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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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er ihre Sorgen nicht ernst genommen hat? «
    » Vor allem, dass sie ihm überbesorgt vorkamen und dass die Tochter als erwachsener Mensch ihre eigenen Entscheidungen treffen könne. Aber es gab noch ein paar andere Indizien, die ihm in die Hände gespielt haben. « Ich berichtete Liv, was ich von DS Rai über die persönlichen Sachen der Vermissten erfahren hatte. Sie sah mich nachdenklich an.
    » Ich will diesen Rai ja nicht in Schutz nehmen, aber das hört sich für mich durchaus schlüssig an. Ich meine, wenn Sachen aus ihrer Wohnung fehlten und ihr Konto abgeräumt wurde, dann liegt es doch nahe, dass sie sich absetzen wollte und das halt auf die kalte Tour durchgezogen hat. Ich bin mir nicht sicher, ob das in meinen Augen weiter reichende Ermittlungen gerechtfertigt hätte, um eine erwachsene Frau zu finden, die, wie es aussieht, gar nicht gefunden werden wollte. «
    » Also zum einen war sie überhaupt nicht der Typ, der einfach so, ohne Ankündigung, ihren Job sausen lässt. Als Leiterin dieser Kita hatte sie einen sehr guten Draht zu den Betreibern, es gab also keinen beruflichen Stress, vor dem sie hätte weglaufen müssen. Mit ihren Kolleginnen ist sie auch total gut ausgekommen. So gut, dass sie bei einer von ihnen Trauzeugin war und bei einer anderen Taufpatin der Kinder. Sie liebte Kinder über alles, sagt ihr Vater. Sie hat immerzu von ihrer Arbeit erzählt, lauter nette Geschichten, was die Kleinen so gesagt oder gemacht haben. «
    » Hm, klingt eigentlich ganz positiv « , sagte Liv verhalten.
    » Es klingt zumindest nicht nach einem Job, den man einfach so hinschmeißt, ohne vorher wenigstens mal anzurufen. Außerdem war Patricia die einzige Mitarbeiterin, die einen Schlüssel für die Kita hatte. Wenn sie vorgehabt hätte, auf Dauer zu verschwinden, hätte sie doch bestimmt den Schlüssel dagelassen, entweder dort oder in ihrer Wohnung. «
    » Sie hat den Schlüssel mitgenommen? «
    » Offenbar. Er wurde jedenfalls nie gefunden. Aber das war nicht die einzige Ungereimtheit. Mrs. Farinelli hatte DS Rai mehrfach besorgt darauf hingewiesen, dass Patricia den Behälter für ihre Kontaktlinsen und die Reinigungslösung nicht mitgenommen hatte. Das war überhaupt nicht schlüssig, denn an dem Tag, als sie zuletzt gesehen wurde, hat sie Kontaktlinsen getragen. Also brauchte sie auch den Reiniger, ansonsten konnte sie sie wegschmeißen, denn es waren keine Einweglinsen. Patricia ist laut ihrer Mutter extrem kurzsichtig, fühlt sich mit Brille aber unwohl. Daher trug sie meistens Kontaktlinsen, hatte aber für den Notfall auch immer eine Brille dabei. Ersatz hatte sie sowohl bei der Arbeit als auch zu Hause immer parat. Da war sie wohl richtig zwanghaft, was auch verständlich ist, denn sie konnte so schlecht sehen, dass sie es ohne Hilfe nicht mal von hier bis zur Tür geschafft hätte, laut ihrer Mutter. «
    » Ich hab beim Packen auch schon mal was vergessen. Auch wichtige Sachen. «
    » Mrs. Farinelli war fest davon überzeugt, dass sie die Linsen niemals vergessen hätte. Sie waren wohl immer das Erste, was sie eingepackt hat. Außerdem hat sie ein Schmuckkästchen mit Erbstücken ihrer Großmutter dagelassen– einem Diamantring und mehreren Ohrringpaaren. Selbst wenn sie ihr nicht gefallen haben, fand es ihre Mutter seltsam, dass sie die Sachen für ihre Reisekasse nicht zu Geld gemacht hat. « Ich nippte an meinem Tee. » Und dann ihre Kleidung. Patricia hatte sehr stark zugenommen, sodass sich ihre Garderobe zwischen Größe 38 und 46 bewegte. Mitgenommen hat sie aber nur Sachen in 38 und 40. Selbst wenn sie vorhatte abzunehmen, hätte sie erst mal ein paar Monate lang nichts anzuziehen gehabt. «
    » Okay, Punkt für dich. « Liv rührte in ihrem Tee und starrte in die Tasse, als er darin zu rotieren begann. » Was denkst du? Dass sie nicht selbst gepackt hat? «
    » So ungefähr. Mir kommt die ganze Geschichte irgendwie inszeniert vor. Als hätte sich jemand viel Mühe gegeben, dass alles hübsch unverdächtig wirkt, weil wir erwachsene Menschen ja allgemein als frei und unabhängig ansehen, solange die Umstände nicht auf eine Gefährdung hindeuten. Und allem Anschein nach hatten sie Erfolg damit. «
    » Okay, aber wer? Und mal angenommen, es war derselbe Täter wie bei Cheyenne, warum sollte er sich erst eine übergewichtige Kita-Leiterin und dann eine Jugendliche aussuchen? Und vor allem wie? «
    » Zum Warum kann ich nichts sagen, aber das Wie hat ganz sicher mit dem Internet zu tun. Patricias

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