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Der unersättliche Spinnenmann

Der unersättliche Spinnenmann

Titel: Der unersättliche Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutierrez
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Gleiche:
    »Joseíto, unterm Strich ist es einfach so, dass man es sich viermal überlegen muss, ob man sich eine Ananas leisten kann. Ist fast so, als wolle man ein neues Auto kaufen. Das ganze Geld gibt man fürs Essen aus.«
    »Alles ist teuer, nicht nur das Essen.«
    »Ja, okay. Schau mal, wie meine Schuhe aussehen. Und ich trau mich kaum …«
    »Da sagst du es. Die Preise steigen alle wie wahnsinnig: Essen, Klamotten, Schuhe. Einfach alles, die Preise sind wie in Japan und die Löhne wie in Haiti.«
    Joseíto ist eigentlich Ingenieur. Aber er hat schon vor Jahren seinen Beruf aufgegeben. Mit seinem Obst- und Gemüsestand auf dem Markt verdient er viel mehr. Und unsere Unterhaltungen verlaufen immer gleich, ein bisschen langweilig: kein Geld da, Geld, das nicht reicht, das Geld.
    Um uns herum gibt es eine Menge Elend. Joseíto lebt in einem kleinen Häuschen in der Esperanza-Straße, zwei Blocks vom Markt entfernt. Er hat das Wohnzimmer von drei mal vier Metern in ein Obst- und Gemüselager umgewandelt. Es riecht immer nach fauligem Obst. Mäuse, Kakerlaken und Fliegen bevölkern das Haus. Seine Frau erträgt es geduldig. Spricht kein Wort. Sie haben keine Kinder. Sie konnte keine kriegen. Jetzt ist sie fünfzig, wie Joseíto, aber sie ist immer noch attraktiv. Joseíto ist fett und rund wie eine Tonne. Sie ist eine verbitterte, schweigsame Frau. Sie weiß, dass Joseíto Affären mit anderen Frauen hat, vor allem mit den lockeren Marktfrauen. Aber es bleibt ihr nichts anderes übrig, als es still zu ertragen. Sie hat keine andere Wahl.
    »Okay, Joseíto, leih mir den Traktorschlauch und die anderen Klamotten. Ich zieh los.«
    »Du willst heute Nacht raus?«
    »Ja. Und morgen und übermorgen auch. Wenn sie beißen, bring ich dir was mit.«
    »Du verlierst wohl nie den Schwung, was? Kommst mir vor wie ein kleiner Junge.«
    »Ich bin normal. Du bist derjenige, der alt und fett geworden ist.«
    »Ich und alt? Red kein Scheiß! Mir steht er noch wie ein Schwert. Ich leg jeden Tag eine flach.«
    »Iss weiter Ingwer und Wachteleier beim Chinesen. Diese kleinen Nutten bringen dich noch um!«
    »Hahaha, im Gegenteil. Die lassen mich richtig aufleben, hahaha.«
    Wir gingen in den Hinterhof. Joseíto macht gern Witze und allen möglichen Quatsch, aber er ist auch sehr ordentlich. Er hat alles gut in einem Schrank geordnet: den Schlauch aus einem Traktorreifen, riesig, gut aufgerollt und mit Schmierfett eingerieben, die Nylonschnüre, Köder, Sinker, Rollen, Kunstfett, alles in einer Segeltuchtasche verstaut.
    Seine Frau arbeitete an der Nähmaschine. Sie näht Kinderhemdchen, Shorts, Mützen, was man grad bestellt, und verkauft sie. Sie sah mich nicht an. Frauen haben einen sechsten Sinn. Ich hab immer Lust auf sie gehabt. Joseíto und ich waren schon auf der Uni Freunde. Sie hat nicht studiert. Sie war ein bisschen langsam. Es reicht ihr, zu nähen und immer zu Hause zu sein. Joseíto ist immer auf der Straße. Wir drei kennen uns von Jugend an. Seit Ende der sechziger Jahre. Den heldenhaften Jahren. Manchmal treffen wir uns auf dem Markt, kippen uns ein paar Rum hinter die Binde, und Joseíto sagt:
    »Ich warte drauf, dass ich das Visum für die Staaten kriege, Kumpel. Ich halt diese ganze Scheiße und dies Elend nicht mehr aus. Aber glaub bloß nicht, dass ich in Miami bleibe, oh nein. Nach Norden. In den Schnee. Dahin, wo ich keine Kubaner mehr sehen muss.«
    »Du hast sie wohl nicht mehr alle, Joseíto. Du hast doch immer so rangeklotzt in den heldenhaften Jahren.«
    »Blut, Schweiß und Tränen, hahaha. Sie haben mich angeschmiert wie ein kleines Kind.«
    Ich grüße seine Frau vom Hof aus durch das Fenster, hinter dem sie näht:
    »Grüß dich, was machst du denn so?«
    »Grüß dich.«
    »Wenn du Mützen nähst, sag mir Bescheid, damit ich dir eine abkaufen kann.«
    Sie antwortete nicht. Hob nicht einmal den Blick von der Maschine. Sie hat mich noch nie besonders gemocht. Ich warf mir die Tasche auf den Rücken. Sie war nicht gerade leicht. Joseíto begleitete mich an die Tür. Wir gaben uns die Hand, und ich machte mich auf. Das Gewitter hatte den Himmel völlig verdunkelt, und der Donner war viel lauter geworden. Jetzt spürte man die schwüle Hitze noch stärker, kein Lüftchen wehte. Wie in der Sauna. Der Schweiß lief mir bis zu den Eiern runter. Dieser Stadtteil ist sehr arm. Ärmer als meiner. In der Altstadt von Havanna kommen wenigstens die Touristen vorbei, und die Leute leben davon, ihnen was zu

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