Der Ungnädige
abgewöhnt. «
» Hatten Sie eigentlich schon mal eine Freundin? Also eine, mit der Sie sich vom Alter her nicht strafbar machen? «
» Es ist für mich schwer, Frauen kennen zu lernen. «
» Sie müssen es natürlich auch versuchen. « Derwent deutete mit dem Daumen in meine Richtung. » Sie haben meine Kollegin noch kein einziges Mal angesehen, seit wir hier sind. Zugegeben, sie sah schon mal besser aus, aber hässlich ist sie jedenfalls nicht. «
Ich hätte Derwent umbringen können.
» Mir ist grad nicht so nach Flirten « , sagte Forgrave und zeigte auf sein Gesicht.
» Trotzdem. Ist doch irgendwie komisch. «
» Ach ja? « Er hustete ein bisschen und schloss die Augen. » Sind Sie dann fertig? «
» Vorerst. « Derwent stand auf. » Kommen Sie, Kerrigan. «
Ich sparte es mir, mich von Forgrave zu verabschieden, und ging gleich in Richtung Tür. Ich merkte, dass Derwent sich noch nicht in Bewegung gesetzt hatte. Als ich mich umdrehte, begriff ich, warum. Er beobachtete Forgrave, wie er mir nachsah.
» Okay, diesmal haben Sie hingesehen, war ja klar. Aber das war ein bisschen spät und reicht mir nicht « , sagte er leise. » Ich merke immer, wenn jemand lügt, William. Wir finden schon raus, mit wem Sie in Mailkontakt standen und was Sie seit Ihrer Entlassung sonst noch so getrieben haben. Schließlich konnten Sie Mr. Skinner nicht davon überzeugen, dass Sie eine reine Weste haben– und uns auch nicht. Sie werden Ihre gerechte Strafe kriegen– so oder so. «
» Aber Sie werden nichts finden. «
» Sind Sie da sicher? « , grinste Derwent. » Gute Besserung, Mr. Forgrave. Und immer schön positiv denken. «
Bei mir klappte es mit dem positiven Denken nicht so gut. Aber wenigstens hatte ich mich hinreichend im Griff, um abzuwarten, bis wir außer Hörweite des Beamten vor Forgraves Krankenzimmer waren, ehe ich auf Derwent losging:
» Sagen Sie mal, geht’s noch? «
» Was denn? «
» Sie haben mich hierher gebeten. Sie wollten, dass ich Sie bei der Vernehmung unterstütze. Und dann wollen Sie nicht mal wissen, ob ich vielleicht auch irgendwelche Fragen an ihn habe? «
» Tja, um die Art Unterstützung ging es mir halt nicht. « Er tätschelte mir die Schulter. » Keine Sorge, Kerrigan, Sie haben Ihren Beitrag geleistet. «
» Sie haben mich benutzt. «
» Bitte, ersparen Sie mir Ihre feministische Entrüstung. « Er drückte auf den Knopf für den Fahrstuhl. » Ich hab Ihnen doch gesagt: Nutzen Sie es aus, dass Sie jung und einigermaßen attraktiv sind. Machen Sie das Beste draus, und jammern Sie deswegen nicht sinnlos rum. «
Ich verschränkte die Arme. » So wie Sie das Beste aus Ihrem legendären Charme machen? «
» Ach, hören Sie doch auf. « Er zeigte mit dem Daumen zu Forgraves Zimmertür. » Der Typ da ist alles andere als sauber. Der hatte bestimmt was Übles im Sinn. «
» Kommt mir auch wie ein krummer Hund vor « , bestätigte ich zögernd. » Aber ich bin trotzdem sauer. «
» Aha. « Der Fahrstuhl kam, und Derwent stieg ein, verwehrte mir aber mit dem Arm den Zutritt. » Lassen Sie’s am besten auf der Treppe raus. Ich will nicht, dass Sie mir die ganze Rückfahrt über die Ohren vollheulen. Wir treffen uns dann auf dem Parkplatz. «
Sprachlos vor Wut wich ich zurück, als sich die Fahrstuhltüren schlossen. Um mich zu beruhigen, waren die paar Treppen ganz bestimmt nicht genug. Aber Derwents Sorge, dass ich zu viel reden würde, war absolut unbegründet. Er wollte Schweigen, also bekam er Schweigen. Die ganze Rückfahrt über. Und wenn er das als Schmollen einstufte– was er natürlich tat–, sollte es mir recht sein.
Der Besprechungsraum platzte schon fast aus den Nähten, und trotzdem kamen immer noch mehr Leute herein. Auf der Suche nach einem Platz schob ich mich durch die Menge, verzichtete aber auf den freien Stuhl in Robs Nähe und ließ mich stattdessen neben Liv Bowen nieder. Rob nickte mir unverfänglich zu. Kein Außenstehender würde je auf die Idee kommen, dass wir den gestrigen Abend zusammen verbracht hatten– und genau das war vermutlich der Punkt. Ich nahm mir vor, nicht weiter darüber nachzudenken, was natürlich prompt das Gegenteil bewirkte. So war es fast eine Erleichterung, die prüfenden Blicke meiner Kollegen wahrzunehmen. Die meisten schienen außerordentlich fasziniert von meinen Blessuren zu sein. Aber für solche Fälle hatte ich eine undurchdringliche Miene parat, mit der ich plumpe Bemerkungen abwehrte.
Liv, der ich eigentlich mehr
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