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Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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vorbeigekommen wäre, um zu essen. »Die haben wohl alle einen Henkelmann dabei«, murmelte er und überlegte, was er als Nächstes tun sollte. Die Idee, sich auf das Gelände zu schleichen, erschien zwecklos, da es so übersichtlich war. Und außerdem, was sollte es ihm nützen? So gerne er einen Blick hineinwerfen würde, so erschien es ihm doch unmöglich, den Zaun um die Gewächshäuser zu überwinden. Und der Wachmann am Haupttor würde ihn mit Sicherheit entdecken, wenn er versuchte, in das Hauptgebäude zu gelangen. Vielleicht kann ich jemanden auf dem Weg nach Hause abfangen, überlegte er und sah auf seine Armbanduhr. Aber das wäre erst in dreieinhalb Stunden.
    Sein Blick fiel auf das Gleis. Er nahm das Fernglas, stellte es scharf und verfolgte mit den Augen das Gleisbett durch die Felder. Bäume und Büsche säumten den größten Teil der Strecke, und es lief dicht vor den Gewächshäusern vorbei. Vielleicht kann ich von da aus einen Blick hineinwerfen, überlegte er. Wenn ich mich auf dem Gleis anschleiche, kann mich bestimmt niemand sehen.
    Sein linkes Bein schmerzte, als er auf den Schwellen entlangging, aber dennoch kam er gut voran. Seit dem Angriff auf ihn waren 17 Tage vergangen, und eine Woche, seitdem er sich selbst die Fäden gezogen hatte. Er hatte nur noch Schwierigkeiten, wenn er sich mit dem Fußballen abstieß und die Wadenmuskeln zu stark bewegte. Trotz der Muskelrisse und des fehlenden Gewebes verheilten die Fasern gut, aber die Narben schränkten seinen Bewegungsspielraum ein.
    Die Sonne heizte die Steine des Gleisbettes mit der vollen Kraft des Nachmittags auf, und das dunkle Holz verströmte einen solch ätzenden Kreosotgeruch, dass er ganz tief in seine Nase eindrang und seinen Rachen reizte. Er marschierte so rasch, dass er mit offenem Mund atmen musste, und er knöpfte sein Hemd auf und ließ es hinter sich herwehen, während der Wind den Schweiß verdunsten ließ und seinen Oberkörper kühlte. Er war ziemlich stolz darauf, dass er den Rettungsring, den er über den Winter angelegt hatte, wieder verloren hatte; es begann sich positiv auszuwirken, dass er seinen Whiskykonsum reduziert hatte und immer in Bewegung blieb. Um ihn herum zirpten die Zikaden, und ihre Geräusche mischten sich mit dem unablässigen Flüstern der Büsche und jungen Bäume, die die Strecke säumten. Die Geräusche, so hoffte er, würden das gelegentliche Knirschen seiner Schritte überdecken.
    Zuvor war er knapp anderthalb Kilometer am Eingang von Agrenomics vorbeigefahren, bevor er wieder am Straßenrand geparkt hatte. Er hängte das Fernglas um den Hals und lief mehrere hundert Meter durch ein Feld, bis er die Bahnstrecke erreichte. Von dieser Stelle aus, auf einem flachen Hügel, konnte er sehen, wo das Gleis etwa anderthalb Kilometer weiter westlich in die Hauptstrecke einmündete. Einige Kilometer dahinter lag ein Rangierbahnhof, wo aneinander gehängte Güterwagen auf Dutzenden von Gleisen warteten. Mit seinem Fernglas erkannte er eine kleine Diesellok, die sich ihren Weg durch Weichen und Gleise suchte, an eine Reihe von geschlossenen Güterwagen ankoppelte und sie dann das Gleis entlangzog. Er entdeckte auch einen Mann in Jeans mit einem Helm, der an einer Leiter am letzten Wagen hing und mit den Armen gestikulierend dem unsichtbaren Lokführer im Führerstand der Maschine Instruktionen gab. Um sie herum erstreckten sich endlose Felder mit einen Monat altem Mais, der durch den Regen der letzten Zeit üppig grün war. Einen verschlafeneren Anblick als diesen konnte er sich nicht vorstellen.
    Vielleicht sollte ich diesen Männern einen Besuch abstatten, wenn ich hier fertig bin, dachte er, während er weiter auf das Agrenomics-Gelände zutrottete und auf die glänzenden Schienen blickte, die offensichtlich häufig benutzt wurden. Vielleicht erfahre ich, was sie von dort abtransportieren und wohin es geht.
    Links vor ihm tauchten die Gewächshäuser auf. Während er näher kam, behielt er durch das Laub auf seiner Rechten die Rückseite des Laborgebäudes im Blick. Zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass sie keine Fenster hatte.
    Vornübergebeugt bewegte er sich zur nächstliegenden Ecke des Stacheldrahtzaunes und duckte sich hinter einer komplizierten Konstruktion aus massiven Röhren und flexiblen Schläuchen. Er überzeugte sich, dass er nicht zu sehen war, und betrachtete das Gebilde, hinter dem er sich versteckt hatte, genauer. Es schien eine Anlage zu sein, mit der man etwas in

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