Der ungezähmte Highlander
merkte sie plötzlich, dass es um sie herum still geworden war. Alle umstehenden und am Tisch sitzenden Männer sahen mit einer Mischung aus Belustigung und Unglauben zu, wie sie und Fiona mit den Kätzchen spielten. Die Wärme in Sir Ewans Blick verriet Keira, warum Fiona einen solch finster wirkenden, vernarbten und ernsten Mann geheiratet hatte. Nur mit Mühe konnte sie ihre Neidgefühle unterdrücken.
»Auf meiner Tafel spielen Katzen, Fiona«, sagte Sir Ewan.
»Kätzchen, Ewan«, meinte Fiona. »Kleine, hilflose Geschöpfe, grausam ausgesetzt im Wald, mutterlos, hungrig und verängstigt.« Sie seufzte dramatisch. »War es nicht sehr freundlich von Liam und Keira, ihnen Hilfe und Zuflucht zu gewähren?«
»Und das heißt, dass sie an meiner Tafel fressen dürfen?«
»Ach, nur dieses eine Mal.« Fiona grinste und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Zumal dein Vater nicht hier ist. Hast du dich denn schon vergewissert, dass es Liam an nichts fehlt?« Sie warf einen Blick auf Liam, der sich auf der anderen Seite von Keira niedergelassen hatte. »Abgesehen von seinem kaputten Bein, natürlich. Keira hat mir berichtet, wie es dazu kam. Du hast einen Mann verärgert, stimmt’s, Liam?«
»Allmählich glaube ich, es war die Frau, die die Männer auf mich gehetzt und sie angewiesen hat, mich zu verprügeln und den Felsen hinunterzustoßen«, erwiderte Liam. Er nahm sich ein wenig Brot, kalten Braten und Käse, dann starrte er Blitz düster an, der sich neben seinen Teller setzen wollte. »Du hast schon mein ganzes Hammelfleisch gefressen, du Ferkel. Davon kriegst du nichts ab.«
Als Keira stirnrunzelnd über die Dinge nachdachte, die Lady Maude gesagt hatte, ging ihr auf, dass Liam wahrscheinlich recht hatte. »Schon seltsam, dass eine Frau, die Euch als ihren süßen Prinzen bezeichnet, Euch so etwas antut.«
Liam stöhnte und funkelte den breit grinsenden Sigimor finster an. »Lady Maude ist eine richtige Plage. Wenn sie mit diesem verrückten Spiel nicht aufhört, wird ihr Ehemann mich eines Tages tatsächlich töten.«
»Darüber müssen wir noch reden«, meinte Sigimor. »Wir können es doch nicht zulassen, dass dieser Mann unseren süßen Prinzen umbringt.«
»Ach, du meine Güte«, murmelte Keira, als sie merkte, dass ihre Worte Liams Cousins dazu veranlasst hatten, sich über ihn lustig zu machen. »Es tut mir leid, Liam.«
»Das sollte es auch«, murrte er. Die blauen Augen von Blitz verfolgten jeden Bissen Fleisch vom Teller zu seinem Mund, und Liam gab der Katze etwas ab. »Mein Problem ist aber nicht das drängendste.«
»Nay, die Schlacht zur Befreiung Ardgleanns ist gewiss wichtiger als deine Romanze.«
»Es gibt keine Romanze mit Lady Maude, das weißt du ganz genau, Sigimor. Sie ist verheiratet. Leider redet sie ihrem Ehemann ein, dass es etwas zwischen uns gegeben hat. Aber wie du schon sagtest – dieses Ärgernis kann warten. Im Moment interessieren mich vorrangig Ardgleann und Rauf Moubray.«
Sigimor nickte und goss sich ein wenig Ale nach. »Dieser Kerl ist eine Eiterbeule, die dringend aufgestochen werden muss.«
»Kennt Ihr ihn?«, fragte Keira.
»Ich bin ihm nie persönlich begegnet«, erwiderte Sigimor. »Sonst müssten wir uns jetzt nicht mehr mit ihm herumschlagen. Allerdings habe ich gesehen, wozu er fähig ist. Der Mann ist ein tollwütiger Hund. Er muss beseitigt werden.«
Keira spürte, wie Fiona sich anspannte, und sie drehte sich ihr zu und beobachtete, wie sie Ewan, ihren Ehemann, eindringlich ansah. Es war erstaunlich, wie ein solch großer, finster wirkender Mann unter diesem festen weiblichen Blick zu schrumpfen schien.
»Du willst in den Krieg ziehen?«, fragte Fiona Ewan.
»Ich denke daran, mich diesem Kampf anzuschließen, aye«, erwiderte er. »Es ist ein gerechter Kampf. Der Mann hat Lady Keiras Ehemann getötet und sie beinahe. Er hat ihr Land gestohlen, und Sigimors Berichten zufolge wünschen sich die Leute, die er nicht umbringt, sie wären tot. Aber ich werde nicht gleich morgen losreiten, das Ganze muss sorgfältig geplant werden.«
Obwohl Fiona zögernd nickte, spürte Keira ihre anhaltende Anspannung. Sir Ewan spürte sie wohl auch, denn er hielt die Hand seiner Frau und fuhr mit dem Daumen zärtlich über ihren Handrücken. Daran hatte Keira noch gar nicht gedacht: In einem Krieg litten nicht nur die kämpfenden Männer, sondern auch die Lieben, die sie zurückließen und die um die sichere Heimkehr der Männer beteten. Am liebsten hätte sie gesagt,
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