Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis
stammten, aber natürlich konnte hier doch die Rede von ... von der Hand einer Gattin zum Beispiel sein. Das lässt sich nicht ausschließen, dachte er. Von der Ehefrau eines toten Erpressers, die seine Tätigkeit nun auf eigene Faust weiterführte.
Die die Tätigkeit weiterführte und die Forderungen erhöhte.
Von dieser Möglichkeit ließ sich einfach nicht absehen. Er beschloss sich darüber zu informieren, wie der Mann bei der Trattoria Commedia geheißen hatte und seine Ermittlungsarbeiten an diesem Punkt beginnen zu lassen. Denn zwischen ihm und dem anderen musste es doch eine Verbindung geben, irgendeine Art von Verbindung.
Dem anderen, überlegte er.
Dem Widersacher.
Ich würde meine rechte Hand dafür hergeben, um seine Identität zu erfahren.
Die Zeit hatte gute und schlechte Wirkungen.
Natürlich brauchte er Zeit, um sich vorzubereiten und Pläne zu schmieden. Obwohl er nicht vorhatte, das Geld zu besorgen, das dieser »Freund« sich wünschte. Nein, er brauchte eine andere Art von Zeit. Er brauchte Zeit zum Handeln. Zeit um Informationen einzuholen, sich vorzubereiten.
Es dauerte nicht lange, bis die genannte Frist (»genau sieben Tage«, eine Formulierung, die er in den letzten Briefen gefunden hatte, er fragte sich, warum) ihre Vorzeichen umgekehrt zu haben schien. Sie kam ihm lange vor. Was genau sollte er tun? Was? Welche Pläne sollte er angehen? Welche Vorbereitungen?
Das Einzige, was ihm so nach und nach gelang, war, den Namen seines zweiten Opfers in Erfahrung zu bringen. Erich Van Veeteren. Diesen Namen speicherte er in seinem Gedächtnis — steckte ihn ins selbe Fach wie den von Wim Felders. Ins Fach der Getöteten. Aber sich wirklich an die weiteren Ermittlungen zu machen, im Privatleben dieses unbekannten Menschen herumzuwühlen, das war zu viel für ihn. Er brachte es nicht über sich. Suchte sich allerdings die Adresse aus dem Telefonbuch heraus, und am Mittwochabend stand er eine Weile unten auf dem Ockfener Plejn, schaute an einer verrußten Fassade hoch und fragte sich, welche Wohnung wohl die richtige sein könnte. Stand fröstelnd im Regen, brachte es aber nicht über sich, die Straßenbahnschienen zu überqueren, sechs Treppenstufen hochzugehen und die Namensleiste neben der Klingel zu studieren.
Es reicht, dass ich ihn umgebracht habe, dachte er. Das ist schlimm genug, seine Wohnung brauche ich nicht auch noch aufzusuchen.
An diesem Abend gab er jeglichen Gedanken an weiteres Detektivspielen auf. Sah inzwischen ein, dass das auch gefährlich sein könnte, die Polizei könnte auf ihn aufmerksam werden. Bestimmt gaben sie sich doch alle Mühe, den Mord an dem jungen Mann aufzuklären. Besser, er richtete sich aufs
Warten ein. Auf das Warten auf die weiteren Instruktionen, die mit hundertprozentiger Sicherheit in der Montagspost sein würden.
Auf das Warten auf den blassblauen Brief, um danach das Problem dahingehend zu lösen, wie der Erpresser sich diesmal die Übergabe gedacht hatte.
Auf irgendeine Weise muss sie ja stattfinden, dachte er. Zu einem gewissen Zeitpunkt und an einem gewissen Ort musste es zu einem physischen Kontakt zwischen ihm und dem Erpresser kommen.
Oder eher noch zwischen ihm, dem Geld und dem Erpresser — es gab drei Glieder in dieser Kette, und es war durchaus möglich, dass der Gegner diesmal seine eigene Sicherheit noch besser hüten würde als beim ersten Mal. Das war sogar sehr wahrscheinlich, er hatte es hier nicht mit einem Dilettanten zu tun, das war ihm mit aller wünschenswerten Deutlichkeit gezeigt worden. Aber auf irgendeine Weise musste der andere das Geld eben doch an sich bringen, und auf irgendeine Weise musste er überlistet werden.
Wie genau, würde die Zeit zeigen. Die Zeit und der nächste Brief.
Nach dem Besuch am Ockfener Plejn verbrachte er den ganzen Abend mit einer neuen Flasche Whisky vor dem Fernseher, und als er gegen Mitternacht schlafen ging, drehten sich Bett und Schlafzimmer.
Aber so hatte er sich das auch gewünscht. Zumindest in dieser Nacht musste er durch die Wolfsstunde hindurchschlafen. Am Donnerstag hatte er dienstfrei.
Der Donnerstag war der Tag, an dem Vera Miller anrufen würde.
Drei Tage ohne Kontakt, das hatten sie abgemacht. Eine kurze Zeit, die sie nutzen würde, um mit ihrem Mann zu sprechen. Von ihrer Beziehung zu erzählen. Ihre Freiheit zu gewinnen.
Als sie um sieben Uhr abends anrief, spürte er noch immer
deutliche Reste seines gewaltigen Alkoholkonsums vom Vortag. Sie hörte sich
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