Der und kein anderer Roman
sie weiß, wo das Geld versteckt ist. Der alte Jake Slade …«
»Jed Slade«, korrigierte sie ihn.
»Der alte Jed, der sowohl Gentleman als auch Alkoholiker ist, muss sie natürlich beschützen.«
»Er verliebt sich in sie«, nickte sie.
»Das wiederum bietet jede Menge Vorwände, um sie möglichst unbekleidet zu zeigen.«
»Meiner Erinnerung nach habt ihr eine Nacktszene.«
»Aber ohne mich.«
5
Die Lanier Ranch hatte bereits bessere Zeiten als die heutigen gesehen. Ein paar Holzbauten mit abblätternder Farbe standen auf einem flachen Stück Land und grenzten an das Ufer des South Llano River. Hühner scharrten unter einer alten Eiche im Vorgarten im Dreck. Neben dem Heuboden drehte sich eine Windmühle mit einem gebrochenen Flügel langsam in der Julihitze. Lediglich die gut gefütterten Pferde auf der Koppel machten einen wohlhabenden Eindruck. Die Lastwagen mit den Filmutensilien standen am Rande des Highways, und Bobby Tom parkte seinen Thunderbird neben einem verstaubten grauen Laster. Als sie beide ausstiegen, entdeckte Gracie Willow neben einer Kabelrolle eines tragbaren Generators. Sie sprach mit einem dürren, gelehrig aussehenden Mann mit Notizblock in der Hand. Teile der Crew arbeiteten in der Nähe der Koppel und justierten riesige Lampen auf breiten Stativen.
Willow blickte auf, als Bobby Tom mit fast zwei Wochen Verspätung auf sie zuschlenderte. Mit seinen schwarzen Hosen, dem korallenfarbenen Hemd, der mit Rhomben gemusterten grauen Seidenweste und dem dunkelgrauen Stetson mit Schlangenlederband sah er sehr gut aus. Gracie freute sich schon darauf, wie ihre scharfzüngige Chefin ihm gleich zusetzen würde.
»Bobby Tom.« Willow sprach seinen Namen aus, als ob es sich um ein Sonett handeln würde. Ihre Lippen verzogen sich zu einem weichen Lächeln, und ihre Augen leuchteten verträumt. Ihre scharfen Kanten schienen zu schmelzen, als
sie ihm entgegenlief und den Arm ausstreckte, um ihm die Hand zu schütteln.
Gracie hatte das Gefühl zu ersticken. All die Schimpftiraden, die sie hatte ertragen müssen, fielen ihr wieder ein. Bobby Tom wurde der Empfang eines Helden bereitet, dabei war er es gewesen, der für den ganzen Ärger verantwortlich war!
Sie konnte es kaum ertragen, Willow dabei zuzusehen, wie diese ihn umgarnte. Sie wandte den Blick ab und betrachtete den Thunderbird. Staub lag auf dem glänzenden roten Lack und auf der Windschutzscheibe klebten unzählige tote Käfer, doch immer noch war es das schönste Auto, das sie jemals gesehen hatte. So frustrierend die letzten vier Tage auch gewesen waren, so zauberhaft waren sie auch. Bobby Tom und sein roter Thunderbird hatten sie in eine bisher unbekannte und aufregende Welt entführt. Trotz aller Auseinandersetzungen und Streits war dies die schönste Zeit ihres Lebens gewesen.
Sie ging zum Restaurationswagen, um sich eine Tasse Kaffee zu holen und darauf zu warten, dass Willow ihre Anbetung Bobby Toms beendete. Eine exotisch anmutende, dunkelhaarige Frau mit langen silbernen Ohrringen stand hinter der Theke. Sie hatte raffiniert geschminkte Augen, dunkle Haut und bloße, sonnengebräunte Arme mit silbernen Armreifen.
»Möchtest du noch einen Pfannkuchen haben?«
»Nein danke. Ich habe keinen Hunger.« Gracie füllte sich eine Styroportasse an einem der Ausschänke.
»Ich heiße Connie Cameron. Wie ich gesehen habe, bist du mit Bobby Tom gekommen.« Sie musterte das dunkelblaue Kostüm auf eine Art und Weise, die Gracie spüren ließ, wie unangemessen sie gekleidet war. »Kennst du ihn bereits lange?«
Der Umgangston der Frau war nicht sonderlich freundlich,
und Gracie hielt es für besser, jedes Missverständnis gleich von Anfang an aus dem Weg zu räumen. »Lediglich ein paar Tage. Ich bin eine der Produktionsassistentinnen. Ich habe ihn von Chicago hierher begleitet.«
»Ein netter Job, wenn man ihn bekommen kann.« Connies Blick glich dem einer Fleisch fressenden Pflanze, als sie Bobby Tom aus der Ferne beobachtete. »Mit Bobby Tom Denton habe ich die schönste Zeit meines Lebens verbracht. Er besitzt die Gabe, einer Frau das Gefühl zu vermitteln, eine Göttin zu sein.«
Gracie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Sie lächelte höflich, trug ihre Tasse Kaffee zu einem der aufgestellten Falttische und setzte sich. Sie ermahnte sich, sich Bobby Tom aus dem Kopf zu schlagen und über ihre anstehenden Aufgaben nachzudenken. Da die Arbeit eines Produktionsassistenten ganz unten rangierte, würde sie vielleicht die
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