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Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Ich
setzte meinen Hut auf den Kopf eines Bronzelöwen, der neben der Tür kauerte,
und durchquerte die Halle.
    Weit offene Doppeltüren führten
in einen Tanzsaal. Rund zwei Dutzend Menschen waren dort versammelt und standen
mit den Gläsern in der Hand herum. Ich trat ein und ging zu der riesigen
Cocktailbar, die eine ganze Wandseite einnahm. Niemand war da, der bediente, aber
die Flaschen standen in Reih und Glied und warteten nur darauf, in Bewegung
gesetzt zu werden. Ich goß einen kräftigen Schuß »Haig and Haig« über ein paar Eiswürfel und nahm dann mein Glas fest in die Hand.
    Dann erst wagte ich mich
umzusehen, um die Leute näher zu betrachten. Jedenfalls war es meine Absicht
gewesen, von der ich jedoch abgelenkt wurde. Sogar in recht angenehmer Weise.
    »Geht hier zu wie in einem Zoo,
nicht wahr?« sagte eine Stimme neben mir.
    Ich wandte mich um und sah die
Sprecherin an. Sie war groß. Dichtes blondes Haar fiel ihr in metallisch
glänzenden Wellen bis auf die Schultern herab. Ihr Körper war reif und
sinnlich. Schwellende Brüste zeigten sich in ihrem tief ausgeschnittenen Kleid;
eine schmale Taille ließ die vollen Hüften und lange, gutgeformte Beine ahnen,
die das Kleid verdeckte. Ihre Augen waren von einem lebhaften Blau — und wenn
sie mich mit ihnen ansah, war es fast wie eine körperliche Berührung.
    »Ich sagte«, wiederholte sie,
»es ginge hier zu wie in einem Zoo, nicht wahr?«
    »Entschuldigen Sie«, bat ich,
»ich war zu sehr damit beschäftigt, Sie anzusehen.«
    »Und sind Sie nun zufrieden?«
    »Ich bin so weit gegangen, wie
es mit den Augen möglich ist«, erwiderte ich. »Ich möchte nicht behaupten, daß
ich zufrieden bin, beeindruckt wäre wohl eine bessere Bezeichnung.«
    »Sie können eigentlich nicht zu
Elis Freunden gehören«, meinte sie. »Die haben einen weit geringeren
Wortschatz.«
    »Ich bin mit ihm bekannt«,
erklärte ich vorsichtig. »Ein wenig weitläufig.«
    Sie musterte mich aufmerksam.
»Ich wollte eigentlich früh wieder weg. Vielleicht ändere ich noch meine
Absicht.«
    »Sind denn Sie mit Kaufman
befreundet?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich
bin eine Freundin von Marlene — seiner Frau. Hätte ich gewußt, daß sie gar
nicht hier ist, wäre ich auch nicht gekommen.«
    »Ach was«, antwortete ich.
    »Ich heiße Jo Dexter«, sagte
sie.
    »Al Wheeler«, erwiderte ich.
    »Wir sollten uns öfters einmal
sehen«, erklärte sie ernsthaft.
    »Seitdem wir uns hier getroffen
haben, bemühe ich mich die ganze Zeit, mehr von Ihnen zu sehen zu bekommen«,
versicherte ich ihr höflich.
    »Wie ich sehe, ziehen Sie die
Keule dem Degen vor.«
    »Frauen, die so offenherzig
sind wie Sie«, erklärte ich ihr, »machen sich entweder einen Spaß daraus oder
nicht. Am schnellsten stellt man so etwas mit einer Keule fest.«
    »Sie scheinen sich mit diesen
Dingen schon eingehender befaßt zu haben«, meinte
sie.
    Jemand blieb vor uns stehen.
Ein hochgewachsener, kräftiger Mann, der sich jedoch sehr leicht bewegte.
Schwarzes Haar mit Geheimratsecken und ein starkes Kinn. Und Augen, denen
nichts zu entgehen schien.
    »Hallo, Eli«, sagte Jo Dexter.
»Ich wußte nicht, daß Marlene nicht da ist.«
    »Sie ist schon seit einigen
Tagen verreist«, erklärte er gleichgültig. »Ist nach Los Angeles gefahren, um
einige Besorgungen zu machen oder dergleichen.« Während er sprach, sah er mich
die ganze Zeit neugierig an.
    »Sie kennen doch sicherlich Al
Wheeler?« fragte ihn Jo Dexter.
    »Aber natürlich«, antwortete er
gleichgültig und streckte mir die Hand hin. »Was machen Ihre Geschäfte, Al?«
    »Ausgezeichnet«, erwiderte ich.
»Und was macht das Kasino?«
    »Im Augenblick ein bißchen
Ärger mit den Stadtvätern«, erklärte er. »Aber das werde ich schon schaffen.«
Er trat einen Schritt zurück. »Viel Vergnügen weiterhin, liebe Freunde«, sagte
er und war schon verschwunden.
    Jo Dexter rümpfte kritisch die
Nase, als sie ihn weggehen sah. »Warum Marlene jemals diesen Mann geheiratet
hat, wird mir stets ein Rätsel bleiben!«
    »Könnte vielleicht Geld der
Grund sein?«
    »Seien Sie nicht so
niederträchtig! Und würden Sie mir noch etwas zu trinken geben, Al Wheeler? Ich
habe so einen Durst.«
    »Aber gern. Was soll’s denn
sein?«
    »Scotch.«
    »Und?«
    »Nur Scotch.«
    Ich goß ein und reichte ihr das
Glas. »Leben Sie hier in der Gegend?«
    »Ich habe ein Haus ein Stück
weiter die Straße entlang«, antwortete sie. »Ein paar Meilen. Aber nur für
einen Monat. Ich habe

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