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Der Überläufer: Tweed 3

Der Überläufer: Tweed 3

Titel: Der Überläufer: Tweed 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Tallinn zu erreichen. Er überließ Mauno das Gerät, ging aus dem Raum und schloß die Tür.
    »Andrei? Hier Mauno Sarin. Ich habe einen Vorschlag. Im Westen beginnen Berichte zu zirkulieren über eine angebliche Serie von Morden an GRU-Offizieren ins Estland. ›Le Monde‹, das Blatt, für das Alexis Bouvet arbeitete, nennt ihren Tod einen Meuchelmord.«
    »Aber das geschah in Finnland«, erinnerte Karlow ihn kalt.
    »Sie haben die Geschichte aufgegriffen. In derselben Zeitung erschien am nächsten Tag ein groß aufgemachter Artikel über die sogenannten GRU-Morde. Wie lange glauben Sie wohl, daß es dauern wird, bis sie das in Paris und Gott weiß wo noch drucken?
    Als nächstes in New York«, deutete Mauno die Vermutung an, um noch mehr Druck auf Karlow auszuüben. »Ich möchte versuchen, Ihnen zu helfen.«
    »Ah! Und wie?«
    »Ein sehr bekannter britischer Korrespondent, Robert Newman, ist soeben in Finnland eingetroffen.« Mauno vermied es, Helsinki zu sagen. »Wenn ich ihn für einen Tag hinüberbrächte, könnte er sich davon überzeugen, daß alles in Ordnung ist in Estland –
wenn
alles in Ordnung ist. Ein Artikel von ihm würde die unangenehmen Berichte aufwiegen.«
    »Nein! Westliche Berichterstatter sind hier nicht erlaubt. Sie verbreiten nur Lügen und Provokationen.«
    »Lassen Sie Newman durch den Computer laufen. Prüfen Sie seine Einstellung bezüglich Moskau anhand seiner Veröffentlichungen. «
    Sie unterhielten sich auf englisch. Mauno sprach Russisch, aber er wußte, daß Karlow jede Gelegenheit begrüßte, sich im Englischen zu üben, um sich die fließende Beherrschung der Sprache zu erhalten, die er während seiner Tätigkeit an der Sowjetischen Botschaft in London perfektioniert hatte.
    »Ich glaube keine Minute daran, daß sie zustimmen würden.«
    »Sein Besuch wäre nur unter gewissen Bedingungen …«
    »Keinerlei Vorbedingungen!«
    »Die Bedingungen wären: eine Garantie für freies Geleit, von General Lysenko persönlich unterzeichnet«, fuhr Mauno beharrlich fort. »Wir würden außerdem nur einen Tag in Tallinn bleiben – kämen mit der ›Georg Ots‹ und kehrten am selben Tag zurück.
    Auch das müßte ich schriftlich haben.«
    »Nichts davon ist annehmbar.«
    »Eine weitere Bedingung. Sie müßten Newman unter Umgehung des Amtsweges raschestens ein Visum ausstellen.«
    »Dieser Newman wäre bereit, nach Tallinn zu kommen?«
    »Ich müßte ihn dazu überreden«, sagte Mauno schlau. »Wenn ich weiß, daß Sie ihn eingeladen haben – genau unter den Bedingungen, die ich vorhin genannt habe –, wird das meine Aufgabe, ihn zu überreden, erleichtern.«
    »Ich glaube, die ganze Idee wird in Moskau schwerlich Anklang finden.«
    Das war der Augenblick, da Mauno wußte, daß er den Fisch am Angelhaken hatte. Sie tauschten die üblichen Höflichkeitsfloskeln aus, und dann schaltete Mauno das Gerät ab. Einige Minuten lang blieb er sitzen und starrte gegen die Wand. Die Beengtheit des Raumes half ihm, konzentriert nachzudenken.
    Die Angelleine war lang, aber er wußte, daß Karlow sich verpflichtet fühlen würde, seinen Vorschlag Lysenko vorzutragen. Er konnte es nicht riskieren, den Anruf einfach zu verschweigen.
    Für Maunos Vorgehen gab es mehrere Gründe. Einerseits war er überzeugt – warum, wußte er nicht – daß Newman entschlossen war, nach Estland zu gehen. Er konnte den Versuch wagen, illegal den Meerbusen zu überqueren. Es gab Fischer, die für viel Geld bereit sein würden, ihn nach Einbruch der Dunkelheit hinüberzufahren und vor Tagesanbruch an Land abzusetzen.
    Wenn die Russen ihn ergriffen, gab es zwei Möglichkeiten – beide unerfreulich. Newman würde einfach verschwinden. Oder, aus finnischer Sicht noch unangenehmer, man präsentierte ihn in Moskau der internationalen Presse als fremden Eindringling, als westlichen Spion, den man auf frischer Tat ertappt habe.
    Dieser letztere Ausgang der Geschichte wäre auch hinsichtlich seiner dienstlichen Stellung eine Katastrophe. Moskau hätte eine Handhabe, Druck auf Finnland auszuüben. »… Stützpunkt von Agents provocateurs, mit dem Ziel, die Dissidenten aufzuhetzen und in unserem Mutterland Spionage zu treiben …« So oder ähnlich wäre dann die Linie ihres Vorgehens. Verständlich, von ihrem Gesichtspunkt aus.
    Ein Vorgehen, wie Mauno es vorschlug, würde zwei Fliegen mit einem Schlag treffen. Newman würde seinen Plan, der nach Maunos Ansicht eine regelrechte Verranntheit war, aufgeben. Auch zweifelte Mauno

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