Der ungezähmte Highlander
er würde ihr schlicht nicht glauben. Sie schickte sich an, die Kammer zu verlassen, weil sie es kaum erwarten konnte, von ihm wegzukommen und sich wieder zu fassen.
»Ich besorge uns ein Frühstück«, sagte sie noch und trat die Flucht an, bevor er etwas sagen konnte.
Langsam richtete sich Liam auf. Er atmete ein paarmal tief durch, um die Reste seiner Lust zu vertreiben, obwohl er fürchtete, dass das ungestillte Verlangen seinen Körper noch eine Weile foltern würde. Sein kleines Vögelchen war ausgeflogen, aber es würde nicht weit fliegen. Während er sich anzog und auf sie wartete, überlegte er sich sorgfältig den ersten Schritt seines Feldzugs, mit dem er um sie werben und sie gewinnen wollte.
Keira hielt ein Tablett voller Speisen und Getränke in den Händen und starrte auf die Zimmertür. Sie hatte sich fast eine Stunde Zeit gelassen, auch wenn ihr das ein paar neugierige Blicke von Mary eingebracht hatte. Ein strammer Marsch im kühlen Morgennebel hatte ihren Kopf geklärt, doch sonst wenig ausgerichtet. Sie spürte noch immer die Wärme seiner Haut auf ihren Händen und hatte noch immer den Geschmack seines Kusses auf den Lippen. Sie sehnte sich nach ihm.
Die Lust, beschloss sie, war trügerisch. Eine Weile hatte sie sie geheim halten können und sich nur ihre Träume von ihr versüßen lassen, doch dieser Kuss hatte sie entfesselt. Nun wollte die Lust, dass sie jede Regel brach und den Verstand ausblendete. Der Lust war es egal, dass ihr Herz in Gefahr schwebte. Sie war ein ungezügelter Hunger. Keira fürchtete, dass sie sie zur größten Närrin machen würde.
Sie versetzte der Tür einen Tritt und wünschte sich, es wäre Liams Schienbein. Er machte auf und starrte auf ihre Füße. Dann blickte er den Flur hinauf und hinunter.
»Was macht Ihr da?«, fragte sie.
»Ich suche nach der kleinen Person, die an der Tür geklopft hat«, erwiderte er.
Sie biss sich in die Wange, um nicht laut zu lachen, und bedachte ihn mit einem strengen Blick, wie sie hoffte. Mit dem schelmischen Grinsen und seinen belustigt funkelnden Augen war dieser Mann einfach umwerfend attraktiv. Das ist bestimmt eines seiner vielen Mittel, Frauen zu verführen, gab sie sich zu bedenken und entfachte ihren Zorn aufs Neue. Sie schob Liam aus dem Weg, marschierte ins Zimmer und nahm sich fest vor, der Versuchung von nun an besser zu widerstehen; denn sie wollte wahrhaftig nicht eine seiner vielen Eroberungen werden.
Liam fügte sich in ihr Schweigen. Er hatte ihr Verlangen geschmeckt und gesehen, dass er sie zum Lachen bringen konnte. Ein Blick in ihr Gesicht hatte ihm gesagt, dass sie sich anstrengte, ihre Belustigung über seinen kleinen Scherz an der Tür nicht zu zeigen. Damit musste er sich einstweilen zufriedengeben.
Sie setzten sich und frühstückten. Danach packten sie ihre Sachen. Liam unternahm währenddessen nur wenige Versuche, ihren schwelenden Zorn zu Wut zu machen. Er wusste, dass es nicht viel dazu bedurfte, doch er wollte den Streit nicht hier provozieren, nicht in einem kleinen Zimmer einer Schenke in Hörweite einer Frau, die er einst beschlafen hatte. Vor allem nicht in Hörweite einer Frau wie Mary, die zweifellos alles weitererzählen würde, was sie hörte, egal wem. Auf ihrem Weg nach Scarglas würde er noch genug Zeit haben, Keira so zu reizen, bis sie vor Wut herausplatzen würde.
Wie kam es nur, dass ihr bislang entgangen war, wie zermürbend dieser Mann sein konnte, fragte sich Keira, als sie ihr Lager für die Nacht aufschlugen. Ihr war fast übel von all der Wut und der Kränkung, die in ihr kochten. Am schlimmsten war, dass wahrscheinlich niemand verstehen würde, warum sie sich so über Liams Worte aufregte. Die Worte hatten nur Macht wegen ihrer gemeinsam verbrachten Zeit und ihres verworrenen Gefühlszustands. Ihr war, als würde er ständig in einer offenen Wunde bohren. Gelegentlich hatte sie auch das Gefühl, dass Liam genau wusste, was er da tat, doch das machte sie nur noch wütender.
Bei der Zubereitung des Abendessens ging er ihr kaum zur Hand. Keira wusste, dass sein Bein schmerzte, weil er etwas blass war und angespannt wirkte. Schmerzen hatten ihn noch vor ein paar Tagen nicht davon abgehalten zu helfen. Es war, als wäre all seine Galanterie verflogen, als habe er sie in der Kate zurückgelassen. Je mehr sie über ihn nachdachte, über die Schar seiner Geliebten und darüber, dass er sie nicht in Ruhe ließ, damit sich ihr Zorn und ihre Verletztheit in kalte Distanz verwandeln
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