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Der Tyrann von Hades

Der Tyrann von Hades

Titel: Der Tyrann von Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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würde dieses Dilemma immer wieder von neuem durchrechnen – bis er am Rande des Äquivalents eines Nervenzusammenbruchs steht. In diesem Fall wäre es kein Wunder, wenn Land-a während einer empathischen Verbindung mit Zeus einige wunde Punkte berührt hätte.«
    Sie bettete seinen Kopf in ihre Hände, dann streichelte sie die Falten seines Löwengesichts und bewunderte seine animalische Häßlichkeit. Ancor kannte die tödlichen Kräfte nur zu gut, die in ihren Fingerspitzen schlummerten und aus der kleinsten Laune heraus erwachen konnten. Er wußte, daß er, wenn sie ihn streichelte, nur einen Fingerbreit vom Tod entfernt war, dennoch begrüßte er ihre Berührung und neigte ihr seinen Kopf entgegen. Sine blieb ihm ein Rätsel, gleichzeitig war sie ihm unentbehrlich geworden.
    Aus der zärtlichen Geste Sines hätte sich vielleicht ein leidenschaftlicheres Zwischenspiel entwickelt, doch ein Anruf Cherrys unterbrach sie.
    »Da ist etwas, das du dir mal ansehen solltest, Maq. Erinnerst du dich noch an die große Massenansammlung, die der Radar im Quadranten Delta Sieben anzeigte?«
    »Ja.«
    »Nun, ich habe die Infrarot-Orter zugeschaltet, und weißt du was? Das Ding ist heiß.«
    »Heiß?«
    »Na ja, warm mit heißen Flecken. Wenn ich nicht genau wüßte, daß das unmöglich ist, würde ich es für eine Käfigwelt halten, die aus ihrer Schale ausgebrochen ist.«
    »Zusammen mit den Proto-Sonnen?«
    »Das Objekt ist noch zu weit entfernt, als daß wir klare Aufnahmen hereinbekämen, aber bei den heißen Flecken könnte es sich tatsächlich um Proto-Sonnen handeln.«
    »Dann ändere den Kurs, Cherry, und halte darauf zu. Ich möchte es mir ansehen.«
    »Wenn wir jetzt bremsen, Maq, könnte das unseren Flug um eine Woche verlängern. Hältst du das Ding für so wichtig?«
    »Ja, ich glaube schon. Die These, daß eine Käfigwelt zusammen mit ihren Proto-Sonnen im leeren Raum existieren könnte, ist nicht neu. Es sieht so aus, als ob wir die Chance hätten, die These zu belegen. Und wir müssen vor allem eine Frage klären: Beherbergt eine solche Käfigwelt Leben oder könnte sie es zumindest theoretisch?«
    »Wie aufregend, Maq«, sagte Sine Anura. »Der Gedanke an eine kleine, verlorene Welt, die ganz alleine im Raum schwebt, hat etwas Anziehendes. Ich hoffe, es gibt dort Leben.«
    »Ich auch«, sagte Ancor und rieb sich nachdenklich das Kinn. In seinen Augen glitzerten Visionen, die weit über diese winzige Kugel hinaus gingen, die einsam und verloren im Saturan-Raum ihre Bahn zog.

 
Kapitel 6
     
    In den darauffolgenden Tagen wurde das Bild des vagabundierenden Planeten auf den Schirmen immer größer. Mit Hilfe des Computers vergrößerten und manipulierten sie die hereinkommenden Bilder und erstellten auf diese Weise eine Darstellung des einsamen Wanderers. Wie sie vermutet hatten, handelte es sich um eine typische Käfigwelt mit einem Durchmesser von knapp 13.000 Kilometern und einer Oberfläche von etwas über 500 Millionen Quadratkilometern. Eigentlich gehörte sie zusammen mit den Proto-Sonnen in ihrer Umlaufbahn in den Zwischenraum einer der großen Schalen. Wie die Welt vor ihnen ihrer ›Gefangenschaft‹ entflohen war, war ein absolutes Rätsel und steigerte nur noch die Faszination ihres Fundes.
    Schließlich gelangte die Käfigwelt in die Reichweite der Normalorter, und sie konnten endlich Einzelheiten ausmachen. Die Oberfläche war zur Hälfte von Wasser und zur Hälfte von Land bedeckt. Insgesamt sieben unregelmäßig geformte Kontinente hoben sich aus einer Reihe von grauen Ozeanen ab. Große, schneebedeckte Bergketten zogen sich wie gewaltige Rückgrate über die Kontinente, und wenn der Blick von den Gipfeln die Hänge hinabschweifte, waren die dichten Wälder, die in tieferen Lagen einsetzten, unübersehbar. Die Welt, die sie nach dem Raum, in dem sie schwebte, ›Saturan‹ genannt hatten, wimmelte vor Leben.
    Aber die Existenz von Pflanzen – das einzige, was sie aus der immer noch erheblichen Entfernung erkennen konnten – sagte nichts über eine mögliche menschliche Besiedlung. Ancor brütete über den Instrumenten auf der Suche nach Meßwerten, die auf eine irgendwie geartete menschliche Bevölkerung hinwiesen. Er empfing zwar eine Reihe von Funksignalen, aber sie stellten sich ausnahmslos als statische Störgeräusche heraus, die von Gewittern und ähnlichen Phänomenen erzeugt wurden. Es erreichte ihn kein einziger Funkspruch, der die Anwesenheit von Menschen auf dem Planeten belegte.

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