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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Sie wollten sich doch vor der nächsten Vernehmung noch den anderen Tatort ansehen. Das schaffen wir allerdings nur, wenn wir jetzt gleich losfahren. «
    Das hörte sich zwar entsetzlich kleinlaut und entschuldigend an, aber wenigstens war Derwent klug genug, diese Chance zu nutzen, um mit unversehrtem Gesicht den Abgang zu machen. Graham Gordon folgte uns aus der Küche, ging dann jedoch nach oben, statt uns hinauszubegleiten. Als ich die Tür hinter uns ins Schloss zog, hörte ich, wie seine Frau ihm eine kurze Frage stellte, die er noch kürzer beantwortete. Ich musste nicht lange überlegen, ob er ihr erzählen würde, was in der Küche vor sich gegangen war. Solche Dinge verschwieg er ihr sicher bewusst, um sie zu schützen, genauso wie er sie in dem Glauben ließ, dass er den Kontakt seines Schwagers zu den Kindern toleriert hätte. Dass er so heftig auf Derwents Fragen reagierte, lag natürlich daran, dass diese ganz klar einen wunden Punkt berührt hatten. Gordon war bestimmt erleichtert gewesen, als Barry es abgelehnt hatte, bei ihnen einzuziehen. Vielleicht hatte er gar nicht versucht, ihn zu überzeugen, sondern Barry in seiner Ablehnung unterstützt und Veras Einwände dagegen zerstreut. Damit sie in Ruhe und Frieden leben konnten. Und das bereute er jetzt.
    Trauer war schon schwer genug zu ertragen. Noch schwerer allerdings war Trauer mit einem schlechten Gewissen auszuhalten.
    Ich wartete, bis wir eingestiegen waren, ehe ich Derwent zur Rede stellte. » Was sollte das denn jetzt? «
    » Was– die paar Sticheleien? Nichts weiter. Ich wollte nur mal abchecken, wie er so tickt. «
    » Und wozu das? Er ist schließlich nicht verdächtig. «
    » Kann man nie wissen. «
    » In diesem Fall schon. Vera Gordon hat ausgesagt, dass sie Ivan Tremlett nicht kannten. Sein Tod hätte für sie keinerlei Nutzen gehabt– selbst wenn sie Barry loswerden wollten. Aber offensichtlich hatten sie ja sowieso kaum was mit ihm zu tun. Er hat sie nicht besucht und ist ihnen nicht zur Last gefallen. «
    » Hm « , machte Derwent abwesend und fuhr los, während er noch mit dem Navigationsgerät am Armaturenbrett hantierte. » Wir dürfen nicht vergessen, dass ihnen jetzt das Haus gehört. Wenn sie das ein bisschen aufhübschen und verkaufen, können sie damit ein nettes Sümmchen machen. Gegen eine kleine Finanzspritze so nebenbei dürfte niemand was haben. «
    » Sie glauben doch nicht wirklich, dass sie Barry umgebracht haben, um an das Haus zu kommen. «
    » Nicht direkt. « Ungehalten drückte er auf die Hupe, um einen Renault daran zu hindern, vor uns auf die Straße zu biegen. » Aber man kann nie wissen, was jemand so ausspuckt, wenn man ihn ein bisschen härter anpackt. Die sanfte Kuscheltaktik funktioniert bei Ihnen im Moment vielleicht noch, aber wenn Sie ein paar Jahre älter sind und nicht mehr ganz so nett aussehen, läuft das auch nicht mehr. «
    » Ich versuch’s mir zu merken. «
    » Sind Sie jetzt gar nicht sauer? « , erkundigte er sich überrascht– und möglicherweise auch ein wenig enttäuscht.
    » Sollte ich? « Die ehrliche Antwort wäre natürlich Ja gewesen. Nachdem Derwent bei seinem Geplänkel mit Graham Gordon Blut geleckt hatte, war er offenbar fest entschlossen, mich zu provozieren, während ich nicht minder entschlossen war, darauf nicht einzusteigen.
    » Nicht nötig. Ist ja toll, dass Sie so viel Humor haben. Davon hat Godley gar nichts gesagt, als er mir von Ihnen erzählt hat. «
    Ich brannte darauf zu erfahren, was der Chef über mich so gesagt hatte– ob er erwähnt hatte, dass ich voriges Jahr um ein Haar umgebracht worden war, oder ob er sich nur auf meine Fähigkeiten als Polizistin beschränkt hatte. Ich sparte mir einen Kommentar und schaute aus dem Fenster.
    » Wollen Sie denn gar keine Einzelheiten hören? «
    Hätte ich nachgefragt, wäre es für Derwent sicher ein großes Vergnügen gewesen, mich auf den vertraulichen Charakter des erwähnten Gespräches hinzuweisen. Ich zuckte die Schultern. » Vermutlich hatte er nicht besonders viel zu sagen. Ich bin ja noch nicht lange in seinem Team. «
    » Trotzdem lange genug, dass er ein paar ziemlich klare Schlüsse über Sie gezogen hat. «
    » Klingt ja vielversprechend « , gab ich mich locker, wurde aber in meinem Sitz immer kleiner. Denn es hatte schon einigen Anlass zur Kritik gegeben. Schließlich hatten wir vor allem bei einem Fall miteinander zu tun gehabt, bei dem ich letztendlich im Krankenhaus gelandet war, weil ich zur

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