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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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…»
    «Übergeben. Und wie. Sich die Seele aus dem Leib gekotzt, wiemein Enkel es ausdrücken würde. Im Altarraum. Über alles Mögliche. Über mich.»
    «Oh.»
    «Es war eine ziemliche Schweinerei. Und dieser säuerliche Geruch. Es war schwer, danach noch weiterzumachen.»
    «Das kann ich mir vorstellen.»
    «Alle zeigten viel Verständnis und haben versucht, einfach über die Sache hinwegzugehen. Jemand sagte leise,
Ach du meine Güte
, und dann haben alle diskret Platz gemacht. Die Mutter war leichenblass vor Scham, die arme Frau. Sie gehört zu Jeffreys treuesten Gottesdienstbesucherinnen – außerdem putzt sie gelegentlich die Kirche und kümmert sich um den Blumenschmuck. Sie hat das Kind durch den Mittelgang aus der Kirche gezerrt, der Vater lief hinterher, und ich wollte ihnen gerade folgen, als sich auf einmal eine ältere Dame die Hand auf die Brust legte. Ich habe gedacht,
Oh Gott, das fehlte uns jetzt gerade noch
… Aber dann hat sich herausgestellt, dass das Tantchen gnädigerweise doch keinen Herzanfall hatte. Bis ich dann allerdings bei der Tür angekommen war, war die gesamte Familie verschwunden. Also haben wir einfach   … alles geputzt und   … mit dem Gottesdienst weitergemacht. In diesem Moment schien es   …»
    «Das Beste zu sein, was man tun konnte?», sagte Merrily.
    «Glücklicherweise habe ich in der Sakristei ein frisches Chorhemd gefunden. Es waren allerdings nur noch fünf Leute da, die zur Kommunion wollten. Die anderen waren gegangen   … gleich nach dem Vorkommnis.»
    Dennis Beckett hielt inne. Durch die Tür zur alten Spülküche, in der sie ihr Büro eingerichtet hatte, hörte sie ungeduldige Schritte auf dem Fliesenboden der Küche.
    «Sehen Sie, ich weiß, dass das nach nichts Besonderem klingt, Merrily», sagte Dennis. «Und mir ist es im ersten Moment auch nicht weiter bemerkenswert vorgekommen, aber dann dachte ich,es wäre gut, wenn ich die Eltern ein bisschen beruhige. Also habe ich mir ihre Nummer geben lassen und versucht sie anzurufen. Niemand ging an den Apparat. Ich habe mir eine Notiz gemacht, damit ich es am nächsten Tag noch einmal versuche, aber dann muss ich den Zettel irgendwie verlegt haben, und dann kamen andere Dinge dazwischen, und nun habe ich sie erst heute Morgen erreicht.»
    «Mom?» Hinter Merrily öffnete sich die Tür. Jane stand in Jeans und einem gelben, ärmellosen Top da. Sie strahlte etwas Sommerliches aus, aber auch etwas Verwahrlostes, Verlorenes. «Hör mal, ich fahre mit dem Bus nach Hereford, o.   k.?»
    Merrily hob die Hand, um ihrer Tochter zu bedeuten, dass sie warten sollte, bis das Telefonat beendet war. «Entschuldigen Sie, Dennis   …»
    Dennis Beckett senkte die Stimme.
    «Es hat ewig gedauert, bis jemand abgehoben hat. Ich wollte gerade wieder auflegen, als die Mutter ans Telefon ging. Sie war ziemlich kurz angebunden, bis sie mitbekam, wer ich war. Und als es ihr klar wurde, ist sie einfach in Tränen ausgebrochen. Sie konnte nichts dagegen tun. Als ob sie das Weinen seit Tagen unterdrückt hätte. Und sie hat immer wieder gesagt,
‹ Gott sei Dank, dass Sie anrufen. Gott sei Dank. Ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte. Ich weiß nicht mehr weiter.›
Nein, ihre genauen Worte waren:
‹Ich wage mir nicht vorzustellen, was in sie gefahren ist
.›» Er legte eine Pause ein.
    Jane sah Merrily finster an, hob in übertriebener Verzweiflung die Arme und ging aus der Tür.
    «‹Was in sie gefahren ist?›», sagte Merrily behutsam.
    «Das waren ihre Worte. Offenbar ist das Kind nicht mehr wiederzuerkennen. Das Mädchen ist normalerweise eher ruhig, fleißig und sehr zurückhaltend. Ein
nettes
Mädchen. Eine Vorzeigetochter. Sie ist jede Woche mit zum Gottesdienst gegangen, seitsie sieben Jahre alt war. Und mit einem Mal zeigt sie deutliche Anzeichen von   … Abneigung. Behauptet Sonntagvormittags, es gehe ihr nicht gut – sie habe Kopfschmerzen und so weiter.»
    Merrily dachte an Jane. «Ist sie denn auch im Allgemeinen schwieriger geworden? Hat sie Gefühlsausbrüche? Ist sie launisch?»
    «Das vermute ich.»
    «Wie alt ist sie?»
    «Vierzehn.»
    «Also dann   …» Merrily klopfte mit der Spitze ihres Stiftes auf den Schreibtisch und erinnerte sich an vergleichbare Phasen bei Jane. «Ich glaube nicht, dass wir das überbewerten müssen. Es sei denn   …» Ein naheliegender Gedanke war ihr eben erst gekommen. «Könnte sie vielleicht schwanger sein?»
    « Wie bitte?
Oh, ich verstehe   …» Er schwieg einen

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