Der und kein anderer Roman
war es zu grob geschnitzt, um im klassischen Sinne als attraktiv zu gelten. Sein dunkles, drahtiges Haar war kurz geschnitten und von grauen Fäden durchzogen, doch hatte er kaum Geheimratsecken. Es schien fast, als ob Sawyer auf seinem Kopf eine unsichtbare Grenze aufgezeichnet und verlangt hatte, dass keine einzige Haarwurzel dahinter ausfiel.
Seit die Gerüchte über Rosatechs Schließung kursierten, hatte Bobby Tom alles über seinen Besitzer herausfinden wollen, bevor er ihm letzten März persönlich begegnet war. Way Sawyer war als armes und uneheliches Kind auf der falschen Seite der Bahnlinie von Telarosa aufgewachsen. Als Teenager hatte er wegen aller möglichen Vergehen hinter Gittern gesessen: angefangen von kleineren Diebstählen bis hin zum Abknallen von Balkonbeleuchtungen. Seine Zeit bei der Marine hatte ihn sowohl Disziplin gelehrt als ihm auch Möglichkeiten eröffnet. Danach hatte er die Armeegesetzgebung nutzen können und ein Ingenieursstudium begonnen. Nach dessen Abschluss war er nach Boston gezogen,
wo seine Intelligenz gepaart mit einer gewissen Dreistigkeit ihn in die erste Reihe der expandierenden Computerindustrie katapultiert hatte und er seine erste Million bereits mit fünfunddreißig in der Tasche hatte. Er hatte geheiratet, hatte eine Tochter und war heute geschieden.
Obwohl die Leute von Telarosa ihn während seiner Karriere nicht aus den Augen verloren hatten, war Sawyer doch niemals in die Stadt zurückgekehrt. Alle wurden also von seiner Entscheidung überrascht, als er sich aus dem Geschäftsleben zurückgezogen hatte und vor anderthalb Jahren die Firma Rosatech Electronics hatte übernehmen und leiten wollen. Für einen Mann wie Sawyer bedeutete Rosatech lediglich einen Kleckerbetrag, und kein Mensch wusste, weswegen er die Firma gekauft hatte. Vor sechs Monaten aber waren Gerüchte laut geworden, er wolle die Fabrik schließen und die Produktion in die Nähe von San Antonio verlagern. Von diesem Zeitpunkt an waren alle Leute in der Stadt der Überzeugung, dass Sawyer Rosatech nur deshalb gekauft hatte, um sich an der Stadt dafür zu rächen, dass sie ihn als Kind nicht besser behandelt hatte. Soweit Bobby Tom wusste, hatte Sawyer nichts unternommen, um dieses Gerücht zu zerstreuen.
Sawyer machte mit seiner Eiscremetüte eine Bewegung in Richtung Bobby Toms verletztem Knie. »Wie ich sehe, sind Sie den Stock mittlerweile los.«
Bobby Tom malmte mit dem Unterkiefer. Er dachte nur ungern an jene langen Monate zurück, als er nur mit Hilfe eines Stockes laufen konnte.
Während seiner Genesung im letzten März hatte er sich auf die Bitte der Gemeinde hin mit Sawyer in Dallas getroffen, um ihn dazu zu überreden, den Produktionsstandort nicht zu verlagern. Das Treffen war erfolglos geblieben, und Bobby Tom hegte seitdem einen heftigen Groll gegen Sawyer. Wenn jemand rücksichtslos genug war, eine ganze
Stadt in den Ruin zu schicken, hatte er die Bezeichnung Mensch nicht verdient.
Way warf mit einer schnellen Handbewegung seine kaum angeknabberte Gebäcktüte ins Gras. »Wie haben Sie sich an das Rentendasein gewöhnt?«
»Hätte ich gewusst, dass es eine so spaßige Sache sein würde, hätte ich es vor Jahren schon getan«, erwiderte Bobby Tom mit ausdrucksloser Miene.
Sawyer leckte sich den Daumen. »Wie ich höre, werden Sie jetzt Filmstar.«
»Einer von uns beiden muss schließlich etwas Geld in die Stadt bringen.«
Sawyer lächelte und zog seine Autoschlüssel aus der Tasche. »Bis die Tage, Denton.«
»Bobby Tom, bist du das?«, kreischte eine weibliche Stimme aus einem blauen Oldtimer, der gerade auf dem Parkplatz ausrollte. Toni Samuels, die jahrelang mit seiner Mutter Bridge gespielt hatte, rannte auf ihn zu, erstarrte jedoch, als sie seinen Gesprächspartner erkannte. Ihr freundliches Gesicht verhärtete sich zu einer feindseligen Maske. Kein Mensch bemühte sich, die Tatsache zu verbergen, dass Way Sawyer der meistgehasste Mann Telarosas war und dass die Stadt ihn ausgestoßen hatte.
Sawyer schien das nicht weiter zu tangieren. Mit den Schlüsseln in der Hand nickte er Toni höflich zu und ging dann zu seinem dunkelroten BMW.
Eine halbe Stunde später parkte Bobby Tom vor einem großen weißen, im Kolonialstil gehaltenen Haus in einer mit Bäumen bestandenen Straße und stieg aus dem Auto. Licht drang aus den zur Straße liegenden Fenstern, als er auf das Haus zuging. Seine Mutter war wie er ebenfalls eine Nachteule.
Dass bei der Dairy Queen niemand Gracie
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