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Der Tyrann von Hades

Der Tyrann von Hades

Titel: Der Tyrann von Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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der Kurs, den ihnen der Sturm aufgezwungen hatte, sie nicht zu weit von ihrem Ziel abgetrieben hatte. Cherry mußte nur kleinere Korrekturen vornehmen, um den unsichtbaren Ausgangspunkt der massiven Funktätigkeit unter ihnen anzusteuern.
    Ancors Hoffnung auf klare Sicht an der Oberfläche wurde enttäuscht. Es schien, als ob sich die gemarterten Wolken an ihrem Folterknecht rächen wollten; sie weigerten sich störrisch, mehr als nur ein blasses Dämmerlicht hindurchzulassen. Unterdessen hatten sturzflutartige Regenfälle die windgepeitschte Oberfläche überschwemmt und sie in ein schlammiges Meer verwandelt, aus dem die Sturmböen einen Sprühnebel aufwirbelten, der die Sicht auf gleich Null reduzierte. Cherry ging ungefähr zwanzig Meter über dem Grund in den Horizontalflug über. Solange sie nicht zur Landung ansetzten, wollte er mit dem Schiff nicht tiefer gehen, damit ihm nicht eine Sturmböe die Herrschaft über die Steuerung entriß und die Shellback auf den Boden schmetterte.
    »Wir sind fast unten, Maq. Der Ausgangspunkt der Funksprüche liegt direkt vor uns. Sag mir Bescheid, wenn ich landen soll.«
    »Danke, Cherry, das werde ich tun. Dieses Mal glaubte ich tatsächlich nicht mehr daran, daß wir es schaffen würden.« Ancor befand sich in der Beobachtungskuppel und war auf der Suche nach irgendwelchen Einzelheiten, die ihm einen Hinweis auf die Beschaffenheit ihres Ziels gaben. Die Sicht war immer noch gleich Null. Er schaltete die großen Suchscheinwerfer zu, aber ihr grelles Licht betonte nur noch den gelblichen Sprühnebel und verminderte die Sicht weiter. Dazu kam, daß sich selbst zwanzig Meter über dem Boden überall auf der Schiffshülle der Schlamm sammelte, und Ancor hatte es nur den gelegentlichen Gewitterböen zu verdanken, die den Schlamm abwuschen, daß er wenigstens hin und wieder einige Sekunden lang klare Sicht genoß. Lediglich die Monitore, die die Ergebnisse der Funkortung anzeigten, schienen sich ihrer Sache sicher zu sein.
    Dann türmte sich plötzlich ein Gebäude vor ihnen auf. Ancor rief Cherry eine Warnung zu, aber der Illusionist hatte die Gefahr bereits bemerkt. Sie näherten sich einem gigantischen ›Ei‹ aus Metall, das über sechzig Meter hoch war, an seinem breitesten Punkt einen Durchmesser von dreißig Metern aufwies und auf sechs gebogenen, plumpen Stützen aus der schlammigen See ragte. Ancor musterte das Ei und erinnerte sich daran, daß er ähnlichen Anlagen auf anderen Schalen begegnet war, er sich aber nie Gedanken über ihre Funktion in Zeus’ Befehlshierarchie gemacht hatte. Auf den Schalen gab es eine Vielzahl automatischer Anlagen, die der Instandhaltung der Schale dienten, aber die Menschen wußten nur sehr wenig über ihre Natur und darüber, wie sie miteinander in Zusammenhang standen. Man hielt sie im allgemeinen für uneinnehmbar, und darüber hinaus riskierte jeder sein Leben, der ihre Arbeit beeinträchtigte. Die Unbeliebtheit von Zeus’ Zwangsauswanderungsprogramm hatte es mit sich gebracht, daß sich auf jeder Schale während bestimmter Geschichtsabschnitte Angriffe auf seine Anlagen gehäuft hatten. Als Reaktion darauf hatte Zeus die Verteidigungsmechanismen gegen menschliche Störer optimiert. Ancor wurde klar, daß er jetzt persönlich mit den Konsequenzen dieser Entwicklung konfrontiert werden würde. Er mußte sich Zugang verschaffen, aber die Anlage würde vollständig automatisiert sein und sich selbst reparieren können, was bedeutete, daß möglicherweise überhaupt kein Eingang existierte.
    Vielleicht war der Tyrann ebenfalls unangreifbar.
    »Wo soll ich zu landen versuchen, Maq?« Aus Cherrys vorsichtiger Frage hörte man den Respekt des Holo-Illusionisten für die unwirtliche Beschaffenheit des Geländes heraus.
    »So nah wie möglich an den Stützen auf dieser Seite, Cherry. Wenn du kannst, zwischen ihnen.«
    Cherry musterte die angegebene Stelle. »Bei diesem Wind gehen wir ein höllisches Risiko ein. Wenn wir gegen eine der Stützen geworfen werden, könnte der Rumpf bersten.«
    »Ich überlasse dir die Entscheidung. Tu dein Bestes.«
    Cherry landete in einiger Entfernung von dem Ei, um den Untergrund zu testen. Zu seiner großen Erleichterung berührte die Shellback nur Zentimeter unter dem Schlamm das Grundgestein; der ursprüngliche Boden mußte vom Wind weggefegt worden sein. Dadurch ermutigt tastete Cherry sich mit der Shellback langsam vorwärts und landete immer dann, wenn der Wind versuchte, das Schiff von seinem Kurs

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