Der ungezähmte Highlander
dass sie ihn heilen kann.«
»War er krank? Das hat sie mir nicht gesagt.«
Malcolm schenkte Liam und sich Ale ein. »Zuerst interessierte er sich für das Mädchen, weil er sich aus dieser Verbindung ein starkes Bündnis mit ihrem Clan versprach. Er wusste, dass sie im Notfall ihre Verwandten würde rufen können. Als sie ihm von ihren Gaben erzählte, war er noch erpichter darauf, sie zu heiraten, weil er hoffte, dass sie ihn eines Tages heilen könnte.« Malcolm verzog das Gesicht und trank einen großen Schluck Ale, bevor er fortfuhr. »Er hatte eine Schwäche in seinem Geschlechtsteil.«
Liam starrte ihn an. »Ihr kennt die ganze Wahrheit, oder?«
»Dass die Ehe nie vollzogen wurde? Aye, aber die Ursache seiner Krankheit lag nicht in seinem Körper, sondern in seinem Kopf, vielleicht auch in seinem Herzen.«
»Er war vereinigungsfähig. Sie hat mir gesagt, was passiert ist, wann immer er versucht hat, sie zu beschlafen. War er geisteskrank?«
»Ja und nein. Er hatte ein geschlechtliches Bedürfnis, er begehrte sie, aber er konnte dem Verlangen nicht nachkommen. Ich glaube, seine Eltern waren schuld daran, vor allem seine Mutter, obgleich sein Vater fast genauso schlimm war. Ich will Euch jetzt nicht mit der ganzen Geschichte belasten, was sie mit ihm angestellt haben, um die Sorgen zu schüren, die ihn plagten. Doch es ist den Eltern und dem boshaften Priester, den sie viele Jahre auf Ardgleann hatten, gelungen, ihn so weit zu bringen, dass er mit keiner Frau das Bett teilen konnte. Die Lust sei eine Sünde, sie sei schmutzig, ein sicherer Weg in die brennenden Abgründe der Hölle – solche Dinge wurden ständig wiederholt, und daneben gab es andere traurige Vorkommnisse – Schläge und grausame Bestrafungen. Der arme Knabe konnte keine normale, gesunde Lust empfinden, ohne davon gequält zu werden. Wenn die Ehe länger gedauert hätte, hätte es mit den beiden vielleicht geklappt. Schließlich ist die Ehe und das Zeugen von Kindern keine Sünde. Aber das Schicksal beschloss, es nicht dazu kommen zu lassen.«
»Sein Vater aber hat solche Bedürfnisse empfunden und auch entsprechend gehandelt, sonst wäre Duncan nicht geboren worden und auch Ihr nicht.«
»Das stimmt, aber der Mann hat sich für solche Sünden gegeißelt, und das sehr oft. Häufig hat seine Ehefrau meine Existenz als Beweis für die abscheuliche Verderbtheit der Männer und ihre tierischen Triebe herangezogen.«
»Ihr braucht mir das nicht weiter zu erklären. Ich hatte mir schon so etwas gedacht. Eine Zeit lang wollte ich Mönch werden. Im Kloster habe ich solche Männer getroffen.« Liam spürte, wie der Rest seiner Eifersucht auf Duncan in einem Strudel des Mitgefühls unterging. »Die Kindheit dieses Mannes muss eine ständige Qual gewesen sein.«
»Aye, traurig, aber wahr. Wahrscheinlich hat er mir nicht einmal die Hälfte der Dinge erzählt, die sie mit ihm angestellt haben, schon wenn sie vermuteten, dass er einen lüsternen Gedanken hegte.«
»Keira hat er nie etwas davon erzählt. Sie denkt, dass er sie nicht begehrenswert fand und dass es ihre Schuld war, wenn er nicht mit ihr das Bett teilen konnte. Ich fürchte, es ist mir noch nicht gelungen, sie vollständig vom Gegenteil zu überzeugen.«
Malcolm schüttelte den Kopf. »Das arme Mädchen. Ich habe Duncan gesagt, dass er offen mit ihr reden soll, aber er hatte wohl einfach nicht den Mut dazu. Und dann hatte er keine Möglichkeit mehr.«
»Wie viele Menschen wissen davon?«
»Nicht sehr viele, und die reden nie darüber. Keira ist ein gutes Mädchen. Wer die Wahrheit kennt, ist bereit, sie als Laird anzuerkennen und damit auch ihren Clan. Ihr hingegen müsst Euch womöglich erst beweisen. Aber wenn Ihr uns von diesem Dämon befreit, der jetzt die Burg besitzt, wird Euch das zweifellos jedermanns Treue einbringen.«
Liam schüttelte nachdenklich den Kopf. »Vielleicht, aber um Ardgleann wieder zu dem zu machen, was es war, wird es nicht reichen, dieses Schwein zu schlagen. Zeichen seiner Brutalität und Gier finden sich überall. Es wundert mich, dass er Euch nicht all Eure schönen Sachen geraubt hat.«
Malcolm warf einen Blick in den Raum, in dem seine Arbeit ausgestellt war. »Er hat einiges mitgenommen, aber das ist mir gleichgültig. Das Schlimmste, was er mir antun konnte, war, meinen größten Schatz zu rauben, mein Herz und meine Seele: meine schöne Joan.«
Mit erstickter Stimme fuhr er fort: »Ich kann kaum noch schlafen, weil ich ständig daran denken
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