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Der Überraschungsmann

Titel: Der Überraschungsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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vor meinen Augen aufbauten. Was für ein wundervolles weißes Schiff! Wie GERN wäre ich da mal mitgefahren! Volker und ich hatten immer wieder davon geträumt. Wenn die Kinder erst mal aus dem Haus wären. Aber jetzt war das Schiff wieder in weite Ferne gerückt – schließlich hatten wir uns gerade wieder ein neues Kind ins Haus geholt!
    Da war er auch schon, der Kapitän. Lächelnd lehnte er an der Reling, vier Streifen auf der weißen Uniform. Dass Lisa den so einfach aus ihrem Leben verbannt hatte! Dass sie so gar nicht um ihn gekämpft hatte!
    Oder vielleicht doch? Ich kniff die Augen zusammen und betrachtete diesen rätselhaften Sven. Er hatte mit Lisas Herz gespielt, sie fast zugrunde gerichtet. Kein Wunder, dass sie nichts mehr von ihm wissen wollte. Aber spielte Fanny nicht auch eine Rolle? Sie brauchte doch auch einen Vater, nicht nur wohlmeinende Nachbarn!
    Ich stützte den Kopf in die Hände, nahm einen Schluck Wein und fuhr versonnen mit dem Zeigefinger über den Rand des Glases. Das machte ein Geräusch wie von einem waidwunden Tier. Was ich da tat, war ein Verrat an Lisa. Sie wollte das nicht. Sie war über ihn hinweg. Aber meine Finger wählten schon die Nummer. Gleich darauf hatte ich die Rezeptionistin am Ohr, die auf Englisch versprach, mich sofort zu Kapitän Ritter durchzustellen. Ich atmete tief ein und aus. Mein Mund war staubtrocken. Ich lehnte mich in Volkers Sessel zurück und leerte in hastigen Zügen meinen Wein.
    »Hallo, Barbara! Wie geht es dir?« Svens Stimme klang förmlich und zurückhaltend. Fehlte noch, dass er nach dem Wetter fragte.
    »Sven, ich will mich ja nicht einmischen«, stammelte ich unter Herzklopfen ins Handy. »Eigentlich geht es mich ja auch gar nichts an. Lisa wird mich umbringen, wenn sie davon erfährt, aber …« Ich kam mir vor wie die böse Stiefmutter aus dem Märchen, die hinter Schneewittchens Rücken ihre Intrigen spinnt.
    »Ist … das Baby da?«, riss er mich aus meinen Gedanken.
    »Na ja, du bist Vater geworden, ich finde, das solltest du wissen.«
    Schweigen am Ende der Leitung. »Wie geht es Lisa?«, drang seine Stimme an mein Ohr. Wo mochte er sein? Am anderen Ende der Welt?
    »Gut. Sie ist unglaublich stark. Sven, ich fühle mich schlecht, weil ich hier hinter Lisas Rücken einfach interveniere, aber ich denke, ihr solltet euch wenigstens noch einmal treffen …«
    »Sie hat Schluss gemacht. Sie vertraut mir nicht mehr.«
    »Ich weiß«, sagte ich seufzend. »Aber jetzt, wo ihr ein gemeinsames Kind habt …«
    »Barbara!«, kam es gequält aus dem Hörer. »Glaub mir, du solltest dich da nicht einmischen.«
    »Hallo?!« Sofort schlug mein schlechtes Gewissen in Wut um. »Ich war bei der Geburt dabei! Weil du Drückeberger ja irgendwo auf den Weltmeeren herumgurkst!« Und Kondome hast und Weibergeschichten, verkniff ich mir gerade noch zu sagen. »Sie war so tapfer, Sven! Sie hat es ganz allein …«
    »Was ist es?«
    »Ein Mädchen! Bitte komm nach Hause, Sven! Lisa wird dir bestimmt verzeihen!«
    »Was sollte sie mir denn verzeihen?«
    »Na, das wirst du doch am besten wissen!« Sollte ich ihm die Sache mit den Kondomen vorhalten? Das wäre nun wirklich mehr als plump. Offiziell wusste ich von dieser peinlichen Angelegenheit natürlich nicht. »Sie braucht dich jetzt, Sven!«, fuhr ich fort. »Sie wollte das Kind zwischenzeitlich sogar …« Ich verstummte. Nein, das durfte ich wirklich nicht verraten.
    »Ja«, sagte Sven. »Sie hat wirklich eine schwere Zeit hinter sich. Sie war hin- und hergerissen.«
    Ja, weil DU Weibergeschichten hast, du Dreckskerl, dachte ich bei mir, sagte aber: »Willst du denn gar nicht wissen, wie eure Tochter heißt? Sie heißt Fanny, das haben wir im Familienkreis so entschieden. Volker hat dich ja bereits über seinen Anwalt wissen lassen, dass du Unterhalt zahlen sollst, und dein Haus wird jetzt auch anderweitig genutzt. Lisa ist zu uns gezogen.«
    »Davon höre ich zum ersten Mal.«
    »Na ja, es scheint dich ja nicht im Geringsten zu interessieren!« Ich musterte wütend das Handy. »Nimm einfach zur Kenntnis, dass das Leben hier auch ohne dich weitergeht!«
    So! Diesen Seitenhieb konnte ich mir einfach nicht ver kneifen.
    »Ja. So ist das wohl.«
    Hach, diese norddeutsche Einsilbigkeit! Genau wie dieses unsägliche »Dafür nicht!«. Ich keuchte vor Entrüstung. »Du wirst also nicht nach Hause kommen und dich um Frau und Kind kümmern?«
    »Du, lass man, vielleicht ist es im Moment besser so …«
    Ich konnte es

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