mir kommen.»
    Sophie wohnte mit ihrem Mann in einer der Straßen hinter dem Festungspark.
    «Das würde

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