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Der Turm der Seelen

Der Turm der Seelen

Titel: Der Turm der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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ich, dass ich es problemlos mit dem Miststück aufnehmen kann.»
     
    Lol fuhr. Sein alter Astra war genauso schnell wie der Volvo, aber wenn man auf dem Land wohnte, wusste man, dass ein starker Motor nicht alles war, denn in der Provinz konnten einem auf der Landstraße alle möglichen Hindernisse begegnen. Er konzentrierte sich aufs Fahren, weil er über gewisse Dinge nicht nachdenken wollte, bis es eine Möglichkeit gab, sinnvoll darauf zu reagieren – falls es überhaupt je so weit kommen würde.
    An der Abzweigung Burley Gate sagte Merrily, die in ihrer Tasche nach Zigaretten kramte: «Lol, ich muss   …» Alle möglichen Sachen klapperten in ihrer Tasche. «Hör mal, was da passiert ist   … auf dem Hopfenfeld   …»
    Oh Gott.
    «Da ist doch gar nichts passiert», sagte Lol.
    Ganz und gar nichts.
    «Das stimmt nicht ganz, oder?» Ihr Feuerzeug flammte auf. «Mein Gefühl war   … man könnte es als   … jedenfalls in diesem Moment   … als unpassendes Verlangen beschreiben. Aber versteh mich nicht falsch, es hat Zeiten gegeben, auch vor ganz kurzem, da wäre es mir nicht unpassend erschienen. Überhaupt nicht.» Er hörte sie gegen die Rückenlehne sinken. «Ehrlich, je älter man wird, desto komplizierter ist es, über diese Dinge zu sprechen. Oder geht das nur mir so?»
    «Kann ich eine Zigarette haben?»
    «Du rauchst nicht.»
    «Doch, tue ich.»
    «Seit wann?»
    «Seit du mir eine geben wirst. Nein, schon gut, vergiss es.» Er seufzte. «Wenn du fragen würdest, ob es ganz normale, gesunde, erwachsene Leidenschaft war, würde ich unheimlich gerne ja sagen. Aber   …»
    «Danke», sagte Merrily.
    Es folgte ein langes Schweigen.
    «Und nun?», fragte Lol.
    «Ich weiß nicht.»
    Lol schluckte.
    Nach einer Weile sagte Merrily: «Was hat dir Al erzählt, während ich telefoniert habe?»
    «Na ja   … Zigeunersachen.»
    Er hörte sie Rauch ausatmen. «Al glaubt, dass die Gegenwart in dem Hopfenhaus Rebekah Smith ist, oder?»
    «Anscheinend.»
    «Und auch wenn er Rebekah kannte, und zwar seit ihrer Kindheit, fürchtet er sich jetzt unheimlich vor ihr, stimmt doch, oder?»
    «Er   …» Lol sah Lichter vor sich. Wahrscheinlich war das Hereford. «Der Unterschied ist, dass die
Gaujos
– dass
wir
unseren Geistern zwiespältig gegenüberstehen. Wir haben böse Geister, aber wir haben auch Geister, mit denen man ganz gut klarkommen kann. Aber die Roma   … Vielleicht täusche ich mich ja auch, aber ich glaube, sie haben kein anderes Wort für Geister als
Mulo

    «Und das heißt auch Vampir», sagte Merrily. «Im eigentlichen Sinn.»
    «Sie müssen dir aber nicht das Blut aussaugen, sagt Al. Sie zapfen dir einfach deine Energie ab.»
    «Das ist   …» Er konnte ihr angespanntes Lächeln beinahe spüren. «Ich wollte schon ‹normal› sagen. Wer an solche Sachen glaubt, ist oft auch der Auffassung, dass ein Geist irgendeine Energie aufnehmen muss, um sich zeigen zu können. Deshalb wird so oft von kalten Stellen in Häusern berichtet, in denen ein Geist umgeht. Und in extremeren Fällen von Besessenheiten.»
    «Im Fall der
Mulo
oder
Muli
», sagte Lol, «scheint es um sexuelle Energie zu gehen. Sie sind auf Sex aus, und dabei sind sie unersättlich. Manchmal kommen sie zu ihren früheren Partnern zurück. Und in den alten Zigeunerlegenden kommen sie aus ihren Gräbern, tauchen im Wagen ihrer Geliebten auf und verbringen die Nacht mit ihnen. Am nächsten Tag fühlt sich der oder die Geliebte vollkommen ausgelaugt. Und so geht es immer weiter. Bis sie nur noch ein Schatten ihrer selbst sind. Und irgendwann stirbt der oder die Geliebte. An Erschöpfung. Und wird vielleicht selbst zu einem
Mulo
. Ungefähr das hat Al erzählt. Falls ich es richtig verstanden habe, denn er war kurz vorm Austicken. Und dann bist du vom Telefonieren zurückgekommen.»
    «Das jetzt gleich wird bestimmt kein Spaß», murmelte Merrily. «Es wird sogar bestimmt noch viel schlimmer, als ich gedacht hatte.»
    «Du hast Sally doch gefragt, warum Conrad Lake das Bauernhausabgerissen hat, aber die Hopfendarre stehen ließ – wirklich, warum hat er das gemacht? Ganz besonders, wenn er Rebekah wirklich dort umgebracht und ihre Leiche verbrannt hat. Da würde man doch denken, er würde dieses Haus bei der erstbesten Gelegenheit einreißen, oder? Es sei denn, die Hopfendarre war der Ort, an dem sie sich immer getroffen haben   …»
    «…   und an dem sie sich vielleicht weiterhin trafen?», beendete Merrily den

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