Der und kein anderer Roman
für ihre dunklen Augenringe sein könnte. Er erinnerte sich an Gracies Worte und fühlte sich noch elender. Sie hatte ihm zu sagen versucht, dass seine Mutter jetzt seine Unterstützung brauchte, doch hatte er ihr kein Gehör geschenkt.
Er klemmte den Karton unter den Arm und räusperte sich. »Es tut mir Leid, dass ich in letzter Zeit so wenig Zeit mit dir verbracht habe. Wir haben zwölf Stunden am Tag gearbeitet. Ich war einfach furchtbar beschäftigt«, beendete er etwas lahm seine Ausführungen.
Offenbar konnte sie ihm nicht in die Augen sehen. »Ich weiß, weswegen du nicht bei mir vorbeigekommen bist. Und ich bin diejenige, der es Leid tut.« Ihre Stimme zitterte etwas. »Es ist meine Schuld, das weiß ich.«
»Mama…«
»Ich werde ihn nicht wiedersehen, das verspreche ich dir.«
Eine unglaubliche Erleichterung durchflutete ihn. Obwohl Way Sawyer mittlerweile zum Helden der Stadt gekürt worden war, erregte er dennoch aus irgendeinem unerfindlichen Grund Bobby Toms Missfallen. Er legte den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. »Das freut mich.«
»Es war … es ist schwer, das zu erklären.«
»Das musst du auch gar nicht. Wir werden die Sache einfach vergessen.«
»Ja. Das ist vermutlich das Beste.«
Er hakte sich bei ihr unter und führte sie zum Haus. »Was hältst du davon, wenn ich Gracie und dich heute Abend zum Essen ausführe? Wir könnten zu O’Leary’s gehen.«
»Danke, aber ich hab eine Ausschusssitzung.«
»Du siehst müde aus. Vielleicht solltest du alles ein wenig langsamer angehen.«
»Mir geht es gut. Gestern Abend bin ich nur viel zu lange aufgeblieben und habe gelesen.« Sie ging vor ihm die Betonstufen hoch, die auf den kleinen Treppenvorsprung mit der Rundum-Veranda führten. Ihre Hand streckte sich automatisch zum Türknauf aus, doch die Tür war verschlossen. Er wollte die Klingel für sie drücken, doch erstarrte er mitten in der Bewegung, als sie wie verrückt an dem Knauf zu zerren begann.
»Verdammt auch!«
»Es ist abgeschlossen«, sagte er, von ihrem Verhalten irritiert.
»Antworte mir!« Sie trommelte mit der Faust gegen die Tür, ihr Gesicht vor Verzweiflung verzerrt. »Antworte mir, verdammt noch mal!«
»Mama?« Angst erfasste ihn, und er stellte hastig den Karton auf den Boden.
»Warum antwortet er nicht?«, rief sie laut, während ihr Tränen über die Wangen liefen. »Warum ist er nicht für mich da?«
»Mama?« Er wollte sie in den Arm nehmen, doch sie wehrte sich. »Mama, es ist alles in Ordnung.«
»Ich will meinen Mann!«
»Das weiß ich doch. Das weiß ich.« Er presste sie an sich. Ihre Schultern zuckten, und er wusste nicht, wie er ihr helfen konnte. Er hatte geglaubt, dass der Schmerz über den Tod seines Vaters über die Jahre etwas nachgelassen hatte, doch schien er noch ebenso überwältigend zu sein wie am Tag seines Begräbnisses.
Gracie öffnete auf das Klopfen hin die Tür, doch beim Anblick von Suzy erstarrte ihr Lächeln. »Was ist los? Was ist passiert?«
»Ich fahre sie nach Hause«, entschied Bobby Tom.
»Nein!« Suzy stieß sich von ihm ab und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab. »Es tut mir Leid. Ich … ich möchte mich bei euch beiden entschuldigen. Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Es ist mir sehr peinlich.«
»Es gibt überhaupt keinen Grund, weswegen dir das peinlich sein sollte. Ich bin dein Sohn.«
Gracie trat zu ihnen auf die Veranda hinaus. »Hierher zurückzukehren wird alle möglichen schmerzhaften Erinnerungen in dir heraufbeschwören. Du wärst kein Mensch, wenn du darauf nicht reagieren würdest.«
»Das darf aber nicht als Entschuldigung dienen.« Sie warf ihnen beiden ein schwaches, nicht sehr überzeugendes Lächeln zu. »Jetzt geht es mir wieder gut … wirklich, glaubt mir. Aber ich möchte doch lieber nicht mit ins Haus kommen.« Sie deutete auf den Karton. »Würdest du die Trophäen auf das Regal im Schlafzimmer stellen? Bobby Tom kann dir zeigen, wo sie hingehören.«
»Aber natürlich«, erwiderte Gracie.
Bobby Tom hakte sich bei seiner Mutter unter. »Ich fahre dich nach Hause.«
»Nein!« Sie riss sich abrupt los. Zu seinem Entsetzen begann
sie erneut zu weinen. »Das wirst du nicht tun! Ich will alleine sein. Ich will, dass mich alle einfach mal in Ruhe lassen!« Sie schlug die Hand vor den Mund und eilte auf ihren Wagen zu.
Bobby Tom sah Gracie hilflos an. »Ich muss schauen, dass sie auch gut ankommt. Ich bin gleich zurück.«
Gracie nickte.
Tief
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