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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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dieser Schuld nicht leben « , beendete Derwent Godleys Satz.
    » Vermutlich, aber das wollte ich nicht sagen. « Godley lächelte Derwent freundlich an, aber sein Blick war so eisig wie sein Tonfall. » Wenn er ihr oder Serena auch nur ein Haar krümmt, dann werde ich ihm eine Lektion über Vergeltung erteilen, die er nie vergessen wird. «
    Derwent war nicht sonderlich überrascht von diesen Worten, was man von mir keineswegs behaupten konnte. Es kam mir fast so vor, als wäre Godley meine Anwesenheit gar nicht mehr bewusst, so offen und ungeschützt wie er redete, was es für mich in gewisser Weise noch erschreckender machte.
    » Maeve Kerrigan? «
    Eine Krankenschwester aus der Notfallambulanz schaute sich suchend im Wartezimmer um. Endlich. Ich stellte den Tee ab, unterbrach die mir unbehagliche Unterhaltung und verabschiedete mich im Gehen eilig von Godley und Derwent. » Danke, dass Sie gekommen sind. Bis morgen dann. «
    » Aber kommen Sie nicht zu zeitig « , rief mir Godley nach. » Lassen Sie es ruhig angehen. Das ist ein Befehl. «
    Ich lächelte zurück, auch wenn ich nicht vorhatte, diesen Befehl zu befolgen.
    Es dauerte seine Zeit, bis alle relevanten Ärzte mich begutachtet und mir bestätigt hatten, dass ich weder eine Gehirnerschütterung noch sonstige schwere Verletzungen hatte. Als ich endlich nach Hause gehen durfte, prangte auf meiner Stirn ein großer weißer Verband, und ich war todmüde. Ich rechnete nicht damit, dass jemand auf mich wartete, als ich den Untersuchungsraum verließ. Unter anderen Umständen wäre vielleicht Rob vorbeigekommen, um zu sehen, wie es mir geht, aber das war momentan eher unwahrscheinlich. Inzwischen hatte er vermutlich erfahren, was passiert war. So wie alle anderen auch. Skinners Festnahme und die Begleitumstände waren bestimmt das Gesprächsthema Nummer eins im Büro. Schon bei dem Gedanken daran, was Leute wie Peter Belcott jetzt sicher über mich zu hecheln hatten, wurde mir ganz anders. Bestimmt nichts Schmeichelhaftes, so viel stand fest.
    Im Wartezimmer war in der Tat keine Spur von Rob, aber dafür sah ich ein anderes bekanntes Gesicht. Derwent saß immer noch so da wie vorhin, als ich aufgerufen wurde: mit verschränkten Armen und in der breitbeinigen Pose des bekennenden Machos. Ich ging auf ihn zu.
    » Na, sitzt sich’s gut hier? «
    » Schön wär’s. « Er stand auf und streckte sich. » Alles okay? «
    » Der Arzt meinte, mit einer Aspirin und ordentlich Schlaf dürfte die Sache erledigt sein. «
    » Na, dann wollen wir Sie mal heil nach Hause bringen. Auf geht’s. « Er klimperte mit seinen Autoschlüsseln vor meiner Nase, als wäre ich ein Hund, der Gassi gehen sollte.
    » Also, nur um es richtig zu verstehen: Sie bieten mir echt gerade an, mich nach Hause zu fahren? «
    » Wollen Sie lieber mit dem Bus fahren? Die Leute werden Sie alle anstarren. «
    Eigentlich war mir das tatsächlich lieber. Das Starren war ich inzwischen gewohnt.
    Er grinste. » Ich hab dem Boss versprochen, Sie heimzubringen. Das war die einzige Möglichkeit, ihn zum Gehen zu bewegen. Außerdem hab ich tatsächlich ein schlechtes Gewissen, dass ich Sie so umgerannt habe. Da ist das doch das Mindeste, was ich jetzt für Sie tun kann. «
    Mein erster Impuls war, dankend abzulehnen. Noch einige Stunden zuvor hätte ich sicher alles getan, um eine Autofahrt mit DI Derwent zu vermeiden, aber jetzt war ich eigentlich zu müde, um dieses verlockende Angebot einfach auszuschlagen. Und außerdem wurde ich auf eine komische Weise doch langsam warm mit ihm.
    » Okay. Aber keine Musik. Ich hab echt krasse Kopfschmerzen. Und daran sind nur Sie schuld. «
    Den ganzen Rückweg über benahm er sich tadellos, plauderte über nette Belanglosigkeiten und vermied alles, was mit der Arbeit zu tun hatte. Er schnitt auch keinerlei private Themen an oder Dinge, die mir unangenehm sein könnten. Er konnte durchaus sympathisch sein, zog es aber meistens vor, das Arschloch zu geben, sinnierte ich verwundert.
    Als er vor meinem Haus anhielt, gab er einen Pfiff von sich. » Wow, wie herrschaftlich. «
    » Soll das ’n Witz sein? Die Bude fällt fast zusammen. Außerdem bewohne ich nur ein winziges Eckchen davon.«
    » Welches Eckchen denn? «
    Ich zeigte darauf. » Erdgeschoss. Das Erkerfenster da ist meins. «
    » Zieht Diebe magisch an « , analysierte er. » Man sollte nie ins Erdgeschoss ziehen. Vor allem als alleinstehende Frau. Viel zu gefährlich. «
    » Herzlichen Dank für den guten Rat. «

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