Der Turm der Seelen
worden waren, statt sich an den Bischof, den Dekan oder den Erzdiakon zu wenden.
«Es ist nur, dass ich
irgendetwas
hätte tun sollen», beharrte Merrily. «Huw Owen hat von Anfang an betont, dass wir die Leute niemals allein lassen sollten, ohne vorher …»
«Merrily, im Ernst, wie hätten Sie das denn machen sollen?» Sophie reichte ihr einen Tee in einer weißen Porzellantasse. «Wenn das Mädchen nichts mit Ihnen zu tun haben und die Mutter Sie nicht vollständig ins Vertrauen ziehen wollte …»
«Dennis hat sie aber ins Vertrauen gezogen.»
«Nur weil das Mädchen behauptet hat, von Ihnen bedroht worden zu sein … das ist doch ganz offensichtlich Unsinn. Und wenn Amy so etwas behauptet, wird es noch unglaubwürdiger, wenn sie sagt, Jane hätte sie zu dieser Ouija-Sitzung angestiftet.»
Merrily hielt mit der Tasse an der Lippe inne.
« Sie
glauben also nicht, dass Jane etwas mit dieser Sache zu tun hat?»
«Vor noch nicht allzu langer Zeit», räumte Sophie ein, «hätte es kaum etwas gegeben, das ich Jane nicht zugetraut hätte. Aber nein. Hier ist echte … Bösartigkeit im Spiel. Nicht, dass ich Jane jemals für bösartig gehalten hätte, aber ich glaube, sie ist inzwischen erwachsen genug, um harmlosen Unfug von Böswilligkeit unterscheiden zu können.»
«Danke.»
«Trotzdem sollten Sie so schnell wie möglich mit ihr darüber sprechen. Wo ist sie denn jetzt?»
«Mit ihrem Freund in den Ferien – bei Eirions Familie. In Pembrokeshire.»
«Können Sie Jane dort anrufen?»
«Wenn ich sie nicht erreiche», sagte Merrily, «dann setze ich mich heute Abend ins Auto und fahre hin.»
«Sie sollten auch nicht überreagieren.»
«Sophie! Ich bin gerade beschuldigt worden, eine Jugendliche bedroht zu haben.»
«Von genau dieser Jugendlichen.»
«Und Dennis Beckett hat keinen Pieps zu meiner Verteidigung gesagt.»
«Nein. Allerdings hat Kanonikus Beckett auch nicht gerade lautstark die Trommel für die Ordinierung weiblicher Priester gerührt.»
«Das wusste ich nicht.»
«Ich schreibe Ihnen irgendwann mal eine Liste.» Sophie schob Merrily das Telefon zu.
«Merrily!», quiekte Gwennan. «Wie wunderbar, Sie mal wieder zu sprechen!»
Sie hatten zwei Mal telefoniert, sich aber nicht persönlich kennengelernt. Auch Eirions Vater kannte Merrily nicht, den Wirtschaftsberater mit Sitz in Cardiff, der Mitglied zahlreicher einflussreicher Verbände und Vorstandschef des walisischen Rundfunkrates war. Gwennan war seine zweite Frau.
«Hm … Ich wollte nur kurz mit Jane sprechen, bitte», sagte Merrily.
«Oh, das tut mir leid», sagte Gwennan. «Sie haben sie gerade verpasst. Sie ist eben mit den Kindern zum Strand.»
«Um wie viel Uhr kommt sie wieder zurück?»
«Oje … das weiß ich gar nicht genau. Dafydd und ich haben heute in Haverfordwest eine Verabredung zum Mittagessen, also sehen wir Eirion und Jane erst heute Abend wieder. Sie sind heute mit den Kindern unterwegs. Jane kann einfach
großartig
mit Kindern umgehen!»
Merrily blinzelte. «Ach wirklich?»
«Wissen Sie, was? Ich schreibe ihr eine Nachricht, für den Fall, dass sie früher zurückkommen. Allerdings, so wie ich Jane kenne, hat sie sich ein riesiges Tagesprogramm ausgedacht. Aber spätestens heute Abend ruft sie bestimmt zurück, ich erinnere sie daran, falls sie es vergisst.»
«Das wäre sehr nett. Es ist nicht lebenswichtig, aber ich möchte doch kurz mit ihr sprechen. Also passt sie gerade auf die Kinder auf, ja? Wie alt sind sie denn?»
«Acht und elf», sagte Gwennan. «Sie ist wirklich reizend zu ihnen. Sie haben außer Jane keine Kinder, oder? Daher kommt es vielleicht.»
Als Merrily den Hörer auflegte, hörte sie auf der Treppe Schritte und Keuchen. Der Bischof kam zurück, nachdem er Dennis Beckett zum Auto begleitet hatte. Er kam ins Büro und zog die Tür hinter sich zu.
«Ich habe ihm natürlich gesagt, dass diese Sache unter uns bleibt.»
«Fühlen Sie sich nicht gezwungen,
mich
zu schützen», sagte Merrily bitter. «Falls sich herausstellt, dass sie über Jane die Wahrheit gesagt hat, bin ich hier weg, bevor Sie noch Deuteronomium sagen können.»
«Merrily, das Letzte, was ich will …» Er warf einen Blick über die Schulter, um sicher zu sein, dass die Tür wirklich zu war, und setzte sich dann Merrily gegenüber auf die andere Seite desSchreibtischs. «Das Letzte, was ich will, ist, Sie für den Grenzfragendienst zu verlieren, weil …»
«Bernie,
wenn
das stimmt, dann
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