Der ungeladene Gast
abgeschlossen«, fügte sie finster hinzu.
»Bei dem ganzen Hin und Her heute Abend kann ich es ihr ausnahmsweise nicht einmal verdenken. Und jetzt hilf mir«, sagte Florence.
Die Kerzen waren kleine, schnell brennende Geburtstagslichter. Florence hatte den Kuchen mit Emerald beschriftet. Die Zuckerkörner in der Schrift und in den grünen Rosen blitzten wie Diamantenstaub.
»Fang bloß nicht mit den Kerzen an, die dir am nächsten sind«, flüsterte Florence. »Sonst kommst du nicht mehr an die hinteren.«
Wie Verschwörer über den Kuchen gebeugt, mussten sie sich sehr beeilen, denn die Kerzen brannten zwar wunderschön, aber auch schnell herunter.
»Jetzt aus dem Weg«, befahl Florence, als die letzte Kerze brannte, und griff sich den Kuchen.
Myrtle huschte zum Speisezimmer, Florence dichtauf. Die Flammen neigten sich im Zugwind nach hinten wie Kometenschweife. Dann stieß Myrtle die Tür auf, und sie wurden von bewundernden Ausrufen und von Applaus begrüßt.
»Bravo!«, rief Charlotte.
Nur Ernest blickte nicht auf den hereinschwebenden Kuchen, sondern am dunklen Tisch entlang zu Emerald, um ihre Reaktion zu sehen. Er wurde belohnt durch ihr kindliches Entzücken. Die Kerzen brannten noch, als der Kuchen bei ihr anlangte, und die kollektiven Seufzer der Bewunderung zauberten ein wenig Farbe auf Florences blasse Wangen. Sie stellte ihr schimmerndes Kunstwerk vor Emerald ab, deren Gesicht – ihr Geburtstagsgesicht – vor Freude strahlte, so wie es beim Anblick der neunzehn anderen Geburtstagskuchen, die ihr präsentiert worden waren, jedes Mal gestrahlt hatte.
Patience stimmte ein »Happy Birthday to You« an, die anderen fielen immer schneller werdend ein, erst schlug Traversham-Beechers mit dem Fuß den Takt dazu, dann auch Clovis, bis das Ganze in fröhlichem Gelächter endete.
»Schnell, blasen Sie die Kerzen aus, sonst ruinieren sie den Kuchen«, sagte Florence, das Messer schon gezückt.
»Das Grün ist einfach wundervoll, Mrs Trieves«, lobte Charlotte.
»Schnell. Ausblasen.«
Emerald beugte sich vor, holte tief Luft und blies, brauchte aber Hilfe von Clovis und Patience, da die Flammen ungehorsam aufloderten. Gemeinsam schafften sie es, die Zuckerglasur im letzten Augenblick zu retten.
Das Geburtstagskind, dessen Kleid jetzt, im gedämpften Licht und im Schein der Kerzen, nicht mehr allzu mitgenommen aussah, stand am Kopf des Tischs und zupfte die ausgeblasenen Kerzen aus dem Kuchen. Ein spitzbübisches Grübchen erschien auf ihrer Wange.
»Und was soll ich mir wünschen?«, fragte sie, von einem Gesicht zum anderen blickend. »Was?«
»Ein umgänglicheres Naturell«, sagte ihre Mutter ungnädig.
»Unsinn«, sagte Traversham-Beechers. »Schmuck und Pelze, Kleider, eine große Auslandsreise … Automobile, Pferde, Fahrräder!«
»Alles, was dein Herz begehrt«, riet Patience (was von Charlotte mit einem Aufstöhnen quittiert wurde).
John suchte verzweifelt nach etwas Witzigem. »Eine neue Polsterbank für den Salon«, wagte er sich nach einer Weile, begleitet von einem pantomimischen Reiben seiner angeschlagenen Kehrseite, vor und wurde vom hellen Gelächter der Familie belohnt.
Er könnte es sich leisten, mir hundert Polsterbänke zu kaufen, dachte Emerald erbittert, bevor sie sich daran hindern konnte. Und die passenden Kissen noch dazu.
»Mrs Trieves?«, fragte sie und löste den Blick von John. »Einen weiteren Kuchen, ebenso schön wie dieser hier?«
»Könnte sein, dass der da mein Meisterwerk war«, sagte Florence. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch so einen hinbekommen würde. Aber wie wäre es damit: dass wir dieses verflixte Gesindel spätestens am Sonntag los sind?«
»Nein«, sagte Charlotte mit drängender Stimme. »Das auf keinen Fall. Diese Leute können uns doch egal sein. Das Haus, mein Liebes. Sterne!«
»Ja, genau. Wünsch dir das Haus. Wünsch dir, dass wir Sterne behalten können!« Das kam von Clovis.
Emeralds Grübchen war verschwunden. Genau das hatte sie die ganze Zeit als ihren wahren Wunsch äußern wollen. Sie senkte den Blick auf den Kuchen mit seinem grünen Zuckerguss.
Er ist absolut rund, genau wie das Land, auf dem wir stehen, aber es ist kein Haus darauf, sondern nur mein alberner Name. Ob das ein schlechtes Omen ist? So dachte sie, sagte es aber nicht. Kein Vater mehr, und bald vielleicht auch kein Haus.
Die zuckerblitzenden Rosen und die glitzernden Buchstaben des Emerald fingen an zu verschwimmen, als Tränen ihre Augen füllten. Ihre
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